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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett
Autoren: Taavi Soininvaara
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gemacht hatte, und dessen Folgen zu vergessen?
    Schon bald tauchte der Käfer durch die Toreinfahrt ihres Hauses in der Korkeavuorenkatu und rollte auf den Innenhof, Nelli eilte nach Hause, und Ratamo schloß das Verdeck. Er hörte hinter sich Bremsen quietschen und sah, wie der Student, der am Ersten Mai die Motorsäge benutzt hatte, sein Fahrrad im Ständer abstellte. Der junge Mann grüßte ihn gutgelaunt, und Ratamos Laune besserte sich.
    Die etwa zwei Meter hohe Standuhr im Flur schlug zur vollen Stunde, als Ratamo seine Schlüssel auf den Spiegeltisch im Flur warf und auf die Küche zusteuerte. Er wollte Fajitas, Nellis neues Lieblingsessen, zubereiten, das war einfach und ging schnell. Er klapperte in den Küchenschränken und suchte zusammen, was er dafür brauchte, dann unterbrach die Klingel an der Tür seine Arbeit. »Nelli, mach mal auf!«
    Die Tür klappte zu, Ratamo hörte das Kratzen der Hundepfoten auf dem Dielenfußboden, wußte, daß Ketonen gekommen war, und griff nach der Kaffeepackung.
    »Wie geht es hier so?« sagte Ketonen zur Begrüßung an der Küchentür.
    »Es geht mir wie dem Mann der Witwe in der Nachbarschaft. Es dauert bestimmt noch ein paar Tage, bis man sich von dem Zeitunterschied erholt hat.«
    Ketonen setzte sich an den alten Bauerntisch und betrachtete Ratamo, der aussah wie das Gebet eines Schlafenden.
    »Das waren wohl nicht gerade die schönsten Augenblicke des Lebens dort in Dexters Haus?«
    Ratamo strich sich über seine Bartstoppeln und überlegte, was er sagen sollte. Das Böse in Eamon O’Donnell würde nicht verschwinden, wenn man darüber redete. »Wollen wir nicht später einmal darüber reden? Es kann gut sein, daß das FBI und die Holländer noch zusätzliche Fakten zu alldem herausfinden.«
    »Was von beidem ist die größere Bedrohung für die Demokratie, der Terrorismus oder die Tatsache, daß man beim Kampf gegen den Terrorismus die Gesetze vergißt?« Ketonen sah Ratamo an, daß der tatsächlich noch Zeit brauchte, um die Belastungen der Reise und der Ermittlungen allmählich abklingen zu lassen. »Hör mal, Junge. Ich wollte dir ein kleines Geschenk zu meinem Abschied machen«, sagte er mit ernster Miene. »So klein ist es aber gar nicht.«
    Ratamo war überrascht, fast gerührt. Ketonen wollte doch nicht etwa an der Schwelle zu seiner Pensionierung sentimental werden? Dann fiel ihm ein, daß der Chef möglicherweise auch seine anderen Kollegen am Ende der Woche auf Arbeit bedacht hatte.
    »Du bekommst meinen Hund«, sagte Ketonen, »Marketta ist allergisch. Ansonsten muß …«
    »Rede keinen Blödsinn. Wer soll sich bei uns um sie kümmern? Ich bin auf Arbeit, und Nelli … schafft es nicht, sich längere Zeit für irgend etwas zu interessieren«, appellierte Ratamo an seinen Chef, erinnerte sich allerdings nur zu gut, daß er vor Jahren Nelli einen Hund gewissermaßen versprochen hatte. Doch damals war sie dann auf die Idee gekommen, Geige zu spielen, und das Betteln um einen Hund geriet in Vergessenheit.
    »Toll. Sie kann in meinem Zimmer schlafen«, jubelte Nelli und stürzte sich auf die alte Hundedame, um sie zu streicheln.
    Ratamo zögerte immer noch, er fürchtete, daß nach Nellis erster Begeisterung das morgendliche Gassi-Gehen an ihm hängenbleiben würde. Obwohl das eigentlich auch egal war, dann würde er sich wenigstens mehr bewegen. »Ich weiß nicht …«
    Ketonen räusperte sich, und seine starre Miene sagte, wie wichtig ihm die Bitte war. »Ich habe dir auch im Laufe der Jahre manchen kleinen Gefallen getan.«
    Damit bekäme auch Nelli gleichzeitig ein neues Hobby, vielleicht würde es ihr guttun, wenn sie sich um den Hund kümmern müßte, sagte sich Ratamo. »Das hast du ohne Zweifel. Gut, aber du wirst ja wohl manchmal als Kindermädchen für den Hund kommen können.«
    Ketonens Miene leuchtete auf wie ein Eimer voll Petroleum. »Wenn es sein muß, jeden Tag.«
    Im selben Augenblick wurde Ratamo klar, wie sehr sich seine Wohnung für die Unterbringung von Musti eignete. Ketonen und Marketta wohnten nur ein paar hundert Meter entfernt, also könnte der Chef seinen Hund so oft begrüßen, wie er wollte. »Du trinkst sicher einen Kaffee.« Ratamo schaltete die Maschine ein, ohne eine Antwort abzuwarten, und setzte sich neben Ketonen. Auf dem Tisch lag ein Stapel Zeitungen und Post, der einen halben Meter hoch war und darauf wartete, wie ein Fisch ausgenommen zu werden.
    Nelli kraulte den Hund, ihre Tätowierung war immer noch zu sehen, obwohl
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