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Falkenmagie

Falkenmagie

Titel: Falkenmagie
Autoren: Katjana May
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    Ich weiß nicht mehr genau, was mich als Erstes warnte. Etwas in der Luft, vielleicht, sie fühlte sich plötzlich anders an – als hätte man ihr die Wärme entzogen, den Wind, der gerade noch in den Bäumen spielte und einen Hauch von Gewitter in sich trug. Den Tag über war es schwül gewesen und ich erinnere mich noch, dass ich auf den Regen wartete wie wahrscheinlich jeder in der Stadt. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, als ich durch den Park nach Hause ging, hörte die Kinderstimmen vom Spielplatz her und wollte nur noch heim und duschen und auf das Gewitter hoffen, das doch endlich kommen musste.
    Und dann war da dieses Gefühl, als würde sich die Luft verändern … So etwas hatte ich noch nie gespürt. Ich schaute auf meinen Unterarm und sah, wie sich die Härchen dort aufrichteten, und dann geschah alles auf einmal: Die Luft begann sich plötzlich zu drehen, und etwas stürzte mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu, so schnell, dass ich gar nicht verstand, was passierte. Ich hörte meinen eigenen Schrei und dann traf mich etwas mit voller Wucht und warf mich rücklings auf den Boden.
    Einen Moment lang bekam ich keine Luft und kämpfte gegen Panik an. Dann rollte etwas Schweres fort und ich spürte nur noch Steinchen unter meinem Rücken und meine protestierenden Gelenke.
    Zitternd richtete ich mich auf. Direkt vor mir auf dem Weg lag ein fremder Mann, reglos hingestreckt wie eine Puppe.
    Verwirrt wischte ich mir die Haare aus dem Gesicht. Außer uns beiden war niemand in der Nähe. Niemand, der hätte helfen oder mir auch nur ansatzweise erklären können, was hier vor sich gegangen war. Die Luft veränderte sich erneut, wie das Zurückschnappen eines Gummibandes, das zu sehr überdehnt worden war. Ich keuchte und versuchte aufzustehen, wollte nur fort, wollte nach Hause.
    Aber ich konnte den Mann doch nicht einfach hier liegen lassen.
    Vorsichtig näherte ich mich ihm und erkannte erst jetzt, welch seltsame Kleidung er trug. Seine Füße steckten in Lederstiefeln, die Hose war aus braunem Stoff, dessen Herkunft ich nicht ausmachen konnte. Darüber zeigten sich weite weiße Hemdsärmel unter einer offenen Lederweste. Ein Schauspieler vielleicht, aus einer Aufführung gerissen? Er lag halb seitlich auf der Erde und braunes, leicht gelocktes Haar fiel ihm über den Teil des Gesichts, der nicht der Erde zugewandt war.
    Ich widerstand dem Impuls, es fortzustreichen, und blieb verwirrt neben ihm stehen. Neben ganz pragmatischen Gedanken, die mir befahlen, sofort umzukehren und den Schock und alles Mysteriöse unter der Dusche abzuwaschen, klopfte auch die Neugier an. Erst nur als ein kleiner Funken, dann jedoch immer deutlicher. Ich verstand nichts von dem, was hier passierte, aber ich wusste, dass ich es herausfinden musste, ob ich nun wollte oder nicht - weil ich bereits unfreiwillig Teil dieses Mysteriums geworden war. Und ich hasste es, zu spielen, ohne die Regeln zu kennen.
    Immer noch war niemand in der Nähe, also hockte ich mich hin und tippte dem Fremden vorsichtig an seine Schulter. »Was ist mit Ihnen? Sind Sie verletzt?« Gleichzeitig schaute ich mich um und hoffte nur, mich hier nicht unglaublich lächerlich zu machen. Aber wenn ich in Filmaufnahmen hineingeplatzt war, ohne es zu merken – wo blieb dann das Kamerateam?
    Eine Bewegung unter meinem Finger richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann auf dem Boden. Ein Zittern durchlief ihn, als er jetzt mühsam versuchte, sich aufzusetzen. Dabei stöhnte er leicht und hob den Kopf, so dass sich unsere Blicke zum ersten Mal trafen.
    Ich zuckte zurück, als ich in seine Augen sah – statt eines weißen Hintergrunds leuchtete es gelb um eine dunkle, unnatürlich geweitete Pupille herum. Was war … das? Ich starrte ihn an, unfähig, mich zu bewegen.
    Und in der nächsten Sekunde schon fragte ich mich, was nur mit mir selbst los war, denn es waren doch ganz normale Menschenaugen, die mich musterten – braun, in einem hübschen Gesicht. Ja, ein Schauspieler, ganz sicher, nicht viel älter als ich selbst. Er rieb sich mit dem Ärmel über die Stirn, schüttelte sich und schaute sich um. Sah mich an, dann den Park dahinter, dann wieder zu mir zurück.
    Wahrscheinlich hatten wir beide durch den Aufprall auf den Boden doch mehr abbekommen, als gedacht.
    »Hören Sie«, begann ich deshalb, »ich weiß nicht, was vorhin passiert ist, aber es war ziemlich heftig. Soll ich einen Arzt rufen?«
    Ich fingerte in meiner Tasche nach dem
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