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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache
Autoren: Shannon McKenna
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erhielt Lily aus dieser Richtung keine Unterstützung. Es waren immer nur sie und Howard gewesen. Oder Dad, wie sie ihn früher genannt hatte, bevor …
    Bevor was? Diese Frage quälte sie bis heute. Es war nicht immer so gewesen. In ihren guten Zeiten hatte ihr Vater als Forschungsarzt gearbeitet, der als eine Koryphäe auf dem Gebiet künstlicher Befruchtung galt. Er war ein miserabler Koch und ein noch schlechterer Hauswirtschafter, aber man konnte so viel Spaß mit ihm haben. Er war klug und lustig.
    Sie hatten sich sehr nahegestanden, waren ein Herz und eine Seele gewesen. Howard und Lily, das Comedy-Duo. Sie vertrieben sich die Samstagnachmittage damit, klassische Horrorstreifen zu gucken, Karten zu spielen und chinesisches Essen zu bestellen. Sonntags machten sie Picknicks im Park mit Sandwiches aus dem Feinkostladen, Mint-Milano-Keksen und Apfelsaft.
    Lily war etwa zehn, als plötzlich alles den Bach runterging. Ihr Vater hörte von einem Tag auf den anderen auf zu arbeiten und saß stattdessen betrunken vom Bourbon nur noch in seinem Bademantel zu Hause herum. Es wurde noch schlimmer, als härtere Drogen ins Spiel kamen. Manchmal wachte sie nachts auf und sah ihn mit tränenüberströmtem Gesicht vor ihrem Bett knien. Es hatte sie jedes Mal wieder zu Tode erschreckt.
    Lily trug sich ins Besucherbuch ein, dann ging sie zum Verwaltungsbüro, wo sie ihren monatlichen Bestechungsscheck gegen ihre schlimmsten Ängste ausstellte. Sie redete eine Weile belangloses Zeug mit den Angestellten, dann fiel ihr kein Grund mehr ein, wie sie noch mehr Zeit schinden könnte, darum begab sie sich zum Aufzug und fuhr in den vierten Stock hoch, wo Howards Abteilung untergebracht war.
    Der vierte Stock war bewacht. Sie tauschte ein Lächeln mit dem Sicherheitsmann. Er sperrte die Tür auf und ließ sie ein.
    Sie wich zurück, als Howards Zimmertür aufging und Miriam, eine seiner Krankenschwestern, herauskam. Sie war nicht gerade Lilys Favoritin, auch wenn ihre Antipathie gegen die Frau vielleicht nicht ganz fair war. Miriam Vargas, eine hellhäutige Südamerikanerin, war schön wie ein Model, mit vollen Lippen und einem Körper, der selbst in der formlosen Schwesterntracht sexy aussah. Doch das war es nicht, was Lily an ihr nervte. Miriam war einfach zu quirlig für ihren Geschmack. In ihrer Gegenwart fühlte sie sich wie ein kaltherziges Biest, weil ihr die freundliche Lebhaftigkeit der Schwester so sehr gegen den Strich ging, aber sie konnte es nicht ändern.
    Miriam lächelte sie mit ihren spektakulären Zähnen strahlend an. »Hallo, Lily! Wie geht’s Ihnen?«
    »Ganz gut.« Lily versuchte, das Lächeln zu erwidern. »Wie geht es ihm?«
    Miriams Miene wurde ernst. »Er war die letzten paar Tage ein wenig aufgewühlt. Ich werde mit Dr. Stark darüber sprechen, sobald er eintrifft. Es könnte sein, dass wir seine Medikamente neu dosieren müssen. Aber ich bin sicher, er wird sich freuen, Sie zu sehen! Sie werden ihn bestimmt aufmuntern!«
    Sehr witzig. Aber Lily würde diese Behauptung heute unkommentiert lassen. Sie seufzte tief und trat ein. Das Zimmer war freundlich eingerichtet und bot einen hübschen Ausblick über das am Waldrand gelegene Grundstück, aber Howard erfreute sich nicht an der schönen Aussicht. Stattdessen kauerte er auf dem Bett, umklammerte beide Knie und wiegte sich vor und zurück.
    Lilys Alarmglocken begannen zu schrillen. Dieses obsessive Schaukeln war schon oft Vorbote eines Suizidversuchs gewesen.
    »Howard?«, sprach sie ihn sanft an.
    Er schaute auf. Sein blasses, ausgemergeltes Gesicht war tränenüberströmt.
    »Kannst du mir jemals vergeben, Lily?«, fragte er.
    Sie verkniff es sich, die Augen zu verdrehen. Howard konnte eine schnoddrige Reaktion von ihr auf seinen jämmerlichen Gemütszustand nicht gebrauchen. Sie setzte sich neben sein Bett.
    »Ich habe dir bereits vergeben.« Sie fragte sich, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach. Woher sollte sie das wissen, solange ihre wahren Gefühle verschüttet waren?
    Ach, zur Hölle damit. Es kam der Wahrheit zumindest sehr nahe. Sie hatte Howard vergeben. Es war die Entscheidung einer höheren Macht gewesen, bei der Gefühle keine Rolle spielten. Hier ging es nicht um Demokratie, sondern um Kriegsrecht.
    Trotzdem schüttelte ihr Vater den Kopf. »Nein. Das könntest du niemals, wenn du Bescheid wüsstest.«
    Sie seufzte in sich hinein. »Bescheid worüber? Stell mich auf die Probe.«
    Howards strähniges graues Haar war so lang geworden, dass
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