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Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Titel: Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
Autoren: Poul Anderson
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alle viere aufrappelte, tropfte ihm Blut aus dem Gesicht. Über sich hörte er eine dröhnende Stimme: »Kleiner Mensch, als Erstes wirst du lernen, wie ein Sklave Scothas Kronprinzen anzureden hat.«
    Der Terraner stand wankend auf. Der Prinz schlug ihn erneut nieder. Hinter ihm ruhten Hände auf Strahlergriffen. »Hilft dir das dabei?«, fragte sein Eigentümer.
    Na, hoffentlich ist er kein Sadist, sondern gehört bloß zu einer Gesellschaft, die Ruppigkeit und Härte honoriert. »Jawohl, Königliche Hoheit. Danke.«
    Schließlich und endlich ergeht es den Sklaven im Imperium noch übler.
    »Du wirst Anweisungen erhalten«, sagte der Scothaner, machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte hinaus. Seine Krieger folgten ihm; nur der Wachtposten blieb zurück. Letzterer riss den Dolch aus der Scheide und hielt ihn gerade hoch, offensichtlich eine Art Ehrenbezeugung.
     
    Zwei Diener brachten Flandry seine Uniform zurück, allerdings ohne Goldlitzen. Seufzend betrachtete der Terraner die verschmutzten, ausgefransten Kleidungsstücke, in denen er solch eine gute Figur gemacht hatte. Man führte ihn in einen Waschraum, wo er sich so weit säuberte, wie er konnte. Die Anordnung der Armaturen war nicht allzu verwirrend. Seine Entführer waren nicht nur sehr humanoid, auch ihre Technik stammte offenbar von Terra – ob nun mit einem Umweg über Merseia oder nicht.
    Die Schläge hatten Flandrys Gesicht nicht nachhaltig geschädigt. Das Antlitz, das ihn aus dem Spiegel ansah, hatte einen hellen Teint, hohe Jochbeine, eine gerade Nase und feine Lippen, aber ein kantiges Kinn, glattes braunes Haar und einen säuberlich gestutzten Schnurrbart. Manchmal fand er, dass er einfach zu gut aussah, aber er war noch jung gewesen, als er sich das Gesicht von einem Bioskulptor hatte modellieren lassen. Wenn er diesen Schlamassel hinter sich hatte, würde er sein Aussehen vielleicht überarbeiten und sich ein etwas markanteres Gesicht verpassen lassen, das besser zu einem Mann über dreißig passte.
    Der leicht dolichozephale Knochenbau war jedoch noch sein eigener, ebenso wie die Augen: groß und hell, ein klein wenig schräg, die Iris von jenem seltsamen Grau, das als jede Farbe erscheinen kann, egal ob blau, grün oder golden. Auch der Körper war echt, und Flandry verdankte die gepflegte Figur allein sich selbst. Er hasste Sport, aber pflichtgetreu befolgte er ein tägliches Trainingsprogramm, durch das er Kraft, Körperbeherrschung und Reflexe aufrechterhielt. Außerdem stach ein durchtrainierter Mann zwischen den normalerweise aufgeschwemmten terranischen Adligen durchaus heraus; Flandry wusste seit langem, welch große Hilfe seine Figur ihm war, wenn es galt, seine Heimaturlaube angenehm zu gestalten.
    Flandrys Wangen waren noch glatt. Vielleicht konnte er sich ja einen Rasierapparat beschaffen, ehe die letzte Dosis Bartwuchshemmer die Wirkung verlor. In jedem Fall brauchte er mindestens eine Schere, sonst würde er bald struppig aussehen.
    Na, du kannst hier nicht den ganzen Tag rumstehen und dich anhimmeln, Alter. Flandry richtete sich mit den Kleidungsstücken, die ihm zur Verfügung standen, so gut her, wie er konnte, setzte die Offiziersmütze in angemessen verwegenem Winkel auf und trat hinaus, um seine neuen Schiffskameraden kennenzulernen.
     
    Die Scothani waren gar kein so übler Haufen, wie er bald feststellte: Als große, ungestüme, tatkräftige Krieger, denen es nur um Abenteuer, Beute und Schlachtenruhm ging, waren sie dennoch diszipliniert und traten einander mit Höflichkeit und ihm mit rauer Freundlichkeit gegenüber. Sie waren mutig, aufrichtig und treu, zu Gefühlsregungen fähig und sogar in der Lage, Schönheit in Kunst oder Natur zu würdigen. Allerdings neigten sie stark zu tödlichen Wutanfällen und kannten den Begriff des Mitgefühls kaum; sie waren zwar nicht von Geburt an dumm, doch beschränkt in ihren Interessen. Auch wäre schön gewesen, wenn sie sich häufiger gewaschen hätten.
    Vieles davon war zunächst nur Flandrys Eindruck, doch seine Erfahrung bestätigte es. Nur wenige Scothani an Bord sprachen eine Sprache, die er verstand. Zwei Offiziere beherrschten ein gewisses Maß an Anglisch – weniger als der Prinz – und erklärten ihm manches; zum Ausgleich befriedigte er ihre Neugierde. Er schlief zusammen mit einfachen Besatzungsmitgliedern in dem Mannschaftsraum, in dem er aufgewacht war, und er aß in ihrer Messe, wo man sich die Mahlzeit stehend vom Schneidbrett in den Mund schaufelte, ohne
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