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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit
Autoren: Roger Zelazny
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um ihm adieu zu sagen, wendete er sich mir zu und fragte: »Sagen Sie mir, Conrad, warum reißen Sie die Pyramide ein?«
    »Ein kleiner Fingerzeig für die Wega«, sagte ich. »Um euch zu verstehen zu geben, daß ihr die Erde – wenn ihr sie haben wollt und es euch gelingt, sie uns wegzunehmen – in einem übleren Zustand vorfinden werdet als nach den Drei Tagen. Es würde nichts mehr übrigbleiben, was ihr euch anschauen könntet.
    Wirwürden auchdenRestunsererGeschichteverbrennen. Auch nicht ein Fetzchen würde euch bleiben.«
    Die Luft strömte vom Grund seiner Lungen mit einem hochgeschraubten Wimmern aus – ein weganischer Seufzer. »Vermutlich sehr lobenswert«, sagte er, »aber ich habe mir so sehr gewünscht, sie zu sehen. Glauben Sie, Sie können sie je wiederaufbauen? Vielleicht sogar schon bald?«
    »Was glauben Sie?«
    »Mir fiel auf, daß Ihre Leute die Einzelteile markiert haben.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Dann habe ich nur eine einzige ernsthafte Frage zu stellen – im Hinblick auf Ihre Vorliebe für Zerstörung ...« bemerkte er.
    »Und die wäre?«
    »Ist es wirklich eine Kunst?«
    »Ach, gehn Sie doch zum Teufel!«
    Dann kamen die anderen. Ich schaute Diane an und schüttelte langsam den Kopf, ich ergriff Hasans Hand, lange genug, um die winzige Nadel wegzureißen, die er in seine Handfläche geklebt hatte. Dann durfte auch er dem Weganer kurz die Hand reichen.
    Der Gleiter brummte aus dem dunkler werdenden Himmel herunter, ich brachte Myshtigo an Bord, lud persönlich sein Gepäck ein und schloß eigenhändig die Luke hinter ihm. Der Gleiter startete ohne Zwischenfall und war wenige Augenblicke später verschwunden.
    Ich trat ins Haus zurück und wechselte die Kleidung.
    Jetzt war es an derZeit,einenFreundzuverbrennen.
    Hoch in die Nacht hinaufgetürmt, trug mein Ziggurat aus Baumstämmen die Reste des Dichters, meines Freundes. Ich entzündete eine Fackel und knipste die elektrische Taschenlampe aus. Hasan stand neben mir. Er hatte mir geholfen, den Körper zum Karren zu tragen, und hatte die Zügel genommen. Ich hatte den Scheiterhaufen auf dem Zypressenhügel über Volos errichtet, nahe bei den Ruinen der zuvor erwähnten Kirche. Die Wasser in der Bucht lagen ruhig da. Der Himmel war klar, die Sterne leuchteten hell. Dos Santos, der von Verbrennungen nichts hält, hatte sich entschlossen, nicht teilzunehmen, er gab vor, daß ihm seine Wunden zu große Schmerzen bereiteten. Diane hatte es vorgezogen, bei ihm in Makrynitsa zu bleiben. Seit unserem letzten Gespräch hatte sie kein Wort mehr an mich verloren. Ellen und George saßen auf der Ladefläche des Karrens, der dicht an eine mächtige Zypresse herangefahren war. Sie waren neben Hasan und mir die einzigen Anwesenden.
    Ich hielt die Fackel an eine Ecke des Scheiterhaufens. Die Flamme biß zu und begann am Holz zu nagen. Hasan entzündete eine zweite Fackel, steckte sie in die Erde, trat zurück und schaute zu.
    Während die Flammen sich höher hinauffraßen, betete ich die alten Gebete und goß Wein auf die Erde. Ich streute duftende Kräuter in die Flammen. Dann trat auch ich zurück.
    »... Was immer du warst, der Tod hat auch dich fortgenommen«, sagte ich zu Phil. »›Du bist gegangen, um die feuchten Blüten am Acheron sich öffnen zu sehen, zwischen den Schatten des Hades, die unbeständig dahineilen.‹ Wärest du jung gestorben, dein Hinscheiden wäre beklagt worden als die Zerstörung eines großen Talents vor der Vollendung. Aber du lebtest, und sie können das nun nicht mehr sagen. Manche wählen ein kurzes und himmlisches Leben vor den Mauern ihres Troja, andere ein langes, weniger kummervolles. Und wer könnte sagen, welches das bessere ist? Die Götter hielten dem Achill ihr Versprechen unsterblichen Ruhms, indem sie den Dichter inspirierten, ihm einen unsterblichen Paean zu singen. Aber ist er deshalb nun glücklicher, er, der jetzt tot ist wie du? Ich kann das nicht beurteilen, alter Freund. Ich, ein geringerer Barde, erinnere mich an Worte, die auch du über die Gewaltigsten der Argiver und die Zeiten des fernherkommenden mächtigen Todes schriebst: ›Wüste Enttäuschung tobt hier, wo sich alles trifft: drohende Seufzer im Wagnis der Zeit ... Doch die Aschen verbrennen nicht rückwärts zu Holz. Der Flamme unsichtbare Musik gestaltet die Luft zu Glut, doch es gibt keinen Tag mehr.‹ – Lebwohl, Philipp Graber. Mögen die Phoibos und Dionysos, die ihre Dichter lieben und sie töten, dich ihrem dunklen Bruder Hades
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