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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache
Autoren: Shannon McKenna
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Mülltonnen nach Lebensmitteln zu suchen. Keine verlockende Vorstellung.
    Lily zitterte am ganzen Körper. Sie wollte sich wie ein verwundetes Tier unter einem Busch verkriechen. Der Himmel kam ihr so leer und seltsam bedrohlich vor.
    Sie kannte die Nummer des Taxifahrers nicht. Sie hätte sich seine Karte geben lassen sollen. Theoretisch konnte sie zurück in die Lobby gehen und darum bitten, dass man ihr ein Taxi rief, doch dafür wären mentale Aufgeräumtheit, soziale Fähigkeiten und ein Mindestmaß an Ruhe erforderlich gewesen, die sie schlichtweg nicht besaß. Die andere Option bestand darin, sich auf die kleine Mauer zu hocken und vierzig Minuten zu warten.
    Sie schaute zum vierten Stock hoch. Miriam stand an einem der Zimmerfenster und starrte nach unten. Dabei sprach sie in ein Handy.
    Dabei ging es um Lily, ohne Zweifel. Vermutlich telefonierte sie mit ihrem Vorgesetzten, um ihm von dem Vorfall zu berichten und Lily als hysterische Ziege hinzustellen, die die Situation zu verantworten hatte. Lily verdrängte den Gedanken. Sie litt an übersteigerter Paranoia.
Die ganze Welt ist hinter mir her, alle haben sich gegen mich verschworen, um mich zu zerstören
.
    Nein, diese Gedanken würde sie nicht zulassen – selbst dann nicht, wenn sie wahr wären.
    Noch immer mit dem Handy am Ohr schaute Miriam weiter nach unten. Der Spiegeleffekt des doppelt verglasten Fensters verbarg ihren Gesichtsausdruck, trotzdem bildete Lily sich ein, die Feindseligkeit der Frau sogar noch über diese Distanz hinweg zu spüren.
    Sie stand auf und schlenderte über das Grundstück, begleitet von einem vagen Gefühl der Schutzlosigkeit unter diesem leeren Himmel. Als könnte jeden Moment ein Raubvogel mit messerscharfen Krallen herabschießen, um sie in Stücke zu reißen.
    Sie haben sie umgebracht, Lily. Vor meinen Augen. Sie haben sie totgeschlagen. Sie haben mich gewarnt, dass du die Nächste sein würdest …
    Eine Welle der Übelkeit erfasste sie. Sie musste sich an einem Ast festhalten bei der Vorstellung, es könnte auch nur die leiseste Chance bestehen, dass Howard tatsächlich … nein.
    Diese Möglichkeit durfte sie noch nicht einmal in Erwägung ziehen. Das war der Weg, der in den Wahnsinn führte. Sie verfügte nicht über die Mittel, um zwei Verrückte zu finanzieren. Andererseits zermarterte sie sich seit Jahren das Hirn, was Howards Zusammenbruch herbeigeführt hatte. Wieso sollte ein normaler, erfolgreicher, relativ glücklicher Mensch plötzlich vor Verzweiflung durchdrehen? Von einem Tag zum nächsten …
    So etwas passierte nicht. Nicht ohne einen Auslöser. Aber den Mord an dieser Magda mitansehen zu müssen … das würde es erklären.
    Doch ihr Wunsch nach einer logischen Erklärung war ebenfalls eine Falle. Lily war auf der Hut vor solchen Fallen, sie misstraute allem und jedem. Sogar ihren eigenen Gedankengängen.
    Am Ende des akkurat gemähten Rasens ging das Grundstück in einen Wald über. Ein eisiges Frösteln in ihrem Nacken drängte sie dazu, hineinzurennen, sich zu verstecken und auf dem Boden in Deckung zu gehen. Es war ein alberner Impuls. Sie hatte kein Faible für die Natur, außerdem war niemand hinter ihr her. Die Welt schenkte ihr nicht viel Beachtung, und genau so wollte sie es haben. Sie flog unter dem Radar. So gut wie niemand wusste, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, und ihre Kunden waren zwangsläufig extrem diskret. Sie arbeitete zu viel, um eine Menge Leute zu kennen – mit Ausnahme von Nina und ein paar verärgerten Männern von ihren seltenen Ausflügen in die Welt des Datings.
    Sie schaute nach oben. Miriam stand noch immer am Fenster und telefonierte.
    Es war ihr peinlich, hier herumzulungern wie ein Hund, den man vor die Tür gesetzt hatte, weil er auf den Teppich gepinkelt hatte, während diese schreckliche Frau sie beobachtete. Sie musste von hier verschwinden. Jetzt sofort. Zu Fuß. Zum Glück trug sie Turnschuhe. Sie konnte sich nicht verlaufen, wenn sie sich parallel zur Straße hielt und am Verkehrslärm orientierte. Ein Waldspaziergang war exakt das Richtige, um einen klaren Kopf zu bekommen. Es sei denn, ein Raubtier mit gefährlichen Reißzähnen würde sie fressen, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass in den Wäldern New Yorks Bären, Pumas oder Wildscheine lauerten. Zudem würde sie sich die zehn Dollar für das Taxi sparen und die Peinlichkeit umgehen, dem Fahrer kein Trinkgeld geben zu können. Das gesparte Geld könnte sie anschließend in ein Abendessen
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