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Firkin 05 - Fahrenheit 666

Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666
Autoren: Andrew Harman
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zum Exorzieren?«
    Für den Dämon Alhf sollten sich die nächsten anderthalb Stunden als die reinste Hölle erweisen.
     
    Auf der anderen Seite der schneebedeckten Gipfel des ansonsten unberührten Talpa Gebirges schlängelte sich etwas, das aussah, als wäre ein etwa dreihundert Meter langer, unter Inkontinenz leidender Drache vorbeigekommen; eine schäumende Landmasse nämlich, die sich selbst Cranachan nannte.
    Und tief im Innern von Cranachans labyrinthartigen Gedärmen konnte man gerade einen schweren Seufzer hören, angereichert mit Niedergeschlagenheit und alkoholisierten Untertönen.
    Pfarrer Götz von Öl der Dritte zog aus einer Flasche Abendmahlswein, dessen gesegnetes Haltbarkeitsdatum längst abgelaufen war, unbeholfen den Korken heraus, schenkte sich erneut einen riesigen Kelch randvoll ein und ließ sich mit griesgrämigem Blick in dem nach Rattendreck miefenden Chaos der Sakristei nieder. Aus dem Dunkel stießen die zuckenden Schnauzhaare einer Ratte hervor, die erbärmlich quiekte, um von dem schimmeligsten aller Blauschimmelkäse wenigstens ein kleines Stück abzubekommen.
    Pfarrer Götz von Öl seufzte erneut schwer, während das Käsestück im hohen Bogen durch die Dunkelheit flog, das sofort geschnappt und gleich darauf gierig verschlungen wurde. Auf diesem winzigen Stückchen eines vermoderten Molkereiprodukts beruhten alle seine Hoffnungen, stets eine Gemeinde zu haben, vor der er eine Predigt halten konnte – Hoffnungen, die ihn wenige Stunden später in Form von winzigen schwarzen Rattenkotkugeln heimzusuchen pflegten.
    Da die Kapelle von Sankt Nimmerlein noch nie von einem Gläubigen aufgesucht worden war, der darin beten wollte, stand Götz von Öl nach fünfzig Jahren noch immer mit leeren Händen und völlig psalmlos da.
    Dabei war der Pfarrer vor einem halben Jahrhundert noch überschwenglich optimistisch gewesen, doch hatte er sich rasch mit der religiösen Einstellung der Cranachaner abfinden müssen, um sich fast gleichzeitig durch logisches Denken der Wahrheit zu nähern, warum bis heute noch nie jemand zum Beten gekommen war. Nach seinem Dafürhalten lag es noch nicht einmal daran, daß die Cranachaner schlichtweg an nichts glauben wollten, was man nicht sehen oder berühren und mit dem man sich schon gar nicht unterhalten konnte, sondern einzig und allein an der Tatsache, daß sie nicht genügend Zeit zur Besinnung hatten, um sich dem religiösen Glauben zu widmen. Zur besseren Veranschaulichung dieses Umstands bemühte er immer wieder ein typisches Beispiel aus dem Leben einer cranachanischen Durchschnittshausfrau: Die ersten Minuten des Tages macht sie sich vor, daß der leichte Schauer aus Nordosten lange nicht so schlimm wie der gestrige Dauerregen sei, verbringt die nächsten Stunden damit, sich immer wieder einzureden, auf dem Weg zum Markt nicht überfallen und ausgeraubt zu werden, um irgendwann über jenen besagten Markt zu schlendern, gequält von dem Gedanken, fest darauf vertrauen zu müssen, genügend Geld in der Tasche zu haben, um eine ausreichende Menge Steckrüben für sich und ihre Kinder kaufen zu können. Den Rest des Abends gaukelt sie sich und ihrer Familie vor, daß die Steckrübensuppe a) das leckerste Essen aller Zeiten sei, um nach einer kurzen Untersuchung des Portemonnaies zu verkünden, daß es b) für den ganzen Rest der Woche als Festmahl dienen müsse – tja, für Gottvertrauen und andere luxuriöse Dinge war da wirklich kein Platz mehr.
    Dies ließ sich auch ganz exakt an der Größe der Gemeinde ablesen, die regelmäßig die Kapelle von Sankt Nimmerlein aufsuchte.
    Die allwöchentliche Anzahl getreuer Kirchgänger konnte man an den Fingern des rechten Armstumpfs eines verurteilten Diebs abzählen.
    So ging das bereits seit einem halben Jahrhundert, und wäre Pfarrer Götz von Öl der Dritte nicht mit stillem Wasser getauft worden und mit Ruhe und Frieden gesegnet gewesen, und hätte er das Wort ›Koller‹ nicht ganz bewußt aus seinem Wortschatz gestrichen, dann hätte ihn jetzt das kalte Grausen gepackt, und er hätte in monatelangen Wutanfällen Kerzenständer an die Wand geworfen.
    Weshalb er sich heute abend besonders niedergeschlagen fühlte, konnte er nicht sagen; vielleicht lag es am Wein, vielleicht am Wetter oder auch einfach nur daran, daß er sich langweilte. Nach fünf Jahrzehnten mit sich allein, einem Dutzend Kerzenständern und ein paar Ratten als Gesellschaft gehen einem mit der Zeit die Gesprächsthemen aus.
    Wenn er
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