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Stardoc 01 - Die Seuche

Stardoc 01 - Die Seuche

Titel: Stardoc 01 - Die Seuche
Autoren: S.L. Viehl
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1 Terra
     
    Ich wette, Hippokrates hat niemals auch nur einen Fuß in einen solchen Saustall gesetzt, waren meine Gedanken, als ich durch den schmalen Eingang der Kneipe spähte. Eid hin oder her.
    Ich befand mich in diesem Moment tief im Labyrinth der Seitenstraßen in der übelsten Gegend von New Angeles. Zudem war ich durch und durch angewidert, verängstigt und kurz davor, einfach aufzugeben. Meine vorherigen Stopps in vier anderen Kneipen hatten kein Ergebnis gebracht. Oh, sicher, ich hatte eine Menge schlüpfriger Angebote erhalten, von denen einige sogar einen Sexdroiden vor neue Herausforderungen gestellt hätten. Aus den Schatten beobachteten mich immer noch die Credit-Zocker, ihre Fernscanner griffbereit, in der Hoffnung, dass ich eine öffentliche Bank-Konsole benutzen würde. Segelschnapper hatten in der vergangenen Stunde zweimal versucht, mir im Sturzflug den Koffer zu entreißen, den ich trug. Und das am helllichten Tag , diese Geier.
    Jetzt hielt ich vor dem fünften und letzten Drecksloch auf der Kneipenmeile inne. Über dem Eingang standen, in einen halben Meter hohen, dreidimensionalen blauen Buchstaben die Worte: »Slow Lazy Sax«. Langsames, faules Sax. Einladender Name. Das einzig Gute an diesem Laden war, dass er beinahe leer war. Ich würde mir nicht erneut einen Weg durch einen Haufen Betrunkener bahnen müssen, um mich umzuschauen.
    Ich sah zwei kräftige Gestalten am Ende des Tresens stehen. Sie stritten sich knurrend und leerten dabei weiterhin zügig ihre Gläser. Der Inhaber ignorierte sie, seine Aufmerksamkeit wurde von dem Videoschirm über ihnen gefesselt. Ein verrosteter Komdroide mit einem Saxophon in den Händen hockte abgeschaltet in einer Ecke. Er musste dringend überholt werden. Weiter hinten in der Kneipe saß ein dritter Gast allein an einem Tisch, gekleidet in etwas, das wie ein Pilotenanzug aussah.
    Das erregte meine Aufmerksamkeit. Ich ging einen Schritt weiter und überquerte die Türschwelle. Der bittere Geruch ungewaschener Körper, verschütteter Getränke und verbrannten Tabaks stieg mir in die Nase. Eine riesige Schabe krabbelte an meinem rechten Fuß vorbei, um sich zu einigen ihrer Freunde zu gesellen, die um die Tische herumkrochen. Meine Haut wollte sich zusammenziehen, um dem Rauch, dem Schmutz und der Hoffnungslosigkeit hier zu entkommen.
    Die Zeit war knapp, und ich war verzweifelt. Welche Wahl hatte ich da? Also ging ich hinein.
    Ich machte den Anfang bei dem stämmigen Mann, der hinter der Bar arbeitete. Er spülte im stotternden Strahl einer Bio-Haushaltseinheit gemächlich Plastik-Becher aus. Seine Augen waren auf den Bildschirm geheftet, auf dem gerade zwei Runbacks durch Straf-Stromstöße beinahe getötet wurden.
    Er fluchte blumig, als beide Schockball-Spieler von den Sanitätern vom Feld getragen werden mussten. »Die Hohlen. Miavanna Fins ham das klar vermüllt.« Er betrachtete mich mit gelinder Überraschung. »Ay-lo – wills'n Schwenk, Frau?«
    Ich war froh darüber, mich vor meinem Besuch hier mit dem Dialekt der Innenstadt vertraut gemacht zu haben. Der Mann versuchte in seiner rauen Mundart höflich zu sein und fragte, ob ich etwas trinken wollte.
    »Ne, dank. Ich glotz nach'm Weg-Ausflug in 'ner Runde. Kannst'n Nehmer ausspucken?«
    »Der da.« Der Wirt wies mit einer Kopfbewegung auf den allein sitzenden Gast. »Schiff isse Bestshot . Ausflüge sind's Geschäft.«
    Ich warf einen weiteren Blick auf den Piloten. Auf diese Entfernung konnte ich die Einzelheiten seiner Erscheinung deutlich ausmachen. Er sah aus, als würde er sich gerade erst auf die Pubertät vorbereiten, aber nicht auf einen interstellaren Flug.
    Einer der Brocken an der Bar schnaufte und erregte dadurch meine Aufmerksamkeit. Ein dünnes Rinnsal Bitterale-Schaum rann sein unrasiertes Kinn hinab, als er nun seine angeschlagenen Zähne bleckte.
    »Ay-ay-ay, Frau«, sagte er und kam mit einem der üblichen schlüpfrigen Angebote daher. Wenn das so weiterging, wäre ich noch vor dem Abend eine Expertin für pornografische Slangausdrücke.
    »Dank, eher mund ich'n Schrotter«, sagte ich. Danke, aber da küsse ich lieber einen Droiden.
    Ich wog ab, ob ich den Mann ansprechen sollte oder zur sechsten Kneipe weiterziehen. Bestshot, »sein Bestes geben« , war nicht eben ein Vertrauen erweckender Name für ein interstellares Passagierschiff. Von der erschreckend jungen Erscheinung meiner möglichen Eskorte und dem offensichtlichen Mangel an Geschmack ganz zu schweigen, den er bewies,
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