Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flatline

Flatline

Titel: Flatline
Autoren: Erwin Kohl
Vom Netzwerk:
Weltkriege erinnern. Ihr Antlitz gesenkt, schien sie ihm einen tröstenden Blick zuzuwerfen.
    Ein junger Mann verband ihn mit Rebecca, als ob sie die Freundin seines Sohnes wäre. Ihre Stimme klang kraftlos, leise. Es waren Worte, die sie nicht aussprach, Sekunden des Schweigens, die seine Hoffnung zerstören sollten. Markus habe oft von ihm gesprochen, wolle ihn unbedingt wiedersehen, seinen Vater umarmen und ihm für alles danken, versuchte sie ihn aufzubauen. In einer kurzen Pause fragte er sie fast flehend nach seinem Sohn. Eine unendlich lange Stille drang an sein Ohr. Stille, die sich wie ein Donnerhall in seiner Seele ausbreitete. Mit den Worten, sie wolle nicht am Telefon darüber reden, beendete sie das Gespräch. Stachinsky wurde es kalt. Seine Hände begannen zu zittern, als er zum Parkplatz lief.
     
     

7
    Joshua drehte sich Spaghetti auf die Gabel, als er Elmar Seifert an der Theke entdeckte. Sie hatten sich in der Kantine der »Festung«, wie das Polizeipräsidium am Fürstenwall unter Kollegen hieß, verabredet. Daniel war unterwegs nach Krefeld, um von den dortigen Kollegen Rückschlüsse auf einen eventuellen Zusammenhang der beiden Todesfälle zu erhalten. Karin wollte mit dem Staatsanwalt die weitere Vorgehensweise absprechen.
    Seifert brachte einen Thunfischsalat und zwei Pizzabrötchen mit. Er verrichtete seit zwanzig Jahren seinen Dienst beim KK 11, Todesermittlung. Sie hatten sich vor vier Jahrenkennengelernt, als Joshua zu einer Mordkommission nach Düsseldorf beordert wurde. Joshua blickte sein Gegenüber an und fragte sich, ob das glänzende Schwarz seiner Haare echt wäre.
    »Also?«, fragte Joshua und trank einen Schluck Mineralwasser. In Seiferts Mund verschwand ein Streifen grüner Paprika. Er strich mit einer Serviette über seine Lippen und kam zur Sache.
    »Ich war gestern bei den Kollegen der Droge. Kein Mensch im KK 34 kennt unseren Kunden. Wir haben sein Bild bei unseren V-Leuten herumgereicht, negativ.«
    Herausfordernd sah Seifert Joshua in die Augen. Die Pupille seines linken Auges schien auf seine Nasenspitze gerichtet. Die Folge eines Unfalles vor zehn Jahren. In seinem Oberlippenbart hingen Brotkrümel.
    »Ihr glaubt also nicht, dass dieser Stachinsky ein Junkie war?«
    Seifert vertilgte ein halbes Pizzabrötchen, während er Joshua kopfschüttelnd ansah.
    »Markus Stachinsky, 22 Jahre alt, Medizinstudent im fünften Semester«, referierte Seifert, »wir haben uns in der WG umgehört, in der er wohnte. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Frauen. Stattdessen jeden Tag auf seinem Rennrad unterwegs. Ein Auto brauchte er nicht. Der Junge war schon auffällig unauffällig. Selbstredend auch keine Vorstrafen.«
    Joshua zog ein Päckchen Tabak aus der zerkratzten Lederjacke. Nach einem strengen Blick seines Kollegen steckte er es wieder zurück.
    »Was ist mit den Eltern?«
    Seifert atmete tief durch.
    »Vielleicht der einzige kleine Hinweis. Seine Mutter ist kurz nach der Geburt an einer Überdosis Heroin gestorben. Sein Vater lebt in Argentinien. Wir haben im Zimmer des Opfers einen Stapel Briefe von ihm aus Buenos Aires gefunden und ein Fotoalbum. Unsere Leute gehen die gerade durch. Ansonsten scheint es keine Verwandten zu geben. Auch sonstige Bezugspersonen außerhalb der WG schien er nicht gehabt zu haben.«
    Sie schwiegen sich einige Sekunden nachdenklich an. Joshua spielte gedankenverloren mit seinem Zippo. Ihm fiel der Obduktionsbericht ein.
    »Das Opfer war bis unter die Fingernägel voll Dope«, Joshua breitete erklärend die Arme aus.
    »Ja, ich habe den Bericht auch gelesen. Aber das Zeug bekommst du nicht beim Bäcker. Joshua, ich will nicht behaupten, dass wir jeden Junkie und jeden Dealer in der Stadt kennen, aber einer wie Stachinsky wäre aufgefallen. Abgesehen davon: Wir haben Kontoauszüge gefunden, sein Erzeuger hat ihm 800 Euro im Monat überwiesen. Genug zum Leben, aber zu wenig für eine Drogenabhängigkeit.«
    »In Ordnung. Dann habt ihr eben einen astreinen Mordfall. Aber was haben wir damit zu tun?«, antwortete Joshua fast ein bisschen trotzig.
    Seifert schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und schnellte nach vorne. Mit stechenden Augen sah er Joshua an.
    »Einen astreinen Mordfall? Scheiße! Einen Dreck haben wir! Tod durch Überdosis, an der Spritze nur seine Fingerabdrücke. Nicht den Hauch eines Hinweises auf Fremdverschulden. Ein toter Junkie, der keiner war, da verwette ich meinen Hintern drauf. Außerdem voller Viren ohne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher