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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache
Autoren: Shannon McKenna
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gekommen war, wie sehr sie sich abrackern musste, um für seine Pflege aufzukommen. Sie hatte es ihm nie unter die Nase gerieben.
    »Geh einfach. Komm nicht zurück. Vergiss all das hier. Vergiss mich. Bitte.« Von Schluchzern geschüttelt begann er abermals, sich vor- und zurückzuwiegen.
    »Nun?«, blaffte Miriam. »Sie haben ihn gehört! Gehen Sie! Sofort!«
    Geschockt und erzürnt sprang Lily auf. »Nein, das werde ich nicht tun. Ich bin hier, um mit meinem Vater zu sprechen, und ich verlange Privatsphäre!«
    »Verlangen Sie, was Sie wollen«, gab Miriam zurück. »Während meiner Schicht trage ich die Verantwortung für ihn, und daran halte ich mich! Sie werden jetzt gehen! Auf der Stelle!«
    Lily wandte sich zu Howard um und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Howard …«
    »Nein! Tu das nicht!« Stöhnend und zuckend schüttelte er ihre Hand ab.
    Entschlossenen Schrittes marschierte Miriam zum Bett. Noch ehe Lily kapierte, was geschah, hatte sie Howard schon eine Spritze in den Arm gestochen und den Kolben nach unten gedrückt. Er versteifte sich, dann sackte er kraftlos in sich zusammen.
    »So«, verkündete Miriam mit unverhohlenem Triumph. »Jetzt kann er sich ausruhen.«
    Lily war entsetzt. »Wie können Sie es wagen?« Ihre Stimme überschlug sich. »Ich arbeite mir Monat für Monat den Arsch ab, um für diese Klinik zu bezahlen!«
    »Das ist nicht mein Problem. Sie können sich gern bei meinem Chef beschweren, aber ich werde noch heute einen Bericht schreiben und schildern, wie Sie Ihren Vater vor meinen Augen drangsaliert und ihn absichtlich aus der Fassung gebracht haben!«
    Lily klappte die Kinnlade auf. »Drangsaliert? Wir haben uns nur unterhalten …«
    »Verschwinden Sie! Sofort!«, befahl Miriam. »Andernfalls werde ich Sie unter Gewaltanwendung nach draußen eskortieren lassen! Und bilden Sie sich bloß nicht ein, ich würde bluffen!«
    Lily starrte die Frau mit brennenden Wangen an. Dann sah sie zu Howard, der zusammengekrümmt auf der Seite lag. Er atmete pfeifend durch den Mund. Der Blick seiner halb geöffneten Augen war benommen, wie im Drogenrausch, so wie Lily es schon oft in ihrem Leben gesehen hatte. Er hatte sich an einen sicheren Ort geflüchtet und sie allein in der Kälte zurückgelassen. Genau wie früher.
    Sie hätte der blöden Kuh am liebsten den Hals umgedreht, weil sie den einzigen wahrhaftigen Moment zerstört hatte, den sie seit Jahren mit ihrem Vater gehabt hatte. Aber das würde zu nichts führen. Howard hatte sich zurückgezogen. Er würde heute nicht mehr ansprechbar sein. Was sollte es also bringen? Sie konnte ebenso gut den offiziellen Weg gehen und sich beschweren. Das wäre zudem würdevoller. Sollte keine angemessene Reaktion erfolgen, würde sie Howard in eine andere Einrichtung verlegen lassen.
    Miriam stieß sie vor sich her zur Tür der Station, schubste sie hindurch und knallte sie ihr vor der Nase zu.
    Lily blieb wie vom Donner gerührt stehen, während der Wachmann sie mit einem seltsamen Blick taxierte. Zum Aufzug. Immer einen Fuß vor den anderen setzen. Sie wollte sofort Beschwerde einlegen, doch sie war so wütend und erschüttert, dass sie wie eine hysterische Idiotin wirken und es vermasseln würde. Es war besser zu warten, bis sie sich beruhigt hatte.
    Ohne ein Wort zu irgendjemandem marschierte sie durch die Lobby und hinaus ins Freie. Die späte Sommersonne schien völlig fehl am Platz. Die vielen Insekten und Vögel, die zirpten und zwitscherten, das Rauschen des Windes, die Äste, die sich darin wiegten, wirkten fast provozierend friedvoll. Lilys Körper war angespannt wie eine Bogensehne.
    Als wäre die nervliche Belastung nicht schon groß genug, einen selbstmordgefährdeten Drogenabhängigen zum Vater zu haben. Nun kamen auch noch Geister, ominöse Warnungen und kryptische Bitten hinzu. Und eimerweise Blut. Mordlüsterne Ganoven, die es auf Howard und auch auf Lily abgesehen hatten. Es war gespenstisch.
    Sie hätte nicht gedacht, dass sich Howards Zustand noch verschlechtern könnte, aber er hatte ihr nie zuvor so viel Angst gemacht wie an diesem Tag. Sie brauchte Abstand, sonst würde sie selbst den Verstand verlieren. Im Gegensatz zu ihrem Vater hatte sie keine Verwandten, die sich freiwillig in einen finanziellen Würgegriff begeben würden, um ihr eine hübsche, sichere Einrichtung zu spendieren, wo sie in Ruhe verrückt sein konnte. Nein, sie würde ihr Leben als Wahnsinnige damit fristen müssen, wirres Zeug zu faseln und in
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