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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition)
Autoren: Alexandra Adornetto
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    1
    Bis dass der Tod uns scheidet
    Alles begann zu beben.
    Ich klammerte mich am Tisch fest und sah, wie mein Verlobungsring auf den schwarz-weißen Schachbrettfußboden des Sweethearts rutschte. Das Beben dauerte nur wenige Sekunden an, doch die Juke Box setzte aus, und die erschrockenen Kellnerinnen versuchten schwankend, ihre vollen Tabletts durch das Café zu balancieren.
    Draußen verdunkelte sich der Himmel wie verletztes Fleisch, und die Baumwipfel schwankten wie von unsichtbarer Hand geschüttelt. Xaviers glückseliger, entrückter Gesichtsausdruck schwand und wurde von dem harten, kämpferischen Blick ersetzt, den ich in letzter Zeit nur zu oft an ihm gesehen hatte. Ich griff nach seiner Hand, schloss die Augen und wartete auf das grelle Licht, das ohne Zweifel kommen und mich in mein himmlisches Gefängnis zurückbringen würde.
    Aber nur einen Moment später schwieg die Erde wieder, und das normale Leben um uns herum lief weiter. Ein kollektiver Seufzer der Erleichterung ging durch den Raum – jeder hatte Schlimmeres befürchtet. Bald schon wurden lachend Witze über die unberechenbare Mutter Natur gemacht, während die Bedienung hastig verschüttete Getränke aufwischte. Niemand fragte sich ernsthaft, was geschehen war – das Ganze würde für höchstens einen Tag Gesprächsstoff bieten und dann vergessen sein. Nur Xavier und ich ließen uns nicht so leicht täuschen. Wir spürten, dass Ärger im Königreich bevorstand.
    Sollte ich Xavier erklären, dass unser Plan vielleicht doch keine gute Idee war? Dass wir den Ring seiner Großmutter zurücklegen, zur Bryce Hamilton School fahren und dem Rest unserer Abschlussfeier beiwohnen sollten? Wenn wir uns beeilten, schaffte er es vielleicht sogar noch, die Abschiedsrede zu halten. Aber je länger ich ihn betrachtete, desto mehr kam ich von diesem Gedanken wieder ab. Mein Verstand sagte mir, dass wir die Warnung ernst nehmen und uns kleinlaut an die Regeln halten sollten. Es war unklug, den Willen des Himmels herauszufordern. Tief in mir aber flüsterte mir eine rebellische Stimme zu, dass es ohnehin zu spät war, umzukehren. Und so ließ ich das furchtsame Mädchen, das ich gewesen war, in der Ecke sitzen wie ein Mauerblümchen auf einem Ball und erlaubte der neuen Beth, die Sache in die Hand zu nehmen. Ich kannte sie nicht besonders gut, hatte aber das Gefühl, dass sie schon sehr lange am Rande gestanden und wie ein Ersatzspieler auf ihren großen Moment gewartet hatte.
    Es war diese Beth, die aufstand und nach ihrer Tasche griff.
    «Lass uns gehen.»
    Xavier warf ein paar Münzen auf den Tisch und folgte mir auf die Straße. Als er den Blick gen Himmel wandte und gegen die Sonne anblinzelte, die wieder schien, seufzte er auf.
    «Glaubst du, dass das an uns gerichtet war?»
    «Ich weiß nicht», antwortete ich. «Vielleicht interpretieren wir auch zu viel hinein.»
    «Möglich», sagte Xavier. «Aber so ein Beben gab es hier noch nie, und ich lebe immerhin seit meiner Geburt in Venus Cove.»
    Ich sah die Hauptstraße hinunter. Die Leute gingen wieder wie gewohnt ihrem Alltag nach. Lediglich einige nervöse Touristen mussten von einem Polizisten beruhigt werden. «Es gibt keinen Anlass zur Panik, Ma’am. Erdstöße sind hier in der Gegend zwar selten, aber kein Grund zur Sorge.»
    Seine Worte schienen die Touristen zu beschwichtigen, ich aber war mir sicher, dass die Erde nicht zufällig in genau diesem Moment erzittert war. Es war eindeutig eine Warnung von oben gewesen, die zwar keinen Schaden anrichten, aber unsere Aufmerksamkeit erwecken sollte. Mit Erfolg.
    «Beth?», fragte Xavier zögernd. «Was machen wir jetzt?»
    Ich warf einen Blick auf den Chevy, der auf der anderen Straßenseite geparkt stand. Höchstens fünf Minuten, länger würden wir nicht zu der Kirche unten am Wasser brauchen, in der Pater Mel auf uns wartete. Ich konnte mich noch gut an meinen ersten Besuch bei ihm erinnern, kurz nachdem Gabriel, Ivy und ich in Venus Cove angekommen waren. Auch wenn wir es nie offen ansprachen, hatte er immer gewusst, wer wir waren. Das hatte uns sein Blick verraten.
    Mir kam ein Gedanke. Wenn ein Mann, der so fromm war wie Pater Mel, uns trauen wollte, musste er an unsere Verbindung glauben. Es war beruhigend zu wissen, dass wir zumindest einen Verbündeten hatten.
    Ich kämpfte noch immer innerlich mit mir, als mein Blick auf ein älteres Paar fiel, das auf einer Bank saß. Der Mann hielt die Hand der Frau fest in seiner und
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