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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett
Autoren: Taavi Soininvaara
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gefunden. Auch er würde seinen Platz in der langen Reihe der Nordman-Männer einnehmen und die Familientradition auf neue Art und neuem Niveau fortsetzen. Das hier war der Beginn der tatsächlichen Veränderung: Final Action würde die Weltordnung erschüttern genau wie die schlimmsten Terroranschläge der letzten Jahre, jedoch auf zivilisierte Weise, ohne Menschenopfer. Ihre Anschläge würden ein solches Klima der Angst schaffen, daß selbst jene Konzerne, die den Erdball am rücksichtslosesten zerstörten, ihre schwerwiegenden Verbrechen freiwillig beenden würden.
    »Final Action – zwingt zur Änderung«, Lasse ließ sich den Slogan der Organisation auf der Zunge zergehen; er hatte sich die Losung selbst ausgedacht. In der neuen Weltordnungwürde der Kapitalismus akzeptiert, aber gezwungen werden, die Regeln einzuhalten, die Final Action diktierte: Ein beträchtlicher Teil der Gewinne müßte für den Umweltschutz, die Verbesserung der Verhältnisse in den Entwicklungsländern und erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden. Die Ausbeutung der Entwicklungsländer und die Zerstörung der Umwelt würden überall eingestellt werden. Wenn die Unternehmen gegen die Regeln verstießen, würden sie zwangsweise zur Räson gebracht werden. Dank den Regeln von Final Action könnte sogar die Globalisierung zu guten Resultaten führen. Für alle. Die Erreichung des Ziels rückte näher. Und das war erst der Anfang.
    Jorge Oliveira unterbrach seine Arbeit, ließ die Fingergelenke knacken und dehnte die Hände. »Hier findet man alles: Marketing, Vertrieb, Produktentwicklung, Forschung, die Ölfelder, Produktionsbetriebe, Raffinerien, Kunden … In Kürze wird diese Firma nirgendwo in der Welt mehr Geschäfte machen können, und das für Wochen.«
    Die Minuten krochen langsam dahin, aber Ulrike wurde nicht ungeduldig. In ihr perlte die Freude: Sie war dabei, wenn die Aorta im Herzen von Dutch Oil aufgeschnitten wurde; im Herzen eines Unternehmens, das den Lebensraum und die Umwelt der Entwicklungsländer zerstörte und überall in der Welt die natürlichen Ressourcen der Ureinwohner ausbeutete: in den Deltaregionen des Niger, in der russischen Tundra, im Regenwald des Amazonas … Es gab für diesen Anschlag kein besseres Ziel.
    »Nur noch ein paar Minuten«, flüsterte Jorge.
    Lasse und Ulrike holten aus ihren Rucksäcken Spraydosen, schüttelten sie einen Augenblick und sprühten in meterhohen blutroten Buchstaben an die Wände der EDV-Zentrale: FINAL ACTION. Dann filmte Lasse den Ort des Anschlags mit einem Camcorder, und Ulrike fotografierte mit ihrer Digitalkamera, bis der Speicher voll war.
    Urplötzlich gingen die Lichter in der EDV-Zentrale an, die drei Terroristen erstarrten. Alarmsirenen waren jedoch nicht zu hören. Die Computer und die anderen elektrischen Geräte sprangen an, es knackte und rauschte, und dann kam Leben auf die Bildschirme. Auf einem von ihnen tauchte ein Verhandlungstisch auf, an dem Männer in dunklen Anzügen und mit ernster Miene saßen. Wörter strömten aus den Lautsprechern des Computers, jemand redete.
    Jorge regulierte die Bildschärfe und die Lautstärke. Die Öko-Aktivisten erkannten den Vorstandsvorsitzenden von Dutch Oil, Jaap van der Waal. Der offensichtlich gutgelaunte dicke Holländer sprach mit ruhiger Stimme und streichelte einen Papillon mit großen Ohren, der auf seinem Schoß lag und gähnte.
    Je mehr Versammlungsteilnehmer die drei erkannten, um so mehr wuchs ihr Erstaunen: An dem Tisch, dessen Oberfläche glänzte, saßen in trauter Eintracht die führenden Männer von vier Ölkonzernen, einem britischen, einem französischen, einem russischen und einem amerikanischen.
    »Wer zum Teufel hat das auf den Monitor geschaltet?« sagte Jorge verwundert.
    »Ist das eine Aufzeichnung?« fragte Ulrike.
    Jorge zeigte mit dem Finger auf die Uhrzeit, die unten am Bildrand lief. »Das ist live. Was zum Henker wird da geplant – mitten in der Nacht?«
    Lasse schaute unverwandt auf einen kleinen dunkelhaarigen Mann, der schweigend den anderen zuhörte. Das war keiner der Ölkönige, aber Lasse hatte das Gesicht schon irgendwann gesehen. Aber wo?
     
    Jaap van der Waal saß im Beratungsraum des Vorstands von Dutch Oil unter einem Ölgemälde von Peter Paul Rubensmit einem biblischen Motiv. Er räusperte sich, und die Konzernchefs verstummten. »Unsere nordirische Assistentin, Fräulein Cash, hat mitgeteilt, daß die Liquidierung der Physiker heute fortgesetzt wird.«
    »Der Engel des
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