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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel
Autoren: Bradley Alan
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Beweisstück noch nicht entdeckt hatte: ein echter Fehltritt – nicht nur für mich, sondern auch für die Beamten.
    Nicht anfassen, dachte ich. Lass es schön für Inspektor Hewitts Leute liegen. Außerdem verriet mir das Seil nichts, was ich nicht schon wusste.
    Ich sah mich um und entdeckte die Eingänge zu mehreren gemauerten Gängen.
    Aber welcher brachte mich zu Colin?
    Der linke, dachte ich. Lucius de Luces Plan zeigte ein wirres Labyrinth unterirdischer Wasserleitungen, und erst jetzt fiel mir wieder ein, dass ich die zusammengefaltete Karte eingesteckt hatte.
    Wie vorausschauend von mir! Doch als ich in meine Tasche griff, war sie leer.
    Ach so! Ich hatte ja mein staubiges Kleid aus- und ein sauberes angezogen. Mir entfuhr ein unterdrückter Fluch, als mir klar wurde, dass Lucius’ kostbarer, handgezeichneter Plan in meiner Laborspüle weichte und wahrscheinlich längst unleserlich war!
    Mir blieb nichts anderes übrig, als mich auf meinen Instinkt zu verlassen, und der schickte mich nun mal in den linken Tunnel.
    Der unterirdische Gang war nicht nur schmal und niedrig, sondern auch einsturzgefährdet. An etlichen Stellen waren die
Ziegelwände und Teile der Decke bereits eingebrochen; der Boden war mit Schutt bedeckt.
    Pass bloß auf, ermahnte ich mich selbst. Nicht, dass noch mehr einstürzt und …
    Etwas streifte mein Gesicht, etwas, das wie ein leichenblasser Arm von der Decke hing. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und blieb stehen.
    Eine Wurzel! Ich hatte mich von einer dummen Wurzel erschrecken lassen. Sie mochte noch von einem der Bäume stammen, die einst den Wegen im Visto Schatten gespendet hatten.
    Ich duckte mich unter der Wurzel hinweg, doch ihre feuchten Enden streichelten über mein Gesicht, als sehnten sie sich inbrünstig nach menschlicher Gesellschaft.
    Ich humpelte weiter. Der Lichtkegel der Taschenlampe schwankte unstet auf und ab.
    In diesem Tunnelabschnitt standen lauter verstaubte Leitern, Eimer, Gießkannen und Zinktrichter, die sie einst benutzt hatten; auch ein paar Seile lagen dazwischen herum.
    An der Wand leuchtete etwas Rotes auf – Buchstaben! Ich ließ den Strahl langsam darüber wandern: H.d.L.
    Harriet de Luce! Auch meine Mutter war hier gewesen, hier in diesem Gang, und hatte ihre Initialen an die Wand gemalt.
    Mich schauderte, so deutlich spürte ich Harriets Anwesenheit. Wie kam es, dass ich sie so schrecklich vermisste, wo ich sie doch nie gekannt hatte?
    Da drang auf einmal eine ferne Melodie an mein Ohr.
    » London Bridge is fallin’ down … my fair lady. «
    »Colin! «, rief ich, und plötzlich kamen mir die Tränen. »Colin! Ich bin’s, Flavia! «
    Ich humpelte weiter, stolperte über herabgefallene Steine und spürte, wie meine Schuhe immer feuchter wurden. Meine Hände waren vom ständigen Halt-Suchen an den rauen Wänden ganz aufgescheuert.
    Und dann sah ich ihn.

    » My fair lady … «
    »Du kannst aufhören, Colin. Wo ist der Schlüssel?«
    Er fuhr zusammen, als ich ihn anleuchtete, und machte ein seltsam trotziges Gesicht.
    »Bind mich erst los«, sagte er mürrisch.
    »Nein. Erst den Schlüssel. Ich hab keine Lust, hier zu stehen, während du plötzlich wegrennst.«
    Colin wälzte sich ächzend auf die Seite. Ich griff in seine Hosentasche – uäh! – und zog einen großen Schlüssel hervor.
    Als er sich wieder umdrehte, sah ich, dass ihm jemand die Handgelenke auf dem Rücken gefesselt und ihn dann an einem Metallrohr festgebunden hatte, das aus dem Boden kam und in der Decke verschwand.
    Wie lange mochte der arme Kerl schon hier geschmachtet haben?
    »Das muss ja die reinste Tortur für dich gewesen sein«, sagte ich, aber seine Miene änderte sich nicht. Vielleicht kannte er ja das Wort Tortur nicht. Er war halt wirklich nicht sehr sprachbegabt.
    Ich kämpfte mit dem Knoten. Colins Anstrengungen, sich zu befreien, hatten seine Fessel, im Verein mit der Feuchtigkeit, noch straffer gezogen.
    »Hast du ein Messer?«
    Colin schüttelte den Kopf und schaute weg.
    »Du hast kein Messer dabei? Du bist doch Pfadfinder. Die kommen doch schon mit einem Fahrtenmesser auf die Welt!«
    »Ham sie mir weggenommen. ›Sonst tuste dir noch weh‹, ham sie gesagt.«
    »Dann beug dich vor. Ich versuch’s mit dem Schlüssel.«
    Ich legte die Taschenlampe auf den Boden, sodass ihr Licht von der Wand zurückgeworfen wurde, und fuhrwerkte mit dem spitzen Ende des Schlüssels an dem Knoten herum.
    Colin jaulte jedes Mal auf, wenn ich Druck auf seine Handgelenke
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