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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache
Autoren: Shannon McKenna
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auf ihren Laptopbildschirm. Das Schlingern des Taxis in den Kurven machte sie nervös, doch sie riss sich zusammen. Die Übelkeit war unangenehm, aber wenn sie den Laptop zuklappte, würde sie daran denken müssen, was ihr bevorstand – und wie sie sich dabei fühlte.
    Lieber würde sie ihren Kopf mit psychologischen Texten vollstopfen, bis nicht einmal mehr Platz für einen flüchtigen Gedanken war. Außerdem blieben ihr nur vier kurze Tage, um den Stoff von sechs Jahren in der Diplomarbeit abzuhandeln, an der sie gerade schrieb. Ein beachtliches Pensum, aber der Typ, der sie als Ghostwriterin angeheuert hatte, hatte ihr die geforderten fünfzig Prozent Vorschuss – Gott sei Dank – an diesem Morgen übergeben, darum stand sie nun in der Pflicht. Mit diesem Honorar plus dem anderen Geld, das sie zusammengekratzt hatte, indem sie die Nebenkosten für ihre Wohnung nicht überwiesen und nur das absolute Minimum auf ihre überzogenen Kreditkartenkonten einbezahlt hatte, war es ihr gelungen, die monatliche Gebühr für Aingle Cliff House, Howards Privatklinik, aufzubringen. Lily konnte nur hoffen, dass sie nicht zu ungeplanten Ausgaben wie U-Bahn-Tickets oder Lebensmitteleinkäufen genötigt sein würde, bis weitere ausstehende Honorare eintrudelten. Doch sobald sie das täten, müsste sie sowieso schon wieder haushalten, um die Ausgaben für den nächsten Monat decken zu können. Lily wusste nicht, welche Vorräte sich noch in den dunklen Ecken der Speisekammer verbargen, doch sie würde noch diese Woche Bekanntschaft mit ihnen schließen. Und wozu sollte sie mit der U-Bahn fahren? Sie wohnte in Manhattan. Sie konnte laufen. Ihren Schenkeln würde die Bewegung guttun.
    Sie zwang ihre Aufmerksamkeit zurück auf den Monitor. Der Trick bestand darin, ihr Hirn permanent beschäftigt zu halten, so wie einen Stift, der sich nicht von einem Blatt Papier lösen durfte. Wenn sie doch nur vergessen könnte, dass sie einen Körper hatte. Wäre sie doch nur eine Dunstwolke, dann wären manche Dinge erheblich leichter, wie zum Beispiel das Einsparen von Lebensmitteln. Ihr lästiger Körper war das Medium, durch das sich Gefühle bemerkbar machten. Sie konnte sich schon seit ihrem zehnten Lebensjahr keine Gefühle mehr leisten, nur hatten diese bis heute nicht kapiert, dass sie nicht willkommen waren.
    Welch eine Ironie, dass sie nun diese Abschlussarbeit ausgerechnet in Psychologie schrieb. Es war wie ein Crashkurs über die Mechanismen des menschlichen Gehirns. Sie konnte es sich eigentlich nicht erlauben, über solches Zeug genauer nachzudenken. Ebenso wenig wie zum Beispiel über die Tatsache, dass ein Kerl promovieren würde, der eine andere Person dafür bezahlte, an seiner Stelle zu studieren, seine Prüfungen für ihn zu absolvieren, seine Hausarbeiten und seine Abschlussarbeit zu schreiben – und das dank Lily vermutlich sogar cum laude –, bevor er sich eine Tätigkeit im Bereich Psychologie suchte, womöglich Diagnosen stellte und schlimmstenfalls sogar Menschen behandelte.
    Und sie, Lily Parr, hatte dieses Szenario überhaupt erst ermöglicht.
    Dumm gelaufen. Sie verscheuchte diese Gedanken. Sie hatte es sich nicht freiwillig ausgesucht, es war einfach passiert und zum Selbstläufer geworden. Jetzt gab es kein Zurück mehr, zumindest so lange nicht, wie sie für Howard sorgen musste. Die Welt war nun mal ein beschissener Ort, und es tat ihr zwar leid, aber ethische Bedenken waren ein weiterer Luxus, den sie sich nicht leisten konnte.
    Es war immer noch besser, als Banken auszurauben oder mit Drogen zu dealen.
    Bei der letzten Arbeit, die sie gegen Honorar geschrieben hatte, war es um Ethik gegangen. Aber immerhin war es eher unwahrscheinlich, dass ein falscher Ethiker einem Menschen Schaden zufügen konnte, wenn er auf die Welt losgelassen würde. Zumindest das war ein kleiner Trost.
    Monat für Monat musste sie neben ihren drastisch abgespeckten Lebenshaltungskosten elftausend Dollar aufbringen für die Fachleute, die versprochen hatten, ihren Vater rund um die Uhr mit Argusaugen zu bewachen, um sicherzustellen, dass er sich nichts antat.
    Vor Aingle Cliff hatte sie ihren Vater in verschiedenen weniger teuren Einrichtungen untergebracht gehabt, aber jedes Mal war es ihm gelungen, sich Zugang zu Tabletten zu verschaffen und sie zu schlucken. Gott allein wusste, wie. Seit vier Jahren lebte er nun in Aingle Cliff, wo sie ihn bisher unter Kontrolle hatten. So weit, so gut.
    Man konnte die Situation nicht wirklich als
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