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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache
Autoren: Shannon McKenna
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es in sein eingefallenes Gesicht fiel, als er den Kopf hin- und herbewegte.
    »Nicht«, sagte er flehend. »Darum darfst du mich nicht bitten, Lily.«
    Sie drehten sich wie immer im Kreis. Lily kannte dieses Spiel in- und auswendig. Es begann stets mit seinem Flehen um Vergebung, gefolgt von obskuren Andeutungen und schließlich einem beschämten Rückzieher.
    »Na schön«, beschwichtigte sie ihn. »Wie du möchtest. Aber es ist alles gut.«
    »Nein. Genau das ist das Problem. Es ist nicht gut. Und das wird es auch niemals sein.« Seine blutunterlaufenen Augen waren geweitet und voller Verzweiflung. »Ich ertrage es nicht mehr. Es ist, als würde meine Brust kollabieren und mir die Rippen brechen. Ich bekomme keine Luft mehr.«
    Hilflos schaute Lily ihn an. Sie hatte Arbeiten über abnormale Psychen verfasst, über analytische Psychologie, über Freud. Sie hatte das esoterische Wissen aller großen Weltreligionen studiert. Man sollte eigentlich annehmen, dass sie wüsste, wie man Howards Zusammenbrüche in den Griff bekam oder ihm mit ein paar pathetischen Weisheiten Trost spenden konnte. Aber ihr Hirn war nicht gemacht für dieses vage, subjektive Zeug, auch wenn sie ausnahmslos gute Noten in diesen Fachgebieten erhielt – vielmehr bekamen ihre Klienten sie. Insgeheim war sie ein bisschen stolz auf all die Einsen.
    Aber im tiefsten Inneren war sie einfach nur die praktisch veranlagte, sachliche Lily. Sie hatte weder einen Sinn für Albernheiten noch für Voodoo oder Zaubertricks oder ähnlichen Unsinn. Und auch mit Ausreden konnte man ihr nicht kommen.
    Aber, Herrgott, wie sehr sie es hasste, ihren Vater leiden zu sehen.
    Lily ergriff seine Hand. Sie war eiskalt. »Erzähl es mir doch einfach, Howard«, ermutigte sie ihn. »Sag mir, was dich so sehr bedrückt.«
    Seine klamme Hand zuckte in ihrer. »Damit würde ich dich in Gefahr bringen.« Seine Stimme war ein kaum vernehmbares Flüstern. Sie musste sich zu ihm vorbeugen, um ihn zu verstehen. »Sie hören zu, Lily. Sie hören immer zu. Wenn ich es dir sagte, würden sie es wissen. Und dann würden sie Jagd auf dich machen.« Howards kratzige Worte gingen in ein abgehacktes Husten über. Seine Augen zuckten nach rechts, dann nach links. »Sie würden mich töten. Sie würden uns beide töten.«
    Sie tätschelte seine Hand. »Nein, das werden sie nicht. Nicht hier«, beschwichtigte sie ihn. »Hier bist du in Sicherheit.« Sie bezahlte weiß Gott genug dafür.
    Howards Haare fielen erneut nach vorn. »Nein. Es gibt keinen sicheren Ort«, beharrte er. »Du bist mein kleines Mädchen, Lily. Das kann ich dir nicht antun. Ich trage die Verantwortung für dich. Das war der Grund für … für alles.«
    Sie krümmte sich innerlich.
Verantwortung
, ausgerechnet. Wegen seiner Drogenexzesse fühlte sie sich seit ihrem elften Lebensjahr wie eine Vollwaise.
Denk nicht daran, Lily
.
    »Ich bin nicht mehr klein, Howard«, sagte sie zu ihm. »Ich kann auf mich aufpassen.«
    »Glaube das nur nicht. Niemals. Wir schweben noch immer alle in Gefahr. Magda hat mich gewarnt. Sie hat gesagt, dass sie zuhören. Selbst jetzt noch, nach all den Jahren.«
    »Magda?« Der Name sagte Lily nichts. Tatsächlich hatte sie keine Ahnung, ob Howard noch von anderen Menschen als ihr Besuch bekam. Er hatte sich schon vor Jahrzehnten vom Rest der Welt isoliert. »Wer ist Magda?«
    »Magda Ranieri. Sie haben sie umgebracht«, wisperte er.
    Lily verspürte ein unheilvolles Kribbeln im Kreuz, das rasch ihren Nacken heraufwanderte. Ihr Vater bekam Besuch aus dem Totenreich. Kein gutes Zeichen.
    »Howard? Was redest du?«
    Er verstärkte den Druck seiner Hand und presste ihre Finger schmerzhaft zusammen. »Magda hat versucht, sie zu stoppen«, sprudelte es aus ihm heraus. »Sie wollte meine Hilfe, aber ich hatte zu viel Angst, Lily. Um dich. Wir haben versucht, Beweise zu beschaffen, aber sie kamen uns auf die Schliche.«
    »Beweise wofür?«
    »Für das, was ich getan hatte – für ihn. Aber ich schwöre, Schätzchen, ich hatte keine Ahnung, was er plante. Ich wusste nicht, dass er ein … ein Dämon ist. Als ich es endlich realisierte, war es zu spät. Ich musste an dich denken, und er …«
    »Er? Wer ist
er
?« Ihre Stimme wurde schärfer. »Und wer zum Kuckuck ist diese Marta Ranieri?«
    »Du darfst den Namen nicht so laut sagen«, zischte er mit unerwarteter Schärfe. Dann bebten seine Lippen von Neuem. »Sie haben sie umgebracht, Lily. Vor meinen Augen. Sie haben sie totgeschlagen. Sie haben mich
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