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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig
Autoren: Wildis Streng
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wenn man einen Parkplatz bekommen wollte, der einigermaßen in der Nähe des Festes war. Er holte Lisa pünktlich um halb acht in Onolzheim ab. Die Nächte im späten August waren in Hohenlohe zwar lau, allerdings deutete sich unterschwellig eine leichte Herbstkühle an, die vor allem nachts zum Tragen kam. Lisa hatte schon einige Male beim Sitzen im Biergarten ein Kleid getragen und war etwas später bibbernd dagesessen. Diesmal hatte sie vorgesorgt und trug enge rote Jeans und ein weißes Top. Sie wirkte wie ein verspätetes 90er-Jahre-Mädel, aber durchaus im positiven Sinne. Heiko ließ sie einsteigen und drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Die Nacht war wunderbar. Grillen zirpten sogar hier in der Stadt, vielmehr auf dem Dorf, die Sonne spendete letztes, bereits goldenes Licht und überflutete die friedlichen Häuser. Sie fuhren über Altenmünster nach Ingersheim, durchquerten den Stadtteil Kreuzberg und befanden sich endlich auf der Landstraße nach Goldbach. Auf den Hügeln um das kleine Dorf konnte man schon die ersten Kerzen brennen sehen, aus der Entfernung und wegen der relativen Helligkeit waren allerdings noch keine Einzelheiten auszumachen. Schon jetzt ließ sich aber erkennen, dass dort eine besondere Stimmung herrschen musste. Heiko drückte das Gaspedal durch, und der M3 raste die Straße entlang. Lisas blonde Mähne flog im Fahrtwind, und für einen Moment schloss sie die Augen und genoss einfach die Situation. Sekunden später sahen sie im letzten Sonnenlicht die Autos aufblinken, es mussten Hunderte Autos sein, die auf den Feldern westlich des Dorfes parkten. Die beiden stellten den Wagen im Feld ab, was Heiko nur zähneknirschend tat. Und dann läutete sein Handy. Er verdrehte die Augen, gerade jetzt war die Störung mehr als unwillkommen. Das Display zeigte eine Kressberger Nummer an, worauf er sich zunächst keinen Reim machen konnte. Er nahm das Gespräch an. »Ja?«
    »Grüß Gott, Herr Kommissar, hier Sauer.« Heiko erinnerte sich. Die Frau vom See. Sie wirkte recht aufgeregt, bürgerlich-beflissen. Und sie sprach tatsächlich Hochdeutsch.
    »Sie, mir ist da noch was eingefallen. Und zwar hab ich am Samstagabend ein blaues Moped am Fischerheim stehen sehen. Ich hab gedacht, das sei Schrott, aber jetzt ist es weg und …«
    »… können Sie das Moped näher beschreiben?«, unterbrach Heiko den Redeschwall der Frau.
    »Blau war es, recht klein, fast ein Mofa. Und wie gesagt, ich hab gedacht, es wär Müll, also ziemlich alt und klapprig.«
    »Und wann ist das Moped wieder verschwunden?«, forschte Heiko weiter.
    »Meine Mutter sagt, sie hätte die Woche noch kein Moped gesehen, und ihr Zimmer liegt genau in die Richtung.«
    »Also kann es sein, dass das Moped am Samstagabend wieder verschwunden ist?«
    »Kann sein, aber das kann ich jetzt nicht beschwören.«
    Heiko nickte, obwohl das die Frau am Telefon nicht sehen konnte, eine Angewohnheit von ihm, die Lisa geradezu umwerfend niedlich fand. »Danke, Frau Sauer. Vielleicht hilft uns das weiter.«

    Sofort rief Heiko auf dem Revier an und gab eine Suche nach Leuten mit blauen Mopeds in Auftrag. Wobei er schon so eine Idee hatte, um wen es sich handeln könnte, und deshalb bat er den Kollegen am Telefon, erst einmal Manuel Koch und Bernd Hintermann abzuchecken. »Das kann aber dauern, wir haben Wochenende«, meinte der Mann am anderen Ende der Leitung, und es klang etwas lethargisch. »No dreht eich halt aweng«, meinte Heiko unwirsch und beendete nach einem gemurmelten »Jaja« von der anderen Seite das Gespräch.

    Ein Gutes hatte die Lethargie des unbekannten Kollegen: Sie konnten nun guten Gewissens aufs Lichterfest. Also folgten sie endlich mit Hunderten anderen Menschen im Pulk der Hauptstraße, die nach Goldbach hineinführte. Am Ortseingang prangte ein Spruchband über der Straße, das die Gäste zum 52. Goldbacher Lichterfest willkommen hieß. Die Leute waren zwar leger gekleidet, trotzdem konnte man die Wichtigkeit des Festes daran spüren, dass alle durchaus ansprechend angezogen waren. Einige Damen hatten sich sogar in Schale geworfen und trugen luftige Sommerkleider. Nur eines gab es selten: Wer nämlich einmal auf dem Lichterfest hohe Schuhe angehabt hatte oder es aus Eitelkeitsgründen gar mit High Heels versucht hatte, der tat dies genau ein einziges Mal. Denn beim ersten Mal stellte man fest, dass flaches, festes Schuhwerk beim Lichterfest definitiv besser war, Eitelkeit hin oder her. Immerhin musste man beim
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