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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt
Autoren: Gmeiner Verlag
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Verbrechensverhinderung hatte der erfahrene Kriminalist noch nicht erlebt.
Verrückt, kühn … und hoffentlich erfolgreich.
    »Kann mir jemand meine Jonglierbälle geben?«, wollte Palinski
jetzt wissen und deutete auf die vier bunten Stoffkugeln. Wilma machte zwei
Schritte, nahm die Bälle und reichte sie Mario. Und das Wichtigste dabei war,
Tatjana hatte nicht auf Wilmas Aktion reagiert. Fand zumindest Palinski.
    Jetzt warf er die Bälle einige Male hoch, fing sie wieder
oder auch nicht, hob die zu Boden gefallenen wieder auf, warf sie neuerlich in
die Höhe … und so weiter und so fort. Palinski bot an diesem Abend die
kläglichste Vorstellung, die auf dem Gebiet des Jonglierens je geboten worden
war.
    Gleichzeitig führte er aber auch eine rauschende Gala des
Überlebens vor. Hoffentlich zumindest.
    »Na ja«, meinte er
selbstkritisch, »das geht noch nicht so gut«, und machte unmerklich wieder
einige Zentimeter nach rückwärts gut. »Das müssen wir noch üben.«
    Und tatsächlich, auch jetzt war Tatjana unmerklich
nachgerückt. Noch zehn Zentimeter und der gewagte Plan konnte starten.
    »Der nächste Trick wird Ihnen sicher besser gefallen.«
Palinski zeigte zum Tisch und machte einen Schritt in diese Richtung.
    »Halt, bleiben Sie stehen!«, herrschte ihn die von seiner
Blödelei irgendwie faszinierte Verbrecherin an. Sie war ihm ebenfalls einen
Schritt gefolgt, hatte das Gewehr aber wieder in Anschlag gebracht.
    Was aber das Wichtigste war, sie stand jetzt genau dort, wo
der Hausherr sie haben wollte. Nämlich im letzten Drittel eines etwa drei Meter
langen und 1,20 Meter breiten, bunten und billigen Baumwollläufers, der den Boden
zierte.
    »Jetzt ist es aber genug mit dem Blödsinn«, sie bedeutete
ihm, vom Tisch wegzugehen. Das war gut, denn jetzt stand auch Palinski genau
dort, wo er stehen musste, wenn der Plan funktionieren sollte.
    »Also gut, nur einen letzten Trick noch, danach bin ich ganz
brav«, meinte er und begann plötzlich, Kniebeugen zu machen und dazu immer
wieder »Allez, allez« zu sagen.
    Und jetzt kapierte auch Harry, der als Einziger hinter
Tatjana stand, was sein Vater vorhatte. »Allez« war das verbale Signal, wenn man
so weit war, das Tischtuch wegzuziehen. Wie sie es gestern und heute geübt
hatten. Harry gab seinem Vater ein Zeichen, dass er verstanden hatte.
    Nach weiteren drei
Kniebeugen und ›Allez‹ griff Palinski blitzartig nach den beiden Endenzipfeln
des Läufers, brüllte noch ein letztes befreiendes »Alllleeeeez« und zog den
Teppich mit aller Kraft an sich heran.
    Es war eigentlich nur angewandte Physik, dass Tatjana jetzt
das Gleichgewicht verlor, es durch Rudern mit den Armen wiederherzustellen
versuchte, aber keine Chance hatte und schließlich brutal schmerzhaft auf den
Rücken stürzte.
    Gleichzeitig mit seines Vaters ultimativem »Allez« hatte sich
Harry auf die Pumpgun konzentriert bzw. auf den Arm der Frau, mit dem sie die
Waffe hielt. Nach wenigen Sekunden hatte er das Gewehr an sich gebracht und aus
dem Gefahrenbereich befördert.
    Inzwischen war auch schon Brandtner bei Tatjana angelangt und
hatte die wild um sich schlagende Frau mit einem klassischen Schwinger aufs
Kinn ruhiggestellt.
    »What a punch«, anerkannte Gwen bewundernd.
    »Wie meinst du?« Wilma hatte nicht recht verstanden.
    »Ach, ich finde, das war a nice punch, ein guter Schlag.«
    Was Palinski jetzt erfüllte, war mehr als nur Erleichterung.
Es war schiere Lebenslust, Lebensfreude pur, die sich hier und jetzt in einem
minutenlangen Herumtanzen, Absingen schmutziger Lieder und dem Abküssen aller
Anwesenden, außer einer natürlich, manifestierte. Abschließend verdrehte er
noch scherzhaft die Augen, machte sich stocksteif und ließ sich wie ein
gefällter Baumstamm rückwärts auf die weiche Couch fallen.
    Heiliger Abend hin und her, wie es schien, war heute Komödie
angesagt.
    »Oh, what a crazy punch * «,
schwärmte Gwen neuerlich.
    »Wieso?«, wunderte sich Wilma, die glaubte, sich verhört zu
haben. »Das war doch kein Schlag.«
    »Nein, aber …, wie sagt man bei euch? So ein verrückter
Kasperle. Dein Mario ist wirklich ein lustiger Mensch.«
    »Das kann man wohl sagen«, murmelte Wilma, »auch wenn einem
das Lachen manchmal im Hals stecken bleibt.«

     

     
    E N D E

     
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