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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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    Córdoba, im Jahre 978
     
    Abul Hassan eilte durch die engen Gassen Córdobas.
    Seine Djellaba, das knöchellange Gewand der Mauren, hielt er mit einer Hand gerafft, um schneller voranzukommen. Immer wieder wurde er von einem der vielen Passanten aufgehalten: Araber, Berber, Christen, Juden, Schwarze, Weiße – Córdoba war ein Schmelztiegel aller bekannten Kulturen. Eselskarren und Wasserträger manövrierten sich zwischen den Ständen und Fußgängern hindurch. Die Luft war erfüllt von den unvergleichlich sinnlichen Düften des Orients.
    In den Gassen der Stadt herrschte ein reges Leben und Treiben. In den Läden und auf den Verkaufsständen am Wegesrand türmten sich die Waren: Töpfe, Honig, Wachs, Salz, Wein, Arzneimittel, Schuhe, Kräuter, Felle und vieles mehr. Käufer feilschten lautstark mit Verkäufern, Hunde bellten. Gewürzhändler boten ihre Mischungen aus fernen Ländern feil, indische Händler ihre edlen Schmuckstücke. Dazwischen standen die unzähligen Garbräter, von deren Rosten zahllose Düfte sich mit den übrigen Gerüchen mischten.
    Abul Hassan lief vorbei an einem Färber, der in einem großen Kessel mit heißer Lösung Tücher mit einem dicken Holzstab hin und her zog, um ihnen die gewünschte Farbe zu verleihen. Er passierte Musikanten und Leimsieder und einen Barbier, der vor Zuschauern einem Mann den Zahn zog. Nichts an diesem Gewimmel interessierte ihn heute.
    Heute hatte Abul Hassan nur ein Ziel: das rabad al-raqqaquin, das Viertel der Pergamenthersteller. Je näher er ihm kam, desto ruhiger wurde es in den Straßen. Hier stellte man das Material für die rund 60.000 Bücher her, die jedes Jahr in Córdoba verfasst oder kopiert wurden – ein einsamer Weltrekord.
    Doch in der letzten Zeit liefen die Geschäfte zunehmend schleppender. Dafür gab es zwei Gründe. Der erste war eine neue Erfindung, die sich Papier nannte: ein Werkstoff, welcher ganz einfach aus alten Flachs- und Hanftüchern hergestellt werden konnte und dem teuren Pergament mehr und mehr Konkurrenz machte. Viel entscheidender war aber der zweite Grund. Und der hieß al-Mansûr.
    Er war der neue Hadjib, der Erste Minister des noch jugendlichen Kalifen Hischam und damit der eigentliche Herrscher des Kalifats. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger war al-Mansûr ein Krieger und kein Gelehrter. Er liebte die Macht mehr als die Bücher und steckte sein Geld lieber in weitere berberische Söldner als in die Bibliothek.
    Keuchend erreichte Abul Hassan das Tor der Dufthändler. Er verlangsamte seine Schritte, um nicht die Aufmerksamkeit der Berbersoldaten auf sich zu ziehen, die um das Tor herumlungerten und es bewachten. Es waren kriegerische Gestalten, mit dunklen Vollbärten und tief gebräunter, von zahllosen kleinen Falten durchzogener Haut. In den goldverzierten Gürteln, die sie um ihre Djellabas geschlungen hatten, steckten breite Krummschwerter, die das Licht der untergehenden Sonne reflektierten.
    Abul Hassan bemühte sich, so unauffällig wie möglich den Platz vor dem Tor zu überqueren. Die Berbersöldner waren unberechenbar. Seitdem sie in immer größerer Zahl in die Stadt strömten, waren die Straßen unsicherer geworden. Ihre Willkür war überall bekannt, und al-Mansûr ließ sie gewähren. Sie bildeten die Machtbasis, auf die er sich stützte.
    Diesmal ging alles gut. Abul Hassan verschwand im Gassengewirr des Pergamentviertels. Nach wenigen Minuten blieb er vor der Tür eines schmalen Hauses stehen. Er klopfte gegen das Holz, erst einmal, dann dreimal kurz nacheinander, dann zweimal in größerem Abstand. Als hätte jemand hinter der Tür auf ihn gewartet, ging diese sofort einen Spaltbreit auf.
    Ein Paar Augen inspizierte ihn, bevor sich die Tür ganz öffnete.
    »Endlich!« Im dunklen Flur stand ein Mann, der Abul Hassan höchstens bis zur Schulter reichte. Auch er war in eine Djellaba gekleidet, obwohl er eindeutig kein Maure war.
    »Lass mich ein, Ramiro.« Abul Hassan drängte an dem Mann vorbei in den Flur. »Ist García da?«
    Ramiro schloss schnell die Tür. »Seit einer Stunde schon. Wir waren bereits in Sorge, dir sei etwas zugestoßen.«
    »Ich bin aufgehalten worden.« Abul Hassan ging zielstrebig den Flur entlang, bis er einen großen Raum erreichte, in dem ein weiterer Mann an einem grob gehauenen Holztisch saß. Er war jünger als die beiden anderen und trug keine Djellaba, sondern eine Hose und ein weit geschnittenes Hemd. Er sprang auf, als er den Neuankömmling erblickte.
    »Gibt es
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