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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel
Autoren: Bradley Alan
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selben Augenblick fiel mir ein, dass ich den Schlüssel ja schon selbst in der Hand hielt.
    Rasch steckte ich ihn in das Vorhängeschloss und wollte ihn umdrehen.
    Verflucht sei alles Mechanische! Das Schloss war festgerostet.
    Ich konnte den rasselnden Atem des geduckten Hünen schon deutlich hören. Das rote Haar stand ihm wirr vom Kopf ab wie bei einem Geisteskranken.
    Jemand schubste mich weg. Colin riss mir den Schlüssel aus der Hand.
    »Nicht, Colin!«

    Er rammte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn ruckartig um, und das Schloss sprang auf. Colin riss das Gittertor auf und schob mich – zerrte mich – trug mich förmlich – hindurch.
    Dann knallte er das Tor wieder zu, ließ das Schloss einrasten und zog mich ein ganzes Stück vom Gitter weg.
    »Bei dem musste aufpassen!«, sagte er. »Der hat lange Arme.«
    So standen wir keuchend da und schauten Tom Bull in die blutunterlaufenen, böse funkelnden Augen.
    Er packte das Tor mit seinen mächtigen Pranken und rüttelte daran, als wollte er es aus der Verankerung reißen.
    Der rote Bulle!
    Endlich begriff ich, was Fenella gemeint hatte.
    Ich wich ängstlich bis an die Wand zurück. Dabei knickte ich wieder um, und die Taschenlampe fiel mir aus der Hand.
    Mit einem Schlag standen wir im Stockfinstern.
    Ich ging auf die Knie und tastete auf dem feuchten Boden herum.
    »Bleib vom Gitter weg, sonst schnappt er dich«, raunte Colin warnend.
    Ich tastete blindlings umher und rechnete jeden Augenblick damit, am Handgelenk gepackt zu werden.
    Nach einer halben Ewigkeit stieß ich mit dem Handrücken an die Taschenlampe. Ich hob sie auf … schob den Schalter mit dem Daumen nach vorn … nichts.
    Die Lampe war kaputt.
    Ich hätte heulen können.
    Neben mir raschelte es leise. Ich wagte mich nicht zu rühren.
    Ich zählte zehn Herzschläge.
    Dann vernahm ich ein Kratzen – und ein Streichholz flammte auf.
    »Hab ich immer dabei«, verkündete Colin stolz.
    »Geh langsam weiter«, sagte ich. »Und lass das Streichholz nicht ausgehen.«

    Als wir uns vom Gitter entfernten und Tom Bulls Gesicht sich im Dunkeln auflöste, öffnete er auf einmal den Mund und brüllte die einzigen Worte, die ich je von ihm zu hören bekam.
    »Wo ist mein Kind?«
    Sein Aufschrei prallte wie eine Messerklinge von den Mauern ab.
    In der beklemmenden Stille, die darauf folgte, tappten wir weiter. Als das erste Streichholz abgebrannt war, holte Colin das nächste aus der Tasche.
    »Wie viele hast du noch?«, fragte ich.
    »Noch eins.«
    Wir hatten schon ein gutes Stück zurückgelegt, aber es war noch ein langer Weg bis zum Keller.
    Colin hielt das letzte Streichholz in die Höhe und ging langsam weiter.
    »Gut gemacht«, lobte ich ihn. »Du hast uns gerettet.«
    Da blies ein jäher Luftzug das Streichholz aus.
    »Geh weiter«, drängte ich. »Immer an der Wand entlang.«
    Colin rührte sich nicht vom Fleck.
    »Kann nicht. Ich hab Angst im Dunkeln.«
    »Ich bin doch bei dir. Ich passe auf dich auf.«
    Ich wollte ihn anschieben, aber er blieb stur stehen. »Ich kann nicht.«
    Ich brachte es nicht übers Herz, ihn zurückzulassen.
    Plötzlich fiel mir auf, dass ich den Umriss seines blassen Gesichts erkennen konnte. Ein Lichtschein bewegte sich auf uns zu.
    Ich fuhr herum und erblickte Dogger, der eine große Laterne trug. Hinter seinem Rücken spähte Porcelain hervor. Erst machte sie ein ängstliches Gesicht, aber als sie sah, dass es mir gut ging, stürmte sie los und erdrückte mich beinahe mit ihrer Umarmung.
    »Ich musste dich leider verpetzen«, sagte sie.

30
    D ogger hatte die Tür am Brunnen nämlich schon verriegelt. Sie lässt sich nur von außen öffnen; darum konnte Tom Bull nicht mehr raus.«
    »Gut gemacht, Dogger«, sagte Vater. Dogger lächelte und schaute verlegen zum Fenster hinaus.
    Daffy rutschte ungeduldig auf dem Chesterfield-Sofa herum. Vater hielt sie vom Lesen ab, weil er darauf bestanden hatte, dass sie und Feely bei der Unterredung dabei waren. Man hätte fast denken können, er wäre stolz auf mich gewesen.
    Feely stand am Kaminsims und tat gelangweilt, nur ab und zu warf sie einen kurzen Blick in den Spiegel und lächelte anschließend Sergeant Graves affektiert an.
    »Diese ganze Geschichte mit den Humplern ist hochinteressant«, sagte Inspektor Hewitt. »Deine Beobachtungen waren sehr hilfreich.«
    Ich platzte innerlich vor Freude.
    »Wenn ich es recht verstanden habe, führt diese Sekte schon seit dem 17. Jahrhundert Kindstaufen im Gehölz durch.«
    Ich nickte.
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