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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm
Autoren: Mirinda Jarrett
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sich den Hocker, der zufällig neben ihr stand, und ließ ihn so kräftig sie konnte auf Rogers Brust niedersausen. Roger ging die Luft aus, und schließlich musste er Demaris loslassen.
    Sie sprang auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Salzige Tränen brannten in dem Riss an ihrer Wange. Sie hatte geweint und es nicht einmal bemerkt! Während sie noch mit dem Türschloss kämpfte, hörte sie Roger hinter sich auf dem Boden stöhnen.
    Sie musste unbedingt Jonathan finden! Sie hatte gehört, dass man ihn „nach unten“ bringen wollte, nur wo war „unten“ bei einem Schiff?
    Sie riss die Tür auf und rannte zu der schmalen Stiege, die sie hoffentlich zum Unterdeck und zu Jonathan führen würde. Hinter sich hörte sie Roger erst ihren, dann Grahams Namen rufen.
    Eine Hand an dem Tau, das als Treppengeländer diente, und die Füße schon auf den schmalen Stufen, schaute sie angstvoll noch einmal zurück, um festzustellen, ob jemand das Rufen gehört hatte. Dabei vergaß sie, sich zu ducken, und als ihr Kopf gegen den Eichenbalken schlug, versank sie sofort im schwarzen Nichts.
    „Wisst Ihr das ganz genau, van Vere?“, fragte Jonathan und blickte dem holländischen Kapitän ins Gesicht. Tief unten im Laderaum, wo sie alle zusammen eingesperrt waren, fiel das einzige Licht durch die mit einem Gitter abgedeckte und mit einem Vorhängeschloss gesicherte Luke zum Zwischendeck. „Dieser Graham ist wirklich derjenige, der Mistress Allyns Ehemann umgebracht hat?“
    „Gewiss. Einen Mann mit nur einem Ohr kann man nicht verwechseln“, antwortete van Vere verbittert, und seine Mannschaft murmelte zustimmend. „Und ich muss ihm gleich zweimal über den Weg laufen! “
    „Weshalb habt Ihr den Bastard nur nicht in Newport angezeigt?“, fragte Jonathan. „Die Küstensegler der Marine hätten ihn doch innerhalb eines Tages geschnappt.“
    „Ach, Kapitän Sparhawk, Ihr vergesst, dass nicht alle von uns so standhafte, aufrechte Engländer sind.“ Van Vere lachte nicht besonders überzeugend, dazu tat ihm seine demolierte Lippe viel zu weh.
    „In meinem Geschäft ist es am ratsamsten, einen großen Bogen um die Marine Eurer Majestät zu machen“, meinte er. „Und was hätte es auch der hübschen Mistress Allyn eingebracht? Ihr Ehemann wäre davon nicht wieder lebendig geworden, ihr wäre das Gold entgangen, das sie mit meinen Weinen und Brandys einnimmt, und sie wäre Euch nie begegnet. Für sie wäre das jedenfalls kein so gutes Geschäft gewesen. “
    Seufzend fuhr sich Jonathan mit den Fingern durchs Haar. „Also steht Ihr nun heute Nacht auf meiner Seite oder nicht?“, fragte er ungehalten.
    „Das ist etwas ganz anderes, Kapitän Sparhawk“, erklärte van Vere in einer überraschend scharfen Tonlage. „Jetzt hat Graham mich beraubt, und ich will meine ,Hendrijkje‘ zurückhaben.“
    „Gut.“ Jonathan lehnte sich gegen die Schottwand zurück. Da van Vere nunmehr einen persönlichen Grund zum Kämpfen hatte, konnte man ihm wohl vertrauen. Außerdem erinnerte sich Jonathan daran, wie gewandt sich der Holländer an jenem Abend am Strand von Nantasket bewegt hatte. „Ich verfüge über sechs Männer aus meiner alten Mannschaft, auf die ich mich verlassen kann. Mit Euren zehn haben wir eine Chance.“
    „Und die kleine Witwe.“ Van Vere beugte sich näher heran. Das spärliche Licht aus der Gitterluke an der Decke fiel auf sein blondes Haar. „Sie ist ehrenwert und arglos, was bei einer Frau selten ist. Ich gebe zu, ich habe sie böse geplagt, und trotzdem hat sie mich immer gerecht behandelt. Ich will, dass sie unversehrt nach Nantasket zurückkommt. Ich weiß ja nicht, wozu Ihr sie benutzt habt, Sparhawk, doch falls „Ich habe sie gebeten, meine Ehefrau zu werden. Reicht Euch das als Antwort?“
    Alle hörten die Tritte auf dem Deck über ihren Köpfen, und Jonathan zog sich weiter in den Schatten zurück, als die Silhouette eines Mannes über dem Lukengitter erschien.
    „Käpt’n Sparhawk, Sir?“, flüsterte Tom Cooke unsicher. „Ich habe den anderen gesagt, sie sollen sich heute Nacht bereit halten.“
    „Guter Junge.“ Jonathan erhob sich, schob die Finger durch das Gitter und schaute zu Tom hoch. „Konntest du feststellen, wo man Mistress Allyn verstaut hat?“
    „Jawohl, Sir. Achtern hinter der Kombüse.“
    Obwohl ihm alle Männer zuhörten, gelang es Jonathan nicht, die Dringlichkeit und seine Sehnsucht aus seiner Stimme herauszuhalten. „Geh zu ihr, Tom, und richte ihr Folgendes
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