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Firkin 05 - Fahrenheit 666

Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666
Autoren: Andrew Harman
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Kontrolle zu behalten. Der ›V-Raum‹ wurde nämlich immer voller, und aufgrund der vielen zerebralen Voyeure, die an die ›Oberfläche‹ gehen wollten, wuchsen die Chancen enorm, bei der Rückkehr in den Körper eines anderen Teufels einzutreten. Die Fahrkarten ermöglichten den Lotsen der Voyeurverkehrskontrolle (VVK), daß jeder einzelne genau beobachtet werden konnte.
    Flagit hatte sich dort schon einmal aufgehalten; ein verdunkelter Raum mit einer riesigen schwarzen Kugel in der Mitte, die von winzigen Lichtpunkten und unzähligen Ziffern übersät war, die auf der Oberfläche hin und her huschten. Jede einzelne Ziffer stand für das Hauptbewußtsein eines auf Urlaub befindlichen Dämons, das durch alle anderen hindurch vorsichtig direkt in den eigenen Körper zurückgeleitet werden mußte.
    Die dämonische Seele war im unkörperlichen Zustand völlig hilflos. Entriß man sie ihrem Körper, hatte sie in Helian keine Chance, den Rückweg zu finden. Jedenfalls nicht ohne fremde Hilfe.
    Aber Flagit kannte einige hinterhältige Tricks, wie dies zu umgehen war. Schließlich hatte er in der Gesellschaft für Transzendentalreisen mbH lange genug gearbeitet, um zu wissen, daß man, wenn man aufpaßte und das meiste von sich zurückließ, nach Wunsch alles in Besitz nehmen und trotzdem unversehrt zurückkehren konnte.
    Bislang hatte er immer nur jeweils zwei Fünftel seines Bewußtseins am zerebralen Voyeurismus teilnehmen lassen, und bis heute war seine Spur auf der Kugel der Voyeurverkehrskontrolle auch noch nie aufgespürt worden. Folge war allerdings, daß die einzigen Wesen, die er in Besitz nehmen konnte, über einen noch geringeren Intellekt als den einer liebestollen Mauereidechse verfügen mußten, der man zuvor das Kleinhirn entfernt hatte.
    Doch jetzt lehnte er sich erst einmal entspannt zurück und beobachtete, wie die endlosen Korridore von Cranachans labyrinthartigen Gedärmen in facettenartig zusammengesetzten Bildern an ihm vorbeihuschten. Diesesmal diente der kleine Ausflug allerdings nicht ausschließlich Flagits so dringend benötigter Entspannung, denn heute hielt er nach etwas ganz Bestimmtem Ausschau. Nach etwas, womit er den Hals aus Nabobs schraubstockähnlichem Griff retten könnte.
    Plötzlich spürte er, wie eine Welle der Verstimmung durch die Fühler der Obstfliege schwappte, und er saß mit vor Erwartung zitternden Nüstern kerzengerade da. Verstimmung war nach Flagits Ansicht durchaus etwas Positives. Auch wenn das alte Sprichwort, daß der Teufel in der Not Fliegen fresse, durchaus zutreffen mag, so ist es doch eine unumstößliche Tatsache, daß die Unterwelt bei weitem nicht alle Urheberrechte am Einfallsreichtum der wirklich Zukurzgekommenen in den Händen hält. Selbst dem hartgesottensten Exorzisten würden die Knie weich werden, wenn er die Greuel sähe, die selbst von dem sanftmütigsten aller Lämmer begangen werden können, wenn es schlechte Laune hat. Nur wenige Leute wissen das.
    Während er sich erwartungsvoll die Klauen rieb, begann er seine mentale Rundreise, und die Obstfliege flog durch die offene Tür der Kapelle von Sankt Nimmerlein hindurch, stieß durch den Eingang zur Sakristei herab, ließ sich am Rand eines schon lange nicht mehr benutzten Kerzenhalters nieder und starrte mit für Insekten ungewohnter Neugier auf die im Dunkeln kauernde Gestalt.
    Mit einem begierigem, unheilige Leidenschaft widerspiegelndem Grinsen schlug Pfarrer Götz von Öl der Dritte die Schrift Telepenetranz leichtgemacht zu und bereitete sich innerlich auf den ersten Versuch mentalsuggestiver Gedankenübertragung vor.
    Er war sich sicher, alles verstanden zu haben; immerhin hatte er die Schrift fünfmal von vorn bis hinten durchgelesen. Trotzdem schlug er vorsichtshalber das Kapitel mit dem Titel ›Die Macht des Geistes über die Säugetiere: Erste Streifzüge mit Nagetieren‹ erneut auf und las es noch einmal durch, wenngleich er mit den Gedanken längst in der Zukunft war. Wenn er doch nur schon vor dreißig Jahren etwas darüber gelesen hätte, dann wäre die Kapelle von Sankt Nimmerlein längst aus allen Nähten geplatzt, weil sich eifrige Kirchgänger auf alles gestürzt hätten, was nach Psalmen roch, sie hätten nach Katechismen geschrien, nach der heiligen Lehre verlangt und sich um den Besitz einer eigenen Bibel regelrecht geprügelt.
    Etwa eine Stunde später, sein Schädel platzte fast vor unterdrückter Begeisterung, stürmte er aus der Sakristei hinaus (gefolgt von einer
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