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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt
Autoren: Gmeiner Verlag
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Viele dieser »Tankstellen« wurden von karitativen
Einrichtungen betrieben, die die vorweihnachtliche Leichtigkeit des
Geldausgebens und den Drang vieler Menschen nutzten, keinen Vorwand
auszulassen, sich einen hinter die Binde zu gießen. Und ganz gratis noch das
beruhigende Gefühl vermittelt bekamen, gleichzeitig etwas für die Armen dieser
Welt getan zu haben. Denn mit den dabei erzielten Gewinnen und Spenden wurden
soziale Projekte gefördert. Ein Ablasshandel oberhalb der Promillegrenze also.
    Bis vor wenigen Tagen
hatte Garber die ihm eher suspekte Mixtur namens Weihnachtspunsch nur
olfaktorisch zur Kenntnis genommen. Bedingt durch diese eigenartige
Geruchserinnerung seiner Kindheit nach, ja, nach Lebkuchen. Es waren wohl der
Zimt und die Nelken, die diese Reminiszenzen an die ›stillste Zeit des Jahres‹
wieder und wieder in ihm hervorriefen.
    Dann, am Tag, bevor Doris
ihn und das Haus verlassen hatte, hatte ihn Olli Kiesler aufgesucht, die
Präsidentin der lokalen Sektion der ›Caracals‹, einer weltweit tätigen
Charityorganisation. Sie hatte ihn eingeladen, sie und ihre ›Caracal-Ladies‹
doch einmal am Punschstand zu besuchen, den sie die Tage bis zum Fest
höchstpersönlich betreuen wollte.
    Da Professor Kiesler,
Ollies Mann, Kunde der Bank und ein wichtiger Macher in der Bundeskammer war,
hatte Garber die etwas aufdringliche Einladung nach anfänglichem Zögern
angenommen. Was war ihm schon anderes übrig geblieben? Und so hatte er auch
Vally Gutruhn und Wilma Bachler kennengelernt, beides attraktive
Mittvierzigerinnen und Freundinnen der umtriebigen Ollie, die ihr beim Brauen
und bei der Verbreitung des ›flüssigen Lebkuchens‹ assistierten. Dass unter
diesen Voraussetzungen an dem Abend der erste Weihnachtspunsch seines Lebens
nicht zu verhindern gewesen war, lag auf der Hand.
    Erstaunlicherweise hatte ihm das heiße, klebrige Zeug weit
besser gemundet als befürchtet, sodass er sich noch zu drei weiteren »Das ist
aber wirklich der Letzte« hatte überreden lassen.
    Die Alkoholfahne, die er beim Nachhausekommen vor sich
hergetragen hatte wie der Pfarrer die Monstranz, war dann auch der Auslöser für
jene zunehmend unkontrollierter gewordene Auseinandersetzung mit seiner Frau
gewesen, die schließlich zu ihrem Auszug geführt hatte. Auch egal, hatte er
gedacht, einmal hatte es so weit kommen müssen.
    Am nächsten Abend hatte ihn sein Weg fast automatisch wieder
an den ›Caracal‹-Stand geführt, wo ihn Ollie und Vally in etwas mehr als zwei
Stunden mit sechs Bechern Punsch abgefüllt hatten. Komisch, wie schnell man
sich an das Gesöff gewöhnen konnte, hatte sich der seinen Mercedes mit deutlich
mehr Alkohol im Blut als erlaubt nach Hause lenkende Garber noch gedacht und
ein paar Mal kräftig gerülpst.
    In diesem Stil war es auch an den folgenden Abenden
weitergegangen. Und so würde es wohl auch an den restlichen Abenden bis
Weihnachten noch weitergehen.
    »Hallo, Herr Direktor«,
säuselte ihm Ollie fröhlich entgegen, »wie laufen die Geschäfte?« Inzwischen
gab Vally, ohne lange zu fragen, die benötigten Zutaten in einen Becher, goss
das Ganze mit heißem Wasser auf, rührte zwei-, dreimal um und stellte das
dampfende Gebräu vor dem Banker ab. »Zum Wohl«, meinte sie noch knapp, ehe sie
sich dem nächsten Gast zuwandte.
    »Ärger mit dem Freund«, Ollie deutete versteckt auf ihre
Kollegin, »sie ist sonst nicht so unnahbar.« Sie zwinkerte Garber
verschwörerisch zu.
    »Wo ist eigentlich Frau Bachler?«, interessierte sich Garber
scheinbar für die heute nicht anwesende Dritte im Bunde. In Wirklichkeit wollte
er aber nur das Thema wechseln und so der etwas befremdend auf ihn wirkenden
Vertraulichkeit Frau Kieslers entgehen.
    »Ja, unsere Wilma, wo ist sie denn? Seit vorgestern die
definitive Entscheidung gefallen ist, dass sie bei den nächsten Wahlen für die
Grünen kandidieren wird, ist sie ständig unterwegs.« Die leicht giftige Ironie
in Ollies Stimme war nicht zu überhören. »Tut so, als ob der Wahlkampf schon
begonnen hätte. So eine verrückte Idee. Für die Grünen zu kandidieren.«
    Unbemerkt war Frau Bachler wiederaufgetaucht. »Du bist doch
bloß neidisch, Ollie«, gab sie zurück. »Nur weil dich die Schwarzen nicht
einmal für die Bezirksvertretung aufgestellt haben.«
    In der Zwischenzeit hatte sich eine junge, auffallend hübsche
Frau neben dem Bankdirektor an die Budel geschoben und einen Grog
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