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Flucht aus dem Harem

Flucht aus dem Harem

Titel: Flucht aus dem Harem
Autoren: Daria Charon
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drang an Serenas Ohr. Kate huschte in einen dunklen Umhang gehüllt die Treppe hinunter zur Eingangstür. Also doch. Statt mit Kopfschmerzen früh zu Bett zu gehen, wie sie vorgegeben hatte, stahl sie sich zu abendlicher Stunde ohne einen Mucks aus dem Haus.
Serena verließ ihren Beobachtungsposten und lief Kate nach, hinter der gerade die Tür ins Schloss fiel. Ohne nachzudenken riss sie den Schlag der vor dem Haus wartenden Mietkutsche auf und sprang ins Innere des Wagens, der prompt anfuhr. Serena landete unsanft auf der Bank gegenüber Kate. Das Mädchen kauerte in der Ecke und starrte sie fassungslos an.
„ Du sagst mir jetzt auf der Stelle, was los ist“, herrschte Serena Kate an. „Seit Tagen schleichst du wie ein Geist durch mein Haus, du stehst völlig neben dir, deine Augen schwimmen in Tränen, die du vor mir nicht weinen willst, und du siehst Justin mit einem Ausdruck an, der mir das Herz aus der Brust reißt und mir gleichzeitig das Blut gefrieren lässt. Also, was ist passiert?“
Jede Farbe war aus Kates Gesicht gewichen. „Du … du … darfst das nicht wissen … du musst aussteigen … sofort …“, stammelte sie verstört.
„ Das werde ich nicht tun!“ Kampflustig verschränkte Serena die Arme vor der Brust und funkelte sie zornig an.
Kates Schultern sackten nach vorne und sie fiel buchstäblich in sich zusammen. „Das Schreiben für Justin hatte einen Preis.“
Serena runzelte die Stirn. Natürlich. Als ihr Kate vor zwei Wochen erzählt hatte, dass der Pascha Justins Identität gegenüber Queen Victoria bestätigen würde, war ihr diese Lösung viel zu glatt erschienen. Aber sie hatte an eine einfache Lösung glauben wollen, deshalb hatte sie sich gegenüber der warnenden Stimmen in ihrem Kopf taub gestellt. Sie wappnete sich für Kates nächste Worte.
„ Ich muss den Pascha begleiten, freiwillig und … freudig, wie er sagte. Zuerst auf seine Reise durch Europa und dann zurück nach Alexandretta. In seinen Harem.“
Serena schloss die Augen. Das war noch schlimmer als sie gefürchtet hatte. „Also ist er doch deinetwegen nach England gekommen?“
„ Ich weiß es nicht, darüber haben wir nicht gesprochen. Und das ist jetzt auch egal“, setzte Kate hinzu und verschlang die Finger im Schoß. Sie wirkte völlig hilflos und verloren. Noch nie hatte Serena ihre Freundin in einem derartigen Zustand gesehen, deshalb versuchte sie, sich auf die wesentlichen Tatsachen zu konzentrieren.
„ Hast du dem Pascha gesagt, dass du Justin liebst und ihn nur deshalb begleiten wirst?“, fragte Serena pragmatisch. „Um Justins Leben zu retten?“
„ Nein, natürlich nicht.“
Serena unterdrückte ein Seufzen. Irgendjemand musste diese verfahrene Situation in Ordnung bringen. Und da es nicht danach aussah, als ob ein Engel mit feurigem Schwert vom Himmel fallen und für Gerechtigkeit sorgen würde, war sie dieser Jemand. Der Pascha war ein ganz normaler Mann, kein Gott, wie Kate immer anklingen ließ. Bestimmt ließ er sich von der Absurdität seiner Forderung überzeugen. Im Zweifellsfall konnte sie auch eine finanzielle Abgeltung anbieten. Seit Wills Tod kannte sie keine Geldsorgen mehr. „Ich gehe mit dir zum Pascha“, sagte sie mit fester Stimme.
Kates Kopf ruckte hoch. „Das tust du nicht.“
„ Oh doch, wenn ich dich schon hergeben muss, dann will ich ihm klar machen, dass er dich gefälligst gut zu behandeln hat.“ Sie hatte nicht die Absicht, Kate mit dem Pascha gehen zu lassen, aber das behielt sie besser für sich. Kate würde es früh genug merken.
„ Er spricht kein Englisch.“ Kates Stimme zitterte.
Fantastisch. Die Sache wurde immer besser. Ohne sich ihre Gedanken anmerken zu lassen, wischte Serena den Einwand mit einer unwirschen Geste beiseite. „Dann wirst du eben übersetzen. Oder irgendein anderer aus seinem Gefolge.“
Kate schwieg und zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel, um sich die Nase zu putzen und die Tränen zu trocken. Entweder fehlte ihr die Kraft für die weitere Auseinandersetzung oder sie akzeptierte die Entscheidung.
Serena blickte aus dem Fenster und machte keine Anstalten, das Schweigen zu brechen bis der Wagen vor dem Huntington Palace hielt, in dem die osmanische Delegation untergebracht worden war.
Ein Lakai geleitete sie in einen exquisit ausgestatteten Salon. Schwere Kristallleuchter hingen von der Decke, und auch auf dem Tisch in der Mitte des Raums standen zwei sechsarmige, mit funkelnden Glassteinen dekorierte Kerzenleuchter.
Serena sah sich
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