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0086 - Kreuzfahrt der Skelette

0086 - Kreuzfahrt der Skelette

Titel: 0086 - Kreuzfahrt der Skelette
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Die Nacht war sternenklar. Die fast volle Scheibe des Mondes spiegelte sich auf der schwarzen Meeresoberfläche. Sanft schaukelte die Dünung, und Keith Kalleys Kajütkreuzer wiegte sich auf ihr.
    Kalley war Sänger. Einer von denen, die es schon beinahe geschafft hatten. Er hatte den kleinen Ort, in dem er aufgewachsen war, vor sechs Jahren verlassen. In London nahm er Gesangs-, Schauspiel- und Tanzunterricht und hatte – während er noch mitten in der Ausbildung steckte – seine ersten Engagements bekommen.
    Keith Kalley sah gut aus. Er war dunkelhaarig, hatte ein scharf geschnittenes Profil, und die Frauen von sieben bis siebzig bescheinigten ihm ungeheuer viel Sex Appeal.
    Noch gehörte Keith Kalley nicht zu den ganz Großen in der Branche. Aber er hatte sich bereits weit aus der Masse herausgehoben, verdiente sehr gut und konnte sich heute viele Dinge leisten, von denen er früher nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
    Wenn er von den Strapazen des Showbusineß ausspannen wollte, verbrachte er gern ein paar Tage in seinem Heimatort Harwich. Er hatte sich hier einen prächtigen Bungalow hinstellen lassen, der anfangs von allen reichlich bestaunt worden war.
    Auch der Kajütkreuzer war nicht geliehen, sondern war Kalleys Eigentum. Er besaß außerdem noch ein Sportflugzeug, einen Rolls Royce und zwei deutsche Sportflitzer.
    Und die Tendenz seiner Karriere war weiterhin steigend.
    Kalley schnippte seine Zigarette über Bord. Er wandte sich dem Mädchen zu, das er mit aufs Meer genommen hatte. Suzie Dingo war ihr Name. Ein blonder Engel mit einer Traumfigur.
    Sie trug eine Lammfelljacke. Auch Keith war warm angezogen. Schließlich waren die Spätherbstnächte auf dem Wasser schon ziemlich rauh.
    Keith musterte Suzie. Er war mit ihr aufgewachsen. Und er erinnerte sich noch gut daran, daß sie ihm gegenüber immer unnahbar gewesen war.
    Was auch immer er versucht hatte, sie hatte ihn abblitzen lassen. Natürlich hatte ihn das lange Zeit maßlos geärgert.
    Doch schließlich hatte er sich damit abgefunden, daß er jede andere haben konnte, nur nicht Suzie Dingo.
    Er war nach London gegangen und hatte Suzie vergessen. Erst als er in der Branche bekannt gewesen war, war er nach Harwich zurückgekehrt.
    Mittlerweile hatte auch Suzie ihre Liebe zur Kunst entdeckt, und so war es nicht ausgeblieben, daß sie sich eines Tages an Keith gewandt hatte, um ihn zu fragen, ob er nicht bei den richtigen Leuten ein gutes Wort für sie einlegen könnte.
    Zunächst hatte er ablehnen wollen. Aber dann hatte er doch seine Beziehungen für Suzie spielen lassen, um ihren Dank zu genießen, denn tief in seinem Inneren hatte er es immer noch nicht verwunden, daß sie nie etwas von ihm wissen wollte.
    Für diese Nacht hatte sich Keith Kalley ein fixes Programm vorgenommen: die Festung Suzie Dingo sollte endlich fallen.
    Er lächelte und strich ihr zärtlich durch die Fülle ihres goldenen Haares. »Es hat mal eine Zeit gegeben, da wärst du mit mir nachts nicht allein aufs Meer hinausgefahren.«
    »Die Zeiten haben sich geändert, Keith.«
    »Hast du dich auch geändert?«
    »Ich glaube schon. Ein bißchen wenigstens.«
    »Findest du mich nicht mehr ganz so abstoßend wie früher?«
    »Ich habe dich niemals abstoßend gefunden.«
    »Aus welchem Grund hast du mich dann immer abblitzen lassen? Mein Selbstvertrauen hat darunter stark gelitten.«
    Suzie lachte. »Das glaube ich dir nicht.«
    »Warum sind wir beide nie zusammengekommen, Suzie?«
    Das Mädchen senkte den Blick. Sie schaute ins Meer. Leise gestand sie: »Weil ich vor dir Angst hatte, Keith.«
    »Angst?« Er grinste.
    »Du hattest bei allen Mädchen soviel Erfolg. Sie machten es dir alle so leicht. Du hast mit ihnen geschlafen, und am nächsten Morgen konntest du dich nicht einmal mehr an ihren Namen erinnern. Ich wollte nicht eine von vielen in deiner Sammlung sein. Kannst du das nicht verstehen?«
    Keith näherte sich ihrem Gesicht. »Ich glaube, du hattest damals recht, Suzie. Gerade weil ich dich nicht herumkriegen konnte, bist du mir im Gedächtnis haftengeblieben. Wollen wir heute nachholen, was wir damals versäumt haben?«
    Suzie sah ihm ernst in die Augen. »Ich möchte nicht, daß du denkst, ich würde es tun, weil du mir versprochen hast, mich in deiner nächsten Show unterzubringen.«
    »Das eine hat doch mit dem andern nichts zu tun. Ich helfe dir, weil ich dich für talentiert halte, weil wir beide aus Harwich stammen und weil wir in diesem schrecklichen Kaff
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