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Arsen und Apfelwein

Arsen und Apfelwein

Titel: Arsen und Apfelwein
Autoren: Andrea Habeney
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Frankfurt zur Adventszeit

    Mit einem Glas Sekt in der Hand schob sich Kommissarin Jenny Becker durch die Menge. Wie immer war die Weihnachtsfeier des Frankfurter Polizeipräsidiums gut besucht. Die Kantine fasste kaum die Menge der Gäste und die Feier hatte sich in die Gänge und benachbarten Räume ausgebreitet.
    Hier und da blieb sie stehen und wechselte ein paar Worte mit dem einen oder anderen Kollegen.
    Bis eben hatte sie sich mit Biederkopf unterhalten, dem Staatsanwalt, mit dem sie schon in vielen Fällen zusammengearbeitet hatte. Jetzt hatten ihn gesellschaftliche Verpflichtungen wegbeordert. Er stand in einer Ecke des großen Raumes und unterhielt sich mit zwei anderen Staatsanwälten.
    Schon länger prickelte es zwischen ihnen, doch die Ereignisse der letzten zwei Jahre hatten verhindert, dass sie sich nähergekommen waren.
    Ihr Blick wanderte weiter. Natürlich, ihr junger Kollege Sascha stand wie immer in der Nähe des Buffets, der Teller in seiner Hand war voll beladen.
    An ihm vorbei lief gerade ein Weihnachtsmann in voller Kostümierung. Jenny schüttelte den Kopf. Wer den wohl bestellt hatte? Die Verkleidung war nicht ganz gelungen. Sein Bart war mehr grau als weiß und hing auf der einen Seite deutlich weiter nach unten als auf der anderen. Er schleifte einen Sack hinter sich her, der leer zu sein schien.
    Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und sie machte einen Satz. »Mensch Logo, hast du mich erschreckt.«
    Ihr langjähriger Kollege drückte sie und lachte. »Hier ist ja die Hölle los. Wenn’s was umsonst gibt, sind alle da. Wo ist der Kleine?«
    »Am Buffet, wo sonst?«
    »Warum frag ich? Ich geh mal rüber.«
    Jenny nickte und sah ihm nach. Dann schlenderte sie weiter Richtung Bar. Zwei Kollegen von der Spurensicherung versahen den Thekendienst. Sie stellte das Glas Sekt auf den Tresen. »Den hat mir jemand aufgedrängt. Aber ich vertrage Sekt nicht, ich hätte viel lieber ein Bier.«
    »Geht mir auch so«, grinste der eine und stellte ihr ein Pils hin. Dankbar nahm Jenny einen großen Schluck. Sie sah den Kollegen einen Moment zu. »Soll ich dich eine Zeit lang ablösen?«
    »Lass mal. Wann fängt denn die Band an?«, fragte er.
    »Keine Ahnung. Was ist mit diesem seltsamen Weihnachtsmann? Wie passt der ins Programm?«, wollte Jenny wissen.
    Er lachte. »Das hab ich mich auch schon gefragt. Vielleicht verteilt er Geschenke?«
    »Sah nicht aus, als hätte er viele dabei. Hallo, Prof!«
    Der Gerichtsmediziner Dr. Schwind, von allen nur Prof genannt, war aus der Menge aufgetaucht und neben sie getreten. Ausnahmsweise war sein übliches todschickes Outfit hier angebracht. Seine Laune schien deutlich besser als sonst. »Frau Becker. Nett, Sie mal ohne Leiche und an einem warmen, trockenen Ort zu sehen.«
    »Gleichfalls«, lächelte sie. Während der Prof sich über das bedauerliche Fehlen von Champagner ausließ, blickte sie sich um. Aus den Lautsprechern erklang melodische Tanzmusik. In einer Ecke baute die Band gerade ihre Ausrüstung auf. Dieses Mal war die Planung des Festes ganz entschieden in jüngere Hände gelegt worden. Der Kollege hinter der Bar verwickelte den Prof in ein Gespräch, was Jenny zum Anlass nahm, sich zu entfernen. Sie schlenderte quer durch den Raum zur improvisierten Bühne. Fritz Ehlers, ein Kollege aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit, unterhielt sich gerade mit einem langhaarigen Musiker. Als er sich umdrehte, sprach Jenny ihn an. »Na Fritz, dieses Jahr keine Volksmusik?«
    Er hob abwehrend die Hände. »Bloß nicht. Sonst laufen wieder alle weg. Dieses Jahr sind wir modern.«
    »Nur dieser Weihnachtsmann passt nicht.«
    »Keine Ahnung, wer das ist. Ich muss weiter, Jenny, Essen nachordern. Kannst du deinen Kollegen mal vom Buffet weglotsen?«
    Jenny musste lachen. »Das werde ich nicht schaffen, aber ich geb mein Bestes.«
    Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge Richtung Buffet, wo Logo und Sascha zusammenstanden, Teller in den Händen. »Sascha, du Buffetfräse. Lass den anderen auch was übrig!«
    »Ist erst mein zweiter Teller«, nuschelte er mit vollem Mund.
    Logo schüttelte den Kopf. »Ich wusste nicht, dass man Teller so voll laden kann. Wo isst du das nur hin? Wenn du wenigstens fett wärst.«
    »Ich brauch den Teller nur anschauen und hab schon zugenommen«, seufzte Jenny. »Kennt ihr den Weihnachtsmann?«
    »Was für’n Weihnachtsmann?«
    »Sascha, du siehst nur dein Essen. Den, der vorhin direkt an dir vorbeigelaufen ist.«
    Logo drehte sich um.
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