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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig
Autoren: Wildis Streng
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anderen Lichterfestfigurenbetreiber sie hörte. Aufmerksamkeit wäre dem, was sie vorhatten, sehr abträglich. Vorsichtig passierten sie ein Königsschloss, dessen Anzünder sie weder hörten noch entdeckten, da eine aufkommende Windbö gleich mehrere Lichter auf einmal löschte und drei oder vier andere Becher gar in Brand setzte. Lisa fluchte leise, als sie mit dem Fuß in einem Erdloch hängen blieb und um ein Haar ihren Knöchel umgeknickt hätte. Heiko reichte ihr wortlos die Hand, strich sanft über ihren Arm und zog sie weiter vorwärts. Gut, dass sie keine Stöckelschuhe angezogen hatte. Heiko bog mehrere Zweige zur Seite, um weiterzugelangen. Sekunden später blieb er ungeschickt in einigen Brombeerzweigen hängen, und die Dornen stachen tief in sein Fleisch. Er unterdrückte einen Aufschrei und ging weiter. Lisa war immer noch hinter ihm. Mittlerweile war der Mond hinter einer Wolke vorgekommen, und sie konnten den Waldboden besser erkennen. Jedoch war ihnen klar, dass auch sie so besser zu erkennen waren, also zogen sie sich noch zwei Meter hinter den Waldrand zurück, als Orientierung flammte zwischen den Gehölzen und kleinen Bäumen immer wieder die Pilzlandschaft auf. Als Nächstes mussten sie an einer Szene mit ›Hans im Glück‹, der diverse Tiere hinter sich herzog, vorbei. Heiko trat auf einen Zweig, welcher daraufhin knackte, und der Mann, der gerade dabei war, ein Schweineohr anzuzünden, drehte sich stirnrunzelnd um. Lisa und Heiko duckten sich tiefer hinter einen Schlehenbusch, um kurze Zeit später, als der Mann offenbar sicher war, sich getäuscht zu haben, weiterzuschleichen. Sie mussten nun besonders leise und behutsam vorgehen, da die nächste Station tatsächlich Holderberg gehörte. Die Pilze. Bereits jetzt konnten sie den Mann schemenhaft ausmachen. Wieder eine Unebenheit im Waldboden, die Lisa straucheln ließ, wieder fing Heiko sie auf. Sie waren noch etwa zehn Meter von Holderberg entfernt und sahen ihn jetzt, wo der Mond die Szenerie erhellte, deutlicher. Heiko bedeutete Lisa, dass sie hierbleiben sollte, während er sich um die Figur herumschleichen wollte. Auf diese Weise könnten sie den Verdächtigen in die Zange nehmen. Lisa war das nur recht, und sie beobachtete, wie Heiko sich geschickt weiter seinen Weg durch das Dickicht bahnte, seltsamerweise ohne groß Geräusche zu verursachen. Und obwohl er sich relativ flink bewegte, war das Ganze so aufreibend, dass es Lisa vorkam, als bewege ihr Freund sich in Zeitlupe von ihr weg. Sie sah zu Holderberg hinüber, der offenbar außerstande war, irgendetwas wahrzunehmen. Er schien völlig versunken in das Instandhalten seiner Figur. Heiko hatte ihn nun rückseitig passiert und schlich noch ein paar Meter weiter. Lisa beobachtete, wie Holderberg mit seinem Stabfeuerzeug hingebungsvoll eine Kerze anzündete. Kaum zu glauben, dass ein solcher Mann ein Mörder sein sollte. Heiko hatte sich inzwischen postiert. Er suchte Lisas Blick, was nur deshalb möglich war, weil sich ihre Augen inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und sie nicht mehr ganz so orientierungslos wie zuvor waren. Er hielt drei Finger hoch und zählte rückwärts. Und bei null liefen sie los. Sie rannten nicht, aber sie bewegten sich leise und zügig. Und doch war ihnen klar, dass sie nicht ewig unentdeckt bleiben würden, selbst bei aller Hingabe Holderbergs. Denn auf der Wiese federte der Boden, und früher oder später würde Holderberg die Erschütterungen spüren, egal, wie leichtfüßig sie sich bewegten. Momentan kamen sie absolut gleichmäßig voran. Und so leise wie möglich. Sie näherten sich dem Mann, der immer noch wie ein Zauberer, der in seinem Trank rührte, an seinem Gestell hantierte, als eine aufkommende Sommerbrise mehrere Lichter auf einmal löschte. Schließlich waren sie vielleicht noch drei Meter entfernt, und noch immer hatte der Verdächtige sie nicht gesehen. Heiko ging noch einen Schritt und postierte sich dann hinter Holderberg. Der war inzwischen unterwegs nach rechts, da dort ein Lichtlein ausgegangen war. Endlich sagte Heiko: »Herr Holderberg? Wir hätten da etwas mit Ihnen zu besprechen.« Und dann ging alles ganz schnell. Holderberg fixierte ihn kurz, ließ dann das Feuerzeug fallen, ging vollends um seine Figur herum, verfolgt von Heiko, aber was dann geschah, damit hatte Heiko nicht gerechnet. Der Mann stieß das Gestell nach hinten um, und zwar in die Richtung, in der Lisa stand. Lisa stieß einen Schrei aus, und Holderberg
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