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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen
Autoren: Lucie Flebbe
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jedem Finger einen klobigen
Silberring.

    Danner blieb endgültig stehen.

    Ich war mir ziemlich sicher, dass das keine gute Idee
war.

    Â»Halt die Fresse, Bohne!«, mischte sich der Irokese wieder
ein. »Die Braut hab ich zuerst gesehen!«

    Mittlerweile waren es bereits sieben schwankende Gestalten,
die uns bis vor den im Bahnhofsgebäude gelegenen McDonald’s- Imbiss gefolgt waren.

    Der Tokio-Hotel-Sympathisant packte den Schmuckfetischisten
an der Schulter. Der wirbelte herum und schubste den Angreifer grob zu Seite.

    Â»Ey, fass mich nicht an, Alter!«

    Ich nutzte die Gelegenheit, um Danner vorwärtszuziehen.

    Â»Die haben zu viel getankt«, erklärte ich, als wir einigermaßen
außer Hörweite waren. »Versuchen wir’s heute Abend noch mal. Vielleicht finden
wir dann einen, der noch ansprechbar ist.«

    Â 

6.

    Â»Heute Morgen war noch alles in
Ordnung«, heulte Doro gerade, als ich leicht verspätet nach der Mittagpause in
den Schlumpfgruppenraum trat. »Und ich hab bestimmt abgeschlossen, ich
kontrollier das immer. Herd ausschalten, Stecker vom Bügeleisen rausziehen, Tür
abschließen! Immer!«

    Â»Was ist denn passiert?« Ich wickelte den Wollschal von
meinem Hals.

    Â»Bei Doro ist eingebrochen worden.« Friederun, eine überzeugt
christliche Zwergenhüterin, rubbelte der pummeligen Blondine tröstend den
Rücken.

    Â»Am helllichten Tag!«, schniefte Doro empört. »Sind mit
’nem Kleintransporter vorgefahren. Die dämliche Kruse aus dem ersten Stock hat
die sogar zur Wohnung geführt.«

    Â»Wie bitte?«, staunte ich.

    Â»Der nette, junge Mann hat gesagt, er wäre mein neuer
Freund. Er wolle ein paar meiner Sachen in seine Wohnung bringen, wir würden
bald zusammenziehen«, nuschelte Doro zwischen Schluchzern. »Die haben den
Laptop, den Fernseher, die Stereoanlage, den Miele- Herd, sogar den neuen Bio-Ethanol-Kamin mitgenommen.«

    Â»Einfach so?«

    Â»Die alte Kruse hat ihnen die Wohnung wahrscheinlich
sogar aufgeschlossen!«

    Â»Das kann doch nicht wahr sein?!«, Friederun stemmte
empört die Hände in die Taille.

    Auch ich konnte Doro das kaum glauben.

    Â»Sie gibt das natürlich nicht zu! Aber als
Hausverwalterin hat sie einen Zweitschlüssel und das Türschloss wurde nicht
aufgebrochen. Und die Geschichte mit meinem neuen Freund hat sie denen ja auch
abgekauft.«

    Uff.

    Â»Jedenfalls hab ich Anzeige erstattet. Und jetzt soll ich
genau gucken, was fehlt, und mich dann auf dem Polizeipräsidium melden.«

    Klar.

    Â»Du müsstest deshalb heute länger bleiben und mir beim
Aufräumen helfen, Lila«, informierte mich Friederun.

    Na toll.

    Â 
    Â»Ihr glaubt doch nicht, dass ich noch ’ne Nacht
lang stündlich mit dem blasenschwachen Köter Gassi gehe«, beschwerte sich
Molle, als ich mich nach neunzehn Uhr erschöpft neben Danner auf den Stuhl
fallen ließ.

    Ich war mittlerweile über zwölf Stunden auf den Beinen –
abgesehen von den gerade mal zwanzig Mittagspausenminuten – und hatte nach
einem vorgezogenen Frühjahrsputz mit der zwanghaft reinlichen Friederun
überhaupt keine Lust, mich gleich wieder auf die Suche nach dem verschwundenen
Penner zu machen.

    Â»Wenn ihr zur Abwechslung mal was für mich machen sollt,
stellt ihr euch an!« Molle nahm Danner sein Bier weg. »Der Köter hält meinen
Wohnzimmerteppich für eine Wiese, also bewegt endlich eure Hintern.«

    Â 
    Ich hätte mir an diesem Abend was Schöneres
vorstellen können, als eingezwiebelt in drei dicke Pullover, zwei übereinandergezogene
Jeans, Jacke, Schal und Mütze in Richtung Hauptbahnhof zu marschieren. Aber was
tat man nicht alles für ein warmes Essen.

    Vor dem Bahnhof herrschte trotz der Eiskälte scheinbar
Happy Hour.

    Den Schmuckfetischisten mit dem Kindergesicht erkannte
ich sofort wieder. Natürlich war er seit heute Mittag nicht spontan ernüchtert.
Neben dem Kettenträger schwankte ein gefühlt zwei Meter fünfzig großer Dicker
mit einem grünen Ziegenbart. Zwei kleinere Punks bemühten sich, den Riesen am
Umkippen zu hindern. Der Schmuckfreund verteilte Dosenbier.

    Â»Vielleicht finden wir im Bahnhof ansprechbarere Kids«,
hoffte ich.

    Â»Vergiss es«, winkte Danner ab. »Ich hab keinen Bock,
mich wegen dem Penner hier den ganzen Abend festzuquatschen.«

    Die Hände in
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