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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel
Autoren: Bradley Alan
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Belieben bis in alle Ewigkeit zu verfluchen.
    Daffy hatte mir auch erzählt, dass Flitch einmal im Gehölz gepredigt und dabei Gottes Zorn auf das Haupt eines Zwischenrufers herabbeschworen habe, der daraufhin tot umgefallen sei – und dass sie, wenn ich die Dose mit der Lakritzmischung, die mir Tante Felicity zum Geburtstag geschickt hatte, nicht sofort rüberreichte, sie den gleichen Fluch auf mich herabbeschwören würde.
    »Glaub bloß nicht, dass ich das nicht kann!«, hatte sie unheilverkündend hinzugesetzt und auf das Buch getippt, das sie gerade las. »Die Anleitung steht nämlich hier drin.«
    Der Tod des Zwischenrufers sei reiner Zufall gewesen, hielt ich dagegen, und höchstwahrscheinlich einem Herzinfarkt geschuldet. Der Mann wäre bestimmt auch gestorben, wenn er an dem besagten Tag zu Hause geblieben wäre.
    »Verlass dich lieber nicht drauf«, hatte Daffy gegrummelt.
    In späteren Jahren hatte es Flitch, nachdem man ihn mit Schimpf und Schande aus London verjagt hatte und die Humpler an Einfluss gegenüber anderen Sekten verloren hatten – den Ranters, den Shakern, den Quäkern, den Diggers, den Levellers, den Sliders, den Swadlers, den Tumblers, den
Dunkers, den Tunkers, sogar gegenüber den Unkorrumpierbaren – , nach Bishop’s Lacey verschlagen, wo er dazu überging, zu seinem sonderbaren Glauben bekehrte Seelen an der Flussbiegung zu taufen.
    Mrs Mullet hatte mir anvertraut – nachdem sie sich nach allen Seiten umgedreht und die Stimme zu einem Flüstern gesenkt hatte –, dass Nicodemus Flitchs Spielart der Religion im Dorf immer noch ausgeübt würde, wenn auch heutzutage hinter geschlossenen Türen und zugezogenen Vorhängen.
    »Die tauchen ihre Babys bei der Taufe kopfüber ins Wasser und halten sie an den Fersen fest«, hatte sie mit aufgerissenen Augen geraunt. »Wie das mit der Achillesferse im Flusse Styx; das weiß meine Freundin Mrs Waller von ihrem Bert. Geh diesen Humplern bloß aus dem Weg – sonst machen sie Blutwurst aus dir.«
    Damals hatte ich mir das Lachen verbissen, und jetzt schmunzelte ich, als ich mich an Mrs Mullets Worte erinnerte – aber ich bekam trotzdem eine Gänsehaut, als ich an das Gehölz dachte und an die Schatten zwischen den Bäumen, die allen Sonnenschein schluckten.
    Zuletzt war ich im Frühling auf der Lichtung gewesen, als dort überall Löwenzahn und Schlüsselblumen wuchsen – »Himmelsschlüssel« nannte Mrs Mullet sie.
    Um diese Jahreszeit lag das Wäldchen bestimmt hinter den hohen Holunderbüschen verborgen, die am Flussufer wucherten. Die duftenden Holunderdolden, die mich immer an japanische Sonnenschirme erinnerten, waren sicher längst braun geworden und im Juniregen abgefallen. Erfreulicher war die Vorstellung, dass statt ihrer bald lauter violette Beeren in Dolden von den Zweigen hängen würden wie eine Bildergalerie aus lauter Blutergüssen.
    Dort unten am Gehölz war es auch gewesen, in den Tagen der ersten nummerierten königlichen Georges, wo man den Fluss Efon vorübergehend umgeleitet hatte, damit er einen
künstlichen See bildete und die Brunnen speiste, deren Überreste man heute noch auf dem Gelände von Buckshaw findet. Als dieses Wunder unterirdischer Hydraulik jedoch angelegt wurde, hatte es für Zwietracht zwischen meiner Familie und den ansässigen Grundbesitzern gesorgt, weshalb einer meiner Vorfahren, Lucius de Luce, in der ganzen Grafschaft nur als »Plätscher-Lucius« bekannt war. Auf seinem Porträt in unserer Bildergalerie sieht er ziemlich gelangweilt aus, wie er so über seinen See blickt, mit der künstlichen Ruine, den Springbrunnen und dem – inzwischen längst verschwundenen – griechischen Tempel. Er legt die magere Hand auf einen Tisch, auf dem ein Kompass, eine Taschenuhr, ein Ei und ein Instrument namens Theodolit, wie es die Landvermesser brauchen, zur Schau gestellt sind. In einem Holzkäfig sitzt ein Kanarienvogel mit offenem Schnabel. Entweder zwitschert das Tier vergnügt oder es ruft um Hilfe.
    Meine müßigen Tagträume wurden von bellendem Husten unterbrochen.
    »Halt an«, sagte die Alte und nahm die Zügel wieder an sich. Das Schläfchen schien ihr gutgetan zu haben. Ihre Wangen hatten ein bisschen Farbe angenommen, und ihre Augen funkelten wacher denn je.
    Sie schnalzte mit der Zunge und lenkte den Wohnwagen von der schmalen Straße herunter, unter einem Laubdach hindurch und über die kleine Brücke. Ganz offenkundig kannte sie sich hier aus. Bald standen wir auf der Lichtung.
    Die Alte
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