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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold
Autoren: Carrie Jones
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oben.«
    »Jep.«
    Cheimaphobie.
    »Singst du immer noch Phobien vor dich hin?«
    »Hab ich das laut gesagt?«
    »Ja.« Ihre Hand lässt das Lenkrad los und tätschelt kurz mein Bein, bevor sie sich wieder an der Heizung zu schaffen macht. »Ich habe dazu eine Theorie.«
    »Ach ja?«
    »Ja, ich glaube, du gehörst zu den Menschen, die glauben, dass man etwas überwinden, etwas besiegen kann, wenn man es beim Namen nennt. Genau das musst du auch mit dem Tod deines Dads tun. Ich weiß, dass das schmerzt, Zara, aber …«
    »Betty!« Ein hochgewachsener Mann steht am Straßenrand. Er bewegt sich nicht, sondern schaut nur.
    Betty weicht ruckartig über die Mittellinie aus und bringt den Truck dann wieder in die richtige Spur.
    »Scheiße!«, schreit sie. »Idiot!«
    Sie muss fast nach Luft ringen. Meine Hände klammern sich an meinen Sicherheitsgurt. Sie holt ein paar Mal tief Luft und sagt: »Fang nicht an so zu reden wie ich, sonst bringt deine Mutter mich um.«
    Schließlich schaffe ich es zu sprechen. »Hast du ihn gesehen?«
    »Na klar, hab ihn gesehen, diesen verdammten Idioten. Steht da einfach am Straßenrand. Wenn ich ihn nicht gesehen hätte, hätten wir ihn überfahren.«
    Ich schaue sie an und versuche, ihre Worte zu verstehen. Dann drehe ich mich um, aber wir sind durch eine Kurve gefahren, und selbst wenn der große Mann noch dastünde, könnte ich ihn nicht mehr sehen.
    »Hast du ihn richtig gesehen?«, will ich wissen.
    »Natürlich. Warum fragst du?«
    »Du wirst mich für verrückt halten.«
    »Wer sagt, dass ich das nicht sowieso tue?« Sie lacht, also weiß ich, dass sie nur Spaß macht.
    »Du bist eine richtig fiese Großmutter.«
    »Ich weiß. Aber warum fragst du?«
    Sie gibt nicht so leicht auf, also bemühe ich mich, die Sache harmlos klingen zu lassen. »Ich habe einfach den Eindruck, als würde ich diesen großen, dunkelhaarigen, blassen Mann überall sehen. Aber das kann ja gar nicht sein.«
    »Du hast den Kerl in Charleston gesehen?«
    Ich nicke und wünsche zugleich, meine Füße würden den Boden berühren, dann käme ich mir nicht so klein und dumm vor.
    Den Bruchteil einer Sekunde lang überlegt sie. »Und jetzt siehst du ihn hier?«
    »Ich weiß. Das klingt albern und unheimlich.«
    »Albern ist es nicht, Liebes, aber auf jeden Fall unheimlich.« Sie hupt einem entgegenkommenden Laster zu. »Das war John Weaver. Er baut Häuser. Ist bei der freiwilligen Feuerwehr, ein prima Typ. Zara, Liebes, ich will dir keine Angst machen, aber ich möchte, dass du im Haus bleibst, wenn es dunkel ist, okay? Du treibst dich nicht rum, gehst nicht aus.«
    »Was?«
    »Lass einer alten Frau einfach ihren Willen.«
    »Aber warum?«
    »Seit letzter Woche wird ein Junge vermisst. Man befürchtet, dass ihm etwas zugestoßen ist.«
    »Vielleicht ist er einfach nur abgehauen.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber das ist nicht der einzige Grund. Hör zu. In meinem Job geht es nur darum, Menschen zu retten, nicht wahr? Und ich weiß, dass du in Charleston auch nachts trainierst, aber hier gibt’s nicht so viele Straßenlampen. Ich möchte nicht meine einzige Enkelin von der Beechland Road kratzen, kapiert?«
    »Klar.« Ich schaue starr zu den Bäumen hinaus und fange dann an zu lachen, weil alles einfach so lächerlich klingt. »Ich laufe nicht mehr besonders viel.«
    »Nach allem, was ich höre, machst du überhaupt nur noch sehr wenig.«
    »Na ja.« Ich zupfe an dem Faden an meinem Finger. Er stammt aus einem Teppich, den mein Dad gekauft hat. Früher war er mal weiß, jetzt ist er eher schmutziggrau.
    Ich schaudere. Die restliche Fahrt über machen wir Smalltalk, und ich versuche, sie darüber zu belehren, welche Folgen der Krieg gegen den Terror für die Menschenrechte in der ganzen Welt hat. Aber ich bin nicht ganz bei der Sache, und so sind wir die meiste Zeit ziemlich schweigsam.
    Mir ist das egal.
    »Fast zu Hause«, sagt sie. »Du bist bestimmt müde.«
    »Ein bisschen.«
    »Jedenfalls siehst du müde aus. Du bist blass.«
    Bettys Haus ist ein großes Einfamilienhaus mit Zedernschindeln und einer Veranda nach vorn hinaus. Es wirkt warm und gemütlich wie ein versteckter Bau draußen im kalten Wald. Aus Erzählungen meiner Mutter weiß ich, dass es oben drei Schlafzimmer gibt und unten eines. Innen ist alles aus Holz und Ziegelstein mit einer hohen Decke in der Küche und einem Kaminofen im Wohnzimmer.
    Während Betty den Pick-up in die Einfahrt lenkt, zeigt sie auf den Subaru, der dort
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