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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig
Autoren: Wildis Streng
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»3.000 Provision für den Siegler.«
    »Hier auch«, meinte Lisa und deutete auf eine Seite in einem anderen Ordner. »Das ist halt ungünstig für die Leute«, gab Heiko zu bedenken. »Aber dass deshalb jemand wirklich ruiniert ist, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.« Lisa pflichtete ihm bei. Das waren eher Lappalien, Gaunereien. Ob das für einen Mord reichte, war fraglich. Heiko hatte mit einem Mal eine Idee. Er stöberte in seinem Handy und fand endlich eine Nummer. Dann drückte er die Wahltaste und sagte kurze Zeit später: »Herr Waller, sagen Sie mal, wie viel hat denn der Verein für den See bekommen? Ah. So. Ja, danke.« Er legte auf, sah Lisa an und sagte: »15.000.«
    »Starkes Stück!«, befand Lisa und schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Das heißt, er hat den Rest eingestrichen«, stellte Heiko fest.
    »Hm.«
    »Hm.«
    »Wenn nun Steidle davon erfahren hat?«, spekulierte Lisa.
    »Steidle kann es nicht gewesen sein«, erinnerte Heiko.
    »Ein Auftragsmord von Steidle?«, schlug Lisa vor.
    »Stimmt, in Crailsheim in der Stadt gibt es Unmengen Auftragskiller, quasi an jeder Ecke.«
    »Dann Waller?«
    »Der würde uns wohl kaum selber das Motiv liefern«, hielt Heiko dagegen. »Das heißt, wir sind wieder da, wo wir waren.«

    Sie beschlossen, die Arbeit an dieser Stelle abzubrechen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Eine heiße Spur hatten sie nicht, und heute Abend war sowieso Hallenfest auf dem Weipertshofener Flugplatz, das würde sie vielleicht auf andere Gedanken und frischen Wind in den Fall bringen.

    Es handelte sich um keinen Flugplatz im eigentlichen Sinn. Das heißt, schon. Aber um einen sehr kleinen Flugplatz, dessen Start- und Landebahn sogar von einer Landstraße in zwei Hälften geteilt wurde. Lisa und Heiko parkten den Wagen auf einer Wiese, die neben dem Flugplatzgelände gelegen war, und liefen die kurze Strecke zur Flugzeughalle, die heute nicht zum Abstellen von Flugzeugen, sondern eher als improvisierte Gastwirtschaft genutzt wurde. Eine Band spielte Schlagermusik, und Lisa stellte mit einigem Entsetzen fest, dass man offenbar spontane Rundflüge mit einem Segelflieger, einem Motorsegler und einem Helikopter unternehmen konnte. Das war mal genau das Richtige für ihre Höhenangst. Heiko blieb einfach vor dem Schild stehen und musterte es eingehend, Lisas Gezerre an seiner Hand gänzlich ignorierend. Er machte das so lange, bis schließlich ein älterer Herr, der ein Shirt mit der Aufschrift ›SFG Crailsheim‹ trug und lässig an einem Medikopter lehnte, sie ansprach: »Da kann man sich ruhig trauen. Da passiert nix!«
    Heiko grinste. »Na, ich bin da eh gleich dabei. Aber die da« – er wies mit dem Kopf auf Lisa – »hat immer solchen Schiss.« Lisa zog ihre Augenbrauen zusammen, sodass sich wieder diese entzückende kleine Steilfalte zwischen ihren Augen bildete, und widersprach trotzig: »Hab ich gar nicht.«

    Zehn Minuten später verfluchte Lisa ihre kindische Protestaktion. Hätte sie mal ruhig zugegeben, dass Heiko recht hatte, dass sie nämlich ziemlichen Schiss hatte, denn das war ja keine Schande. Aber nun gab es kein Zurück mehr und sie saß in einem Flugzeug. Nicht in einem Motorsegler, sondern in einem richtigen Segelflugzeug. Voller Misstrauen und mit einem ganz flauen Gefühl im Bauch beobachtete sie den Mann, der das Stahlseil von einem kleinen Wagen herunterzog und irgendwo vorne am Flugzeug einhängte. Soweit Lisa erkennen konnte, führte das Seil zu einem Lkw, auf dem so etwas wie eine riesige Kabeltrommel stand. »Siehst du, das ist die Winde«, erklärte Heiko und deutete auf die riesenhafte Kabeltrommel. Lisa schluckte, was Heiko, der vor ihr in der ersten Reihe saß, nicht sehen konnte. Während sie sich noch fragte, wer denn eigentlich das Ding fliegen sollte, stieg der Mann, der ihnen den Flug verkauft und soeben das Seil eingehängt hatte, ein und setzte sich auf den Pilotensitz. Der relativ beleibte Mann quetschte sich nur mit Mühe auf den Sitz, welcher verdächtig ächzte. »So, jetzt geht’s los«, meinte er, und während Lisa überlegte, ob sie womöglich noch aussteigen könnte, holperte die kleine Maschine auch schon über die Grasnarbe der Startbahn. Der Segelflieger beschleunigte, wurde schneller, und schließlich spürte Lisa einen gewaltigen Ruck, und dann sah sie nur noch Blau. Sie brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass es das Blau des Himmels war, was sie da sah. Tiefblau. Und sie war auch nicht mehr in der
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