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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett
Autoren: Taavi Soininvaara
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Tänzerin Arulmoli Biswasi in ihrem Salvarkamiz-Hosenanzug zuckte anmutig mit den Hüften. Die schönen, kunstvoll fließenden Bewegungen interessierten die etwa zwanzig Freunde des Biers nicht sonderlich, deren stiere Blicke aus geröteten Augen das wippende Hinterteil der Frau verfolgten.
    In die Zitar-Musik mischte sich der Ruf »Der Start ist geglückt!«. Jussi Ketonens Abschied wurde im Restaurant Herttua gefeiert, weil die Gaststätte in Herttoniemi nach Meinung von Mikko Piirala, der die Feier organisiert hatte, das einzige Restaurant in Helsinki war, in dem man Pferdewetten abschließen konnte. Die indische Tänzerin war für diesen Auftritt engagiert worden, weil Ketonen Yoga trieb und Piiralas Bemühungen, eine Yoga-Vorführung zu buchen, gescheitert waren. Die Tänzerin Biswasi stammte aus Indien, genau wie Yoga, und das genügte Piirala.
    Jussi Ketonen fühlte sich wohl und genoß den Abend, er hantierte so begeistert wie ein Teenager mit den Wettscheinen und hätte beim Finish auf der Zielgerade während des fünften Rennens beinahe seine Hosenträger zerrissen. Er hatte viel verloren, doch dann gewann »Bouletten-Expreß« das sechste Rennen, und Ketonen hatte einen Zweiereinlauf; mit dem Gewinn von hundertzwanzig Euro würde er mühelos den ganzen restlichen Abend spielen können.
    Kein SUPO-Mitarbeiter bemerkte, daß Ratamo ins Restaurant kam und seine Jacke an der Garderobe abgab. Er wurde erst entdeckt, als er an den Tresen trat. Ein Kollegenach dem anderen kam zu Ratamo und tauschte mit ihm Neuigkeiten aus, und alle wunderten sich über sein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift »Tanz Foxtrott oder stirb!«. Auch Seppo Liimatta, der Chef der Antiterroreinheit, war aus dem Ausland zurückgekehrt.
    Es war sieben Uhr abends, Ratamos Maschine war vor einer Stunde gelandet. Er überlegte, ob die Quittung für die Taxifahrt von zu Hause zum Restaurant bei der Reiseabrechnung akzeptiert werden würde; er mußte ja wohl zumindest die Sachen wechseln. Nachdem der Streß nachgelassen hatte, betäubte die Müdigkeit seine Gedanken noch gründlicher als vorher. Doch die zweite Atlantiküberquerung innerhalb von drei Tagen hatte seine innere Uhr so total durcheinandergebracht, daß es ihm noch lange Zeit nicht gelingen würde, richtig zu schlafen. Die Ermittlungen kamen ihm wohl oder übel in den Sinn. Warum meinten so viele Menschen, die fanatisch an ihre Sache glaubten, daß gerade ihnen alle Mittel erlaubt waren?
    Ratamo hielt Ausschau nach dem Mann, dem die Feier galt, und fand ihn an der Wand vor einem in voller Lautstärke dröhnenden Fernseher. Er sah Ketonen jetzt zum zweitenmal in seinem Leben in einer Bar; im vergangenen Sommer hatte man ihn, als Elvis verkleidet, ins Restaurant Kantis entführt, wo er Karaoke singen mußte. Vor dem Chef standen auf dem Tisch mehrere leere Gläser, er schien ein wenig betrunken zu sein, was Ratamo amüsierte. Er bestellte sich ein zweites Glas.
    »In Amsterdam scheint es krankhaft gutaussehende Frauen zu geben, in vieler Hinsicht«, witzelte Ossi Loponen, der neben Ratamo aufgetaucht war.
    Auch Ratamo lächelte. »Ich war in Den Haag, von Amsterdam habe ich nur den Flughafen gesehen.«
    »Das reicht doch«, erwiderte Loponen, bekam sein Glas und verschwand genauso unauffällig, wie er gekommen war.
    Ratamo entdeckte an einem Tisch hinter der Tanzfläche einen zur Decke strebenden schwarzen Turm, der sich als Ulla Palosuos Frisur erwies; das Haar sah noch dichter aus als sonst. Für die oberste Toupierung brauchte man wahrscheinlich eine Leiter, überlegte Ratamo. Palosuo schien sich auch in ihrer Freizeit ganz in Schwarz zu kleiden.
    Ratamo bemerkte, daß auf der Bank an der Fensterwand noch Platz war, und beschloß, sich eine Antwort auf eine Frage zu holen, die ihn schon eine Weile beschäftigte. Er setzte sich neben Ulla Palosuo und wartete darauf, daß die ihre Unterhaltung mit Saraa Lukkari beendete. »Darf man nach dem Lied fragen, das du am Anfang der Ermittlungen vor dich hin gesummt hast, es kam mir irgendwie bekannt vor«, erkundigte er sich neugierig, als sich die Gelegenheit endlich bot.
    Ulla Palosuo sah ihn prüfend an, ob er betrunken oder echt interessiert war oder sie ärgern wollte. »Das war ›Yellow Submarine‹. Ich gehöre zum Beatles-Chor von Vuosaari, habe allerdings nicht viel Werbung dafür gemacht, wir singen mit den Mädchen zusammen zu unserer eigenen Freude.«
    Jetzt durfte er nicht lachen. Ratamo hatte das Gefühl, daß Ulla Palosuo
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