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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Jedenfalls konnten da keine Flaschen drin sein. Das war nur ein dummes Muskelspiel, das die Kontrolleure mit ihm spielen wollten.
    Aus der Passage gegenüber hörte Walde Musik. Obwohl er die Coverband schwach fand, hatte sich drum herum eine Menschenmenge versammelt. Im Gedränge hielt er sich die Tüte vor die Brust. Hier wäre es ein Leichtes, sie ihm aus der Hand zu reißen und in der Menge zu verschwinden. Er schlängelte sich weiter zwischen den Ständen hindurch. Vor dem Platz an der Porta Nigra bog er in das Margaretengässchen ein, wo man sich an der Einlasskontrolle wieder nur für die Taschen der ankommenden Besucher interessierte.
    Auf dem Simeonstiftplatz tippten Politessen die Nummern der wild parkenden Wagen in ihre Geräte. Gegenüber, auf der anderen Seite der Straße, stauten sich Autos hinter dem Parkhaus bis zu den Bushaltestellen zurück. Walde ging, entgegen seiner Gewohnheit, bis zu dem Zebrastreifen an der Ampel. An diesem Abend war ihm die Gefahr zu groß, von einem Betrunkenen überfahren zu werden.
    Er überquerte die Fahrbahn und bog in die schwach beleuchtete Straße ein, die zu ihm nach Hause führte. Die meisten Leute, die mit ihm die Straße überquert hatten, strebten zu den Bussen. Nachdem Walde eine Weile an der hohen Klostermauer entlanggegangen war, blickte er sich um. Auf der anderen Straßenseite ging jemand auf dem schmalen Pfad zwischen den in einer langen Reihe hintereinander parkenden Wagen und den Alleebäumen. Walde wechselte die Plastiktüte in seine linke Hand. An der Haustür schaute er sich nochmals um. Die Person war verschwunden. Er sah wohl Gespenster.
    In der Wohnung war es dunkel. Unter der Tür des Schlafzimmers war kein Lichtschein zu sehen. Walde zog sich leise die Schuhe aus. Gerne hätte er noch mit Doris über ihre Vorwürfe gesprochen. Beim Frühstück schien ihm das Thema ungeeignet.
    In der Küche legte er die Tüte auf den Tisch und schenkte sich ein Glas Orangensaft ein. Nachdem er getrunken hatte, lugte er in die Tüte. Er war versucht, im Rechner zu stöbern, ob sich dort vielleicht Hinweise auf die Fotos fanden. Aber damit würde er mögliche Spuren auf der Tastatur verwischen.
    Er sah zum Fenster, dessen Rollo wie immer hochgezogen war. Der Garten wirkte durch die hohe Mauer wie der Innenhof einer Festung. Darin wachte Quintus. Walde ließ die Tüte auf dem Tisch liegen und ging hinaus auf die Terrasse, wo Minka auf einem Stuhlkissen schlief. Quintus blieb auf den Holzdielen liegen, während ihm Walde durchs Fell streichelte. Drüben an der Mauer raschelte es, als träte ein Eindringling auf trockenes Laub. Walde wusste, dass es ein welkes Blatt war, das von einem Wacholderbusch fiel. Vom Fest klang Musik herüber. Morgen Abend würde es noch lauter werden.
    *
    Dass ihr Besuch eine halbe Stunde vor Mitternacht gegangen war, bedauerte Gabi nur so lange, bis sie Walde eine SMS schrieb. Als er eine Viertelstunde später noch nicht geantwortet hatte, suchte sie Marthas Nummer im Telefonbuch. Es dauerte lange, bis sich Teodor Timar mit vollem Namen meldete. Er hatte Mühe, ihr klarzumachen, dass seine Frau eine Art Nervenzusammenbruch erlitten hatte und nun nach zwei Schlaftabletten nicht in der Lage war, zu telefonieren. Es dauerte noch etwas länger, bis Gabi ihn dazu brachte, ihr in knappen Worten zu berichten, was bei Waldes Besuch geschehen war. Mit wem Martha anschließend telefoniert hatte, bevor sie zusammengebrochen war, wusste er nicht. Aber Gabi ahnte es. Sie schickte Walde eine weitere SMS.
    Der gedämpfte Ton verpuffte ungehört in Waldes Jackentasche an der heimischen Garderobe. Minuten später ließ Gabi alle Zurückhaltung sausen und rief auf seinen Festnetzanschluss an. Das Telefon bimmelte leise hinter der verschlossenen Wohnzimmertür.
    Sie vergewisserte sich an der Pforte des Präsidiums, ob Walde nicht vielleicht in den letzten Stunden dort gewesen war. Dann rief sie im Krankenhaus an. Die Nachtschwester von Gorzinskys Station war nicht zu erreichen. Gabi ließ sich ihre Durchwahl geben. Eine Zigarettenlänge später hatte sie Erfolg und bat die Schwester, nach Gorzinsky zu sehen. Er sei nicht auf seinem Zimmer, erfuhr Gabi, er könnte eine rauchen gegangen sein, erklärte die Schwester. Gegen eins sprach Gabi erneut mit der Nachtschwester. Gorzinsky war immer noch nicht in sein Zimmer zurückgekehrt. Während der Fahrt zum Krankenhaus schickte Gabi eine weitere SMS an Walde.
     
    Walde wurde durch ein Geräusch geweckt. Er lauschte.
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