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Flesh Gothic (German Edition)

Flesh Gothic (German Edition)

Titel: Flesh Gothic (German Edition)
Autoren: Edward Lee
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Chromringe. Belarius hatte sie herausgerissen ... »Und jetzt ist sie schwanger.«
    »Richtig. Also fahr mich mit ihr zu Vivica und setz dich dann ab. Du kannst ohnehin nichts dagegen tun.« Karen drückte die Pistole gegen seinen Hinterkopf. »Sonst müsste ich dich abknallen, und das will ich nicht, weil ich dich auch immer gemocht habe.«
    Westmore erkannte, dass es sich bei ihrer Waffe um die Pistole aus der Schreibtischschublade im Büro handelte. Hätte sie vorne neben ihm gesessen, wäre er vielleicht das Risiko eingegangen, sie ihr wegzureißen, aber auf dem Rücksitz ...
    Ich wäre im Bruchteil einer Sekunde tot .
    »Fahr los. Gib Gas und fahr über den vorderen Baumstamm drüber.« Sie lächelte strahlend. »Du schaffst das. Du bringst uns Glück.«
    Westmore sah zunächst keine andere Möglichkeit, aber kurz darauf kam ihm das Schicksal zur Hilfe.
    Die Seitenscheibe der Hecktür zersplitterte nach innen. Karen schrie unter einem Regen aus Glasscherben auf, mehrere ohrenbetäubende Schüsse wurden in die Luft abgefeuert. Pulverqualm füllte das Innere des Wagens aus. Als sich Westmore in dem Chaos umsah, stellte er fest, dass die beiden anderen Adiposianer tatsächlich noch lebten.
    Sie hatten das Fenster eingeschlagen und griffen nach Karen.
    Ihre Pistole fiel mit einem dumpfen Knall zu Boden. »Hilf mir!«, kreischte sie schrill. »Westmore, hilf mir!«
    »Nicht heute Nacht«, gab er zurück und trat das Gaspedal voll durch.
    Als sich der Wagen in Bewegung setzte, wurde Karen nach draußen gezogen. Westmore ersparte sich den Blick in den Rückspiegel – er wollte nicht sehen, was mit ihr passierte. Das große Fahrzeug raste die Straße entlang und holperte mit einem gewaltigen Ruck über den umgestürzten Baum. Westmores Schädel schlug wuchtig gegen das Autodach, aber dann hatte er es geschafft: Das letzte Hindernis war überwunden.
    Westmore fuhr davon, während Deborah Rodenbaugh nach wie vor bewusstlos, aber lebend auf dem Rücksitz lag.

Epilog
    Seattle, neun Monate später
    I
    Westmores erster Kater seit fast vier Jahren erwies sich unzweifelhaft als der schlimmste seines ganzen Lebens. Warum trinken die Menschen?, fragte er sich. Als er vom Bett aufschaute, saß Debbie auf der altersschwachen Couch, futterte Kekse und sah fern. Sie trug einen Morgenmantel. Ihr schwangerer Bauch ruhte wie ein mächtiger Beutel auf ihrem Schoß. Noch im Halbschlaf streifte er sich ein T-Shirt über und angelte nach seinen Zigaretten. »Guten Morgen ... äh, ich meine, Mahlzeit.«
    »Guten Abend wäre passender«, berichtigte sie ihn, ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden. Das kann nicht ihr Ernst sein . Er öffnete die Tür und trat hinaus. Hinter der schmalen Veranda ihres armseligen Zimmers prasselte der Regen von Seattle in all seiner Pracht herab. In keinem anderen Zimmer des Motels brannte Licht. Debbie und er schienen die einzigen Gäste zu sein. Tatsächlich war bereits der Abend angebrochen.
    Du meine Güte, habe ich echt 24 Stunden lang im Bett gelegen? Das nenne ich mal einen Rausch ausschlafen!
    Westmore fühlte sich unverantwortlich und nutzlos. Er musste Debbie doch beschützen. Und zwar so lange, bis ...
    Er beobachtete, wie auf der regennassen Straße die Autos vorbeizogen. Die Schnellstraße lag nur 20 Meter von dem schäbigen Motel entfernt, in dem sie sich einquartiert hatten. Das schnelle, kratzige Zischen der Reifen half ihm zwar, den Kopf freizubekommen, Trost bot es jedoch wenig. Ich habe lange genug den Kopf in den Sand gesteckt, dachte er. Spätestens morgen wird sie das Kind zur Welt bringen .
    Und was dann?
    Westmore kannte die Antwort auf diese Frage bereits.
    Lautes Hupen ertönte, als sich wenige Meter entfernt beinahe ein Unfall ereignete. Als ein Bus mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit vorbeirauschte, pflügten seine Reifen durch eine Pfütze und wirbelten einen gewaltigen, schwarzen Wasserschwall vom Asphalt auf.
    Westmore ging wieder hinein und schloss die Tür hinter sich.
    Eine ausgiebige Dusche brachte ihn wieder unter die Lebenden zurück. Trotzdem blickten ihm aus dem Spiegel blutunterlaufene Augen entgegen. Scheiße ... Westmore spielte mit dem Gedanken sich zu rasieren, verwarf die Idee jedoch, als er bemerkte, wie heftig seine Hände zitterten.
    Schwere, getragene Pianomusik drang aus einem kleinen Uhrenradio auf der Fensterbank. Irgendwie fühlte er sich dadurch weniger wie ein Versager. Eigentlich hatte er ja nicht wirklich versagt, oder? Er war so weit gekommen und
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