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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt
Autoren: Gmeiner Verlag
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Erinnerung an die schrecklichen Besäufnisse seiner Sturm- und
Drangzeit schoss ihm durch den Kopf und veranlasste ihn zu einem versuchten
Lächeln. Das er aber sofort wieder abbrach, da es schreckliche Kopfschmerzen
auslöste.
    Verdammt, dachte Hans Garber, so einen Kater hatte er sein
Leben lang noch nicht gehabt, während er mühsam versuchte, die Augen
aufzubekommen.
    Der erste Eindruck seiner unmittelbaren Umgebung erschreckte
ihn nicht wenig. Weiß, alles weiß. Weiß, so weit das Auge reichte. War er in
eine Lawine geraten? Wenn ja, dann mit seinem Wagen, denn in dem saß er
offensichtlich. Ein vorsichtiger Blick nach links, durch das Fenster der
Fahrertüre, ließ ihn in der Dämmerung in etwa 15 Metern Entfernung eine
Gartenmauer erkennen. Zwischen der Mauer und seinem frostigen Standort führte
eine schmale Straße von oben nach unten. Oder auch umgekehrt. Vor dem matten
Licht der Straßenbeleuchtung war der leichte Schneefall sehr gut zu beobachten.
An sich ein schönes, friedliches Bild. Auch der Gedanke, dass es heuer
möglicherweise wieder einmal weiße Weihnachten geben könnte, hätte Garber
Freude gemacht. Wäre ihm bloß nicht so kalt gewesen.
    Die Uhr am Armaturenbrett zeigte 5.12 Uhr an, die an
seinem Handgelenk dagegen bereits 7.46 Uhr.
    Wieso saß er eigentlich auf dem Beifahrersitz? Mühsam schob
er sich auf den Platz des Fahrers und versuchte, den Motor zu starten. Aber
vergebens.
    Wie er insgeheim
befürchtet hatte, ließ sich der Schlüssel nicht nach vorne drehen, da er sich
bereits in der Startposition befand, die ganze Zeit befunden hatte. Dass die
schon vorher nicht mehr allzu frische Batterie das nicht überlebt hatte, war
klar, aber höchst unangenehm. Hoffentlich war zumindest sein Mobiltelefon noch
intakt, denn er musste in 14, nein, in zwölf Minuten in der Bank sein. Das
Handy, das die Nacht in der doch etwas weniger kalten Brusttasche von Garbers
Sakko verbracht und dabei nicht unwesentlich von den Resten der animalischen
Wärme seines Besitzers profitiert hatte, bedankte sich artig für diesen Komfort
und funktionierte.
    Während der Banker auf das Taxi wartete, versuchte er
krampfhaft, aber ziemlich erfolglos die Ereignisse der vergangenen Nacht zu
rekonstruieren, um so auf den Grund für seine doch ziemlich miese, zumindest
aber reichlich unwürdige Lage zu kommen. Er erinnerte sich noch an diese junge
Frau, an Marlene … , ihr Nachname war ihm entfallen. Nach einigen Gläsern
Weihnachtspunsch hatte sie ihn überredet, sich ihre Wertpapiere anzusehen.
Vermutlich war es keine sehr gute Idee gewesen, ihrem Drängen nachzugeben. Aber
die Kleine hatte es geschickt verstanden, in ihm einige Seiten anzusprechen,
die er schon seit geraumer Zeit für stillgelegt gehalten hatte.
    Er erinnerte sich noch, dass er ihr vor der roten Ampel an
der Einmündung der Friedlgasse in die Krottenbachstraße das Du angeboten hatte.
Dabei war er sich noch ganz toll vorgekommen.
    »Alter Trottel«, dachte er sich, doch diese Selbsterkenntnis
brachte ihn jetzt auch nicht weiter.
    Etwas später, in der Hartäckerstraße, hatte ihn die junge
Frau gebeten, kurz anzuhalten, um sein Angebot anzunehmen. Der bei solchen
Anlässen traditionellerweise folgende Kuss war aber gar nicht
»bruderschaftlich« ausgefallen. Allein der Gedanke daran erregte ihn jetzt
noch. Dann hatte Marli, wie sie hatte genannt werden wollen, einen »Flachmann«
aus der Tasche gezogen, um den neuen Status zu begießen. Ein kräftiger Schluck
aus der kleinen Flasche aus Edelstahl, ein weiterer Kuss mit allen Schikanen
und dann das beginnende Nesteln der Frau an seiner Hose, das war das Letzte,
woran er sich noch erinnern konnte. Danach … Filmriss, nichts, absolute
Amnesie.
    Aber was soll’s. Jetzt
musste er nach vorne blicken. In einer halben Stunde hatte er seinen ersten
Termin in der Bank. Bis dahin musste er sich so weit frisch machen, dass man
ihm den Umfaller der vergangenen Nacht nicht auf Anhieb ansah. Gut, dass er in
seinem Büro einen Rasierapparat und ein frisches Hemd hatte. Er blickte in den
Rückspiegel, um den Zustand seines Bartwuchses festzustellen. Dabei bemerkte
er, dass seine Krawatte nicht dort war, wo er sie eigentlich vermutet hätte.
Der offene Kragen war zwar angenehm, aber ein krasser Verstoß gegen die
Bekleidungsvorschriften seiner Zunft.
    Falls er jetzt noch irgendwo einen Selbstbinder besorgen
musste, würde es verdammt knapp werden. Hastig
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