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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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hab nur Fernsehen geguckt und meinen Onkel gefragt. Ich finde es toll, Samen in den Boden zu legen und zuzusehen, wie sie wachsen und blühen. Oder zu Gemüse werden. Wenn man sich um die Pflanzen kümmert, sie düngt und gießt und sie beschneidet, damit sie dick und buschig werden, dann danken sie es einem, und das mag ich.«
    »Sie bringen ein, was Sie ausgesät haben, würde unser Pfarrer sagen«, warf Kate ein.
    »Was? Von solchem Zeugs habe ich keine Ahnung. Ich finde es einfach nur klasse, Sachen wachsen zu sehen. Jedenfalls haben die Leute schon bald darum gebettelt, dass ich mich ab und zu um ihre Gärten kümmere. Sie behaupten, dass man jemanden wie mich mit der Lupe suchen muss.«
    »Aber im Winter haben Sie sicher nicht viel zu tun.«
    »Ich kriege ja noch meine Stütze.«
    »Arbeitslosenunterstützung?«
    »Wie auch immer. Jedenfalls ist meine Miete bezahlt. Und dann ist da noch …«
    »Kate, du bist wieder neugierig«, warnte Roz. »Aber erzählen Sie uns doch von Ihrem hübschen blauen Anhänger, Donna. Wo haben Sie ihn gefunden?«
    »Ich habe ihn nicht gefunden«, entgegnete Donna schnippisch. »Ich habe ihn gekauft. Auf einem Antiquitätenmarkt. Ich mag alte Parfümflaschen. Ich sammele sie. Na ja, bis jetzt habe ich zwei oder drei.« Sie starrte Roz an, als habe sie den Eindruck, dass auch sie zu viele Fragen stellte.
    »Jede Sammlung fängt einmal klein an«, sagte Roz besänftigend. »Ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben noch nie auf einem Antikmarkt. Wo findet so etwas statt?«
    »Sie werden jede Woche veranstaltet, überall im ganzen Land. Es gibt Tausende davon«, erklärte Donna. »Ich gehe oft hin. Meistens mit …« Sie beendete den Satz nicht. »Wenn Sie auch mal hinwollen – in der Oxford Times steht immer eine ganze Liste von Märkten in der Umgebung.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Ich glaube, ich sollte lieber weitermachen«, sagte sie und pickte die letzten Krümel Schokolade mit angefeuchtetem Zeigefinger vom Teller. »Ich bin noch verabredet, da will ich nicht zu spät Schluss machen.« Ein verträumter Ausdruck legte sich über ihr Gesicht, und Kate verspürte einen kurzen Stich Eifersucht.
    »Und wie heißt der Glückliche?«, fragte sie – nur um freundlich zu sein.
    »Ich nenne ihn meinen Raben. Er ist groß, zieht sich cool an und fährt einen echt heißen Schlitten. Wir haben nicht vor, für immer in diesem Misthaufen hier zu bleiben. Irgendwie schaffe ich es, und mein Rabe hilft mir dabei. Wir haben Pläne. Er ist einfach toll«, schwärmte Donna, zog ihre Stiefel an und öffnete die Hintertür. »Und total sexy«, fügte sie hinzu.
    »Hört sich wirklich gut an. Ist er ebenfalls Gärtner?«
    »Nee, natürlich nicht! Er ist Geschäftsmann.«
    Was diese Bezeichnung allerdings in einem Kaff wie Gatt’s Hill bedeuten mochte, wusste Kate nicht. Dieser Rabe klang ihr eher nach dem Produkt einer Jungmädchen-Fantasie. Doch das würde sie Donna natürlich nie ins Gesicht sagen.
    »Fröhliches Mulchen«, wünschte sie stattdessen.
    »Ich werde diesen dämlichen Sommerflieder abschneiden«, erwiderte Donna.
    »Wieso das denn? Ist jetzt nicht die falsche Jahreszeit dafür?«, warf Roz ein. »Ich pflege meine Buddleia im Frühling zurückzuschneiden.«
    »Hoffentlich ist es die falsche Jahreszeit. Ich hasse Sommerflieder. Unordentliche Teile! Außerdem säen sie sich ständig überall aus. Mit ein bisschen Glück geht das Ding ein.«
    »Mit anderen Worten: Sie legen Wert auf Disziplin.«
    »Jedenfalls bei den meisten Pflanzen – sie sollen sauber aussehen und an ihrem Platz bleiben. Ich mag ordentliche Gärten.«
    Kate und Roz gingen zurück ins Wohnzimmer, während Donna mit einer gefährlich aussehenden Astschere im Garten herumhantierte.
    »Wie lang willst du eigentlich noch hierbleiben?«, fragte Roz ihre Tochter.
    »Ich weiß es noch nicht. Callie hat sich nur sehr vage über die Dauer ihres Amerika-Aufenthalts ausgelassen und gesagt, dass ich das Cottage auf unbestimmte Dauer nutzen kann. Ich wollte eigentlich bleiben, bis es mir wieder besser geht.«
    »Du wirst dich aber nicht besser fühlen, wenn du dich nicht ein bisschen anstrengst«, sagte Roz.
    »Ach, halt den Mund und lass mich in Ruhe.« Kate streckte sich auf dem Sofa aus und tat, als wäre sie eingeschlafen. So verging die Zeit am friedlichsten und musste nicht mühsam totgeschlagen werden.
    »Na? Süße Träume?« Donna war auf ihren gelben Socken ins Zimmer gekommen.
    »Dieses Mädchen lebt in einer
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