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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039
Autoren: Chuck Palahniuk
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der Stadt, in der wir uns kennen gelernt haben. Wir stehen am Straßenrand und lassen unser letztes Haus ohne uns davonfahren.
    Ich habe Fertility immer noch nichts von Adams letztem Wunsch erzählt: dass sie und ich Sex miteinander haben sollen.
    Als ob sie das nicht schon wüsste.
    Sie weiß es. All die Nächte hindurch, in denen ich halb im Koma lag, hat Adam über nichts anderes mit ihr geredet. Dass sie und ich Sex miteinander haben müssen. Das würde mir Kraft und Freiheit schenken. Und Fertility würde daraus lernen, dass Sex mehr sein könne als bloß ein wohlhabender älterer Marketingberater, der seine DNS in sie hineinpumpt.
    Aber wir haben hier jetzt keine Bleibe mehr. Ihre Wohnung und auch meine sind beide an andere Leute vermietet worden; das weiß sie.
    »Ich weiß, wo wir übernachten können«, sagt sie. »Aber da muss ich erst vorher anrufen.«
    In der Telefonzelle hängt ein Aufkleber, den ich vor einer Million Jahre dort hingepappt habe.
    Gib dir und deinem Leben noch eine letzte Chance. Ruf mich an, ich kann dir helfen. Und dann meine alte Telefonnummer.
    Ich wähle die Nummer, und eine Tonbandstimme teilt mir mit, dass mein Anschluss abgestellt worden sei.
    Ich antworte der Tonbandstimme: Ach nee.
    Fertility ruft bei den Leuten an, bei denen wir angeblich pennen können. Sie sagt ins Telefon: »Mein Name ist Fertility Hollis. Sie sind mir von Dr. Webster Ambrose empfohlen worden.«
    Ihr schlimmer Job.
    Der geschlossene Kreislauf der Geschichte. Fertilitys Allwissenheit ist gar nicht so unerklärlich. Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
    »Ja, die Adresse habe ich«, sagt sie. »Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht schon früher gemeldet habe, aber es ging einfach nicht. Nein«, sagte sie, »das ist steuerlich nicht absetzbar. Nein«, sagt sie, »das gilt für die ganze Nacht. Aber jeder Versuch wird einzeln abgerechnet. Nein«, sagt sie, »Rabatt gibt es nicht.«
    »Die Einzelheiten können wir unter vier Augen besprechen«, sagt sie.
    Sie sagt ins Telefon: »Nein, Sie brauchen mir kein Trinkgeld zu geben.«
    Sie schnippt mit den Fingern und formt mit den Lippen das Wort »Stift«. Dann notiert sie auf meinem Krisentelefon-Aufkleber eine Adresse und wiederholt dann noch einmal Straße und Hausnummer.
    »Gut«, sagt sie. »Also um sieben. Auf Wiedersehen.«
    Vom Himmel sieht dieselbe Sonne zu, wie wir immer wieder dieselben Fehler machen. Nach allem, was wir durchgemacht haben, wölbt sich über uns immer noch derselbe blaue Himmel. Nichts Neues. Keine Überraschungen.
    Das Haus, zu dem sie mich mitnimmt, kenne ich: Dort habe ich früher als Putzmann gearbeitet. Die Eheleute, für die sie heute Nacht ein Kind empfangen soll, sind meine alten Arbeitgeber, die ich nur vom Telefon her kenne.

Kapitel 5
    Fenster mit Putzstreifen und abblätternde Farbe säumen den Weg zu Fertilitys Bett. Schimmlige Fliesen und Rostflecken. Verstopfte Abflüsse und Kratzspuren. Schiefe Vorhänge und klumpige Kissen. Sämtliche Stationen des Kreuzwegs.
    Das ist jetzt, nachdem der Mann und die Frau, für die ich gearbeitet habe, mit Fertility oben im Schlafzimmer waren, um Gott weiß was zu tun.
    Nachdem ich durch das Kellerfenster eingestiegen bin, von dem Fertility wusste, dass es offen stehen würde. Nachdem ich mich zwischen den künstlichen, allesamt von Gräbern gestohlenen Blumen im Garten versteckt hatte. Nachdem Fertility um Punkt sieben geklingelt hatte.
    Alles in der Küche ist mit Staub bedeckt. Das Geschirr, verklebt mit Resten von Mikrowellenessen, stapelt sich in der Spüle. Das Innere der Mikrowelle ist mit explodiertem Essen verkrustet.
    Gezüchteter, ausgebildeter und verkaufter kleiner Sklave, der ich bin, fange ich sogleich mit dem Saubermachen an. Fragt mich doch mal, wie man angebackenen Dreck aus einer Mikrowelle entfernt.
    Nein, wirklich, fragt nur.
    Fragt mich.
    Der Trick besteht darin, dass man eine Tasse Wasser in die Mikrowelle stellt und einige Minuten lang kochen lässt. Das löst den Dreck, und man braucht ihn dann nur noch wegzuwischen.
    Fragt mich, wie man Blutflecken von den Händen entfernt.
    Der Trick besteht darin, dass man vergisst, wie schnell so etwas passieren kann. Selbstmord. Unfälle. Verbrechen aus Leidenschaft.
    Fertility macht oben ihre Arbeit.
    Konzentriert euch einfach auf den Fleck, bis die Erinnerung vollständig ausgelöscht ist. Übung macht wirklich den Meister. Falls man das so nennen kann.
    Ignoriert den Gedanken, dass euer einziges wahres Talent darin
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