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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig
Autoren: Wildis Streng
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dunklere, »und das hier ist Blutwurst. Willst du probieren?« Zu Lisas großem Entsetzen schnitt er die Wursthaut auf und presste mit der Gabel eine Masse heraus, die ihr doch nun wenig appetitanregend erschien. Sie schluckte und wandte sich wieder ihrer Bratwurst zu. »Vielleicht nachher«, murmelte sie und biss in ihr Bauernbrot.
    »Ich glaub, dass die Irina eine ganz Arme ist«, kehrte die Blonde zu ihrem vorherigen Gesprächsthema zurück.
    »Wieso?«
    »Ach! Der Schönste war der Siegler ja gerade nicht. Und man soll ja nicht schlecht über Tote reden, aber ein ziemliches Arschloch war er auch.«
    »Na, na!«, tadelte ihr Mann, der sich bisher noch gar nicht zu Wort gemeldet hatte.
    »Ist doch wahr. Oder fandest du den etwa sympathisch? Tu doch nicht so scheinheilig.«
    »Irgendwas Konkretes?«, wollte Heiko wissen.
    Die Frau zuckte wie erwartet die Achseln. »Nö. Nix Bestimmtes. So allgemein halt.« Eine Pause entstand, in der Heiko konzentriert Wurstmasse aus der Wursthaut presste und Lisa sich krampfhaft auf ihren eigenen Teller konzentrierte. »Habt ihr schon mit dem Wimmer Andreas gesprochen?«, fragte die Blondine nun. Die Ermittler horchten auf.
    »Wer ist das denn?«
    »Einer vom Dorf. Der hat gemeint, er müsse der Polizei noch was Wichtiges sagen.«
    »Ah ja? Wisst ihr, um was es geht?«
    »Nein, nicht wirklich.«
    »Und wo finden wir diesen Andreas Wimmer?«, fragte Lisa weiter.
    »Beim Rotkäppchen«, antwortete die Rothaarige.
    »Wie bitte?«
    »Er und seine Frau helfen beim Rotkäppchen und beim bösen Wolf.«

    Lisa und Heiko aßen etwas eilig ihr Hohenloher Fastfood zu Ende, weil sie doch recht gespannt auf das waren, was ihnen dieser Andreas Wimmer mitzuteilen hatte. Kurze Zeit später war das hohenlohisch-westfälische Ermittlerteam auf der Suche nach dem Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Seltsamerweise hatten die Leute aufgehört, ständig umherzuwandern, und hatten sich alle einen Platz gesucht, einige hatten sich sogar auf der kleinen Wiese oberhalb des Weges niedergelassen und starrten gebannt in die Richtung der ersten Hügel. »Was ist denn jetzt los?«, wunderte sich Lisa und Heiko sah auf die Uhr. Es war fast neun. Wie hatte er das vergessen können. »Gleich kommt das Bengalische Feuer«, erklärte er seiner Freundin. »Das was?«, hakte Lisa fassungslos nach.
    »Das Bengalische Feuer. Das ist schön, du wirst sehen.« Mittlerweile hatte die Dunkelheit die Landschaft ganz eingehüllt. Immer noch zirpten letzte Sommergrillen, und in der Ferne leuchteten die Märchenfiguren, ganz so, als befände man sich in einem surrealen Traum, der so berauschend war, dass einem die Luft wegblieb, aber durchaus nicht unangenehm, sondern positiv. Von irgendwoher ertönte nun Musik, einige wenige Akkorde, und gleichzeitig flammten auf den Hügeln rote Fackeln auf, die sofort die ganze Umgebung in rotes gleißendes Licht hüllten. Hätte man die Musik alleine gehört, so hätte man sie für durch und durch nichtssagend befunden. Hier jedoch war die Kombination einfach unübertrefflich. Die laue Sommernacht, Hunderte, nein Tausende von Menschen, Zehntausende von Lichtern, das rote Feuer und dazu die Musik. Und über allem die Sterne, die nur in Hohenlohe so schön waren, denn außer dem Lichterfest gab es momentan keine andere Lichtquelle hier. Dazu kam noch ein weißgrauer Nebel, der von den Bengalischen Lichtern aufstieg und alles einhüllte, als befände man sich tatsächlich in einem Märchenland. Die Musik änderte sich nicht, es handelte sich immer um dieselben paar Akkorde, minutenlang, und trotzdem waren alle von dem zauberhaften Flair so ergriffen, dass sie, auch die beiden Kommissare, einfach nur stehen blieben und zusahen. Nach etwa fünf Minuten verloschen die Fackeln nacheinander, und das Publikum spendete euphorisch Applaus. Heiko nahm Lisa an der Hand und zog sie weiter, immerhin hatten sie ein Rotkäppchen zu suchen.

    Sie mussten nicht lange suchen, denn das Gelände war zwar riesig, aber dennoch gut überschaubar. Kaum hatten sie die Kurve passiert, erblickten sie das Rotkäppchen mit einem weißen bösen Wolf, der leider oder auch zum Glück so gar nicht böse, sondern viel eher ziemlich lieb wirkte. Heiko überstieg das Absperrband und stand daraufhin mitten in der Wiese. Lisa folgte ihm zögerlich und hoffte, dass ihre hellen Sandalen nicht allzu viel Dreck abbekommen würden. Es war stockdunkel, und sie sahen nicht, wo sie hintraten. Einzige Orientierung waren die leuchtenden
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