Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Titel: Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
der Hand. Das verdammte Ding musste mir beim Anziehen aus der Tasche gefallen sein.
    Stefan machte einen Schritt rückwärts. »Um Himmels willen«, sagte er.
    »Ich hab’ mir das Schicksal immer als ein leichtfüßiges Tier vorgestellt«, sagte Rosi und drehte die Pistole gedankenverloren in der Hand. »Wie eine große Raubkatze. Es lauert dort hinten in der Ecke und wartet, was passiert. Könnt ihr es nicht sehen?«
    »Rosi, ich weiß nicht, wo du das Ding herhast«, sagte Stefan mit leisem Zittern in der Stimme. »Aber du legst es jetzt auf der Stelle aus der Hand. Das ist kein Spiel.«
    »Nein«, stimmte ihm Rosi zu und packte die Pistole ganz fachmännisch um den Knauf. »Das ist kein Spiel. Das Schicksal spielt keine Spiele.«
    Auf einmal hatte ich schreckliches Mitleid mit unserem Kielschwein, wie es dort saß, die Schultern nach vorne hängen ließ und uns aus blutunterlaufenen Augen anstarrte. Es war meine Schuld – warum hatte ich die blöde Pistole auch hier liegengelassen!
    »Komm schon, Rosi«, sagte ich und ging auf sie zu. »Es ist Zeit, ins Bett zu gehen.«
    Aber da kehrte das Leben in Rosi zurück.
    »Keine Bewegung!«, schrie sie und sprang für ihre Verhältnisse erstaunlich behende auf die Bank. »Komm nicht näher, oder ich sehe mich gezwungen, auf dich zu schießen.«
    »Lass den Quatsch, Rosi!«, sagte ich und wollte ihr die Pistole aus der Hand reißen. Aber Rosi war schneller.
    Sie sprang von der Bank auf den Tisch und zielte mit dem Lauf auf meine Brust.
    »Keinen Schritt näher«, sagte sie. »Ich mag dich, Mädchen, aber die Pistole lass ich mir nicht wegnehmen. Glaubst du, dem Schicksal ist sie aus Versehen aus der Tasche gefallen? Glaubst du das? Nein, Mädchen, das Schicksal kennt kein Versehen.« Sie wischte sich mit der freien Hand über die Stirn. »Fred? Fred! Komm da raus, du alter Schnarchsack.«
    Die Pistole war natürlich mir aus der Tasche gefallen, nicht dem Schicksal, aber in diesem Augenblick konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass das Schicksal tatsächlich in einer Ecke kauerte und uns mit grausamen Raubtieraugen zuschaute. Es war höchste Zeit, dieser absurden Situation ein Ende zu bereiten.
    Auch auf die Gefahr hin, nass zu werden, wollte ich hervorschnellen, um Rosi die Pistole aus der Hand zu reißen. Aber Stefan umfasste mich von hinten mit beiden Armen und zerrte mich zurück zur Treppe.
    »Das ist nicht der richtige Augenblick, Mut zu beweisen«, zischte er mir ins Ohr. »Sie kann dich erschießen. Sie weiß nicht, was sie tut. Sie ist völlig von Sinnen.«
    »Ach Blödsinn«, sagte ich, aber Stefan hielt mich weiter an sich gepresst. Seine Arme waren wie Schraubstöcke.
    »Rosi, bitte leg die Pistole weg«, sagte er sanft. »Bitte.«
    Aber Rosi dachte nicht daran.
    »Fred! Komm raus! Du hast ein Rendezvous mit dem Schicksal!«, schrie sie.
    Die Kabinentür öffnete sich, und Fred steckte sein schlaftrunkenes Gesicht in den Salon. »Was ist denn, Rosi? Bist du wieder mal besoffen?«
    »Raus da!«
    Fred blinzelte ins Licht. Er trug einen weinroten Seidenpyjama mit eingesticktem Monogramm und sah sehr schmächtig und klein aus. Seine Miene war mieslaunig wie immer. Erst als er vor dem Tisch stand, veränderte sie sich abrupt. Jetzt sah er so verblüfft aus, dass ich beinahe laut gelacht hätte.
    »Was zum Teufel …«, stammelte er.
    »Rosi«, sagte Stefan. Es klang verzweifelt.
    »Bleibt, wo ihr seid, und rührt euch nicht von der Stelle«, befahl Rosi. »Dann passiert euch auch nichts. Das ist eine Sache zwischen Fred und mir.«
    »Was soll das?«, stotterte Fred. »Wo hast du die Waffe her?«
    »Das Schicksal«, sagte Rosi. »Das Schicksal hat sie mir in die Hand gedrückt, und jetzt flüstert es in mein Ohr: Erschieß den Scheißkerl. Erschieß ihn!«
    »Du weißt ja nicht, was du tust«, rief Fred. »Du gehörst doch in eine geschlossene Anstalt.«
    »Ja, aber vorher bringe ich dich unter die Erde«, entgegnete Rosi.
    Ich machte einen erneuten Versuch, mich von Stefan loszumachen, aber er hielt mich fest an sich gepresst.
    »Mach keinen Unsinn«, flüsterte er. »Rühr dich nicht.«
    »Aber«, begann ich. Dann verstummte ich. Was soll’s?, dachte ich. Wenn ich Rosi die Pistole wegnehme, dann erschlägt sie Fred womöglich mit der Pfanne. Außerdem genoss ich es, Stefan so nahe zu sein.
    »Ihr seid ja noch wach«, sagte eine Stimme von oben. Es war Rebecca.
    »Bleib, wo du bist«, sagte Stefan warnend. »Lauf und hol Hilfe. Rosi hat eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher