Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
überhaupt hergeleitet werden, wo sich der Paparazzo vorher befunden hatte, als die beiden ominösen Aufnahmen entstanden, die nur der Fotograf und derjenige, der fotografiert worden war, kannte? Hatte Gorzinsky irgendwo eine Kopie aufbewahrt? Hatte er vielleicht jemandem einen Datenträger zur Aufbewahrung gegeben? Einem anderen Pensionsgast oder dem Pensionsbesitzer oder …
    Einige der Anwohnerparkplätze in seiner Straße waren von Besuchern des Altstadtfestes mit Beschlag belegt. Walde hatte Glück, gerade fuhr ein Wagen weg. Nachdem er eingeparkt hatte, schaute er auf die Uhr. Es war noch keine zehn. Als er Gabis Nummer wählte, nahm er sich vor, es höchstens viermal klingeln zu lassen. Sie ging nach dem dritten Klingeln ran.
    »Walde hier, entschuldige die Störung.«
    »Ja?«
    »Hast du Besuch?«
    »Rufst du an, um mich das zu fragen?« sagte Gabi spitz.
    »Nein, das sollte nur eine höfliche Begrüßung sein.
    Kannst du mir die Adresse von dem Zimmermädchen aus der Pension Maas, dieser Magda, geben?«
    »Martha«, verbesserte sie. »Suchst du eine Putzfrau?«
    »Mir geht da was im Kopf rum.«
    »Kein Wunder, vielleicht hat sich letzte Nacht durch den Schlag etwas gelockert, ein Schräubchen oder so.«
    »Weißt du nun die Adresse?«
    »Martha heißt mit Nachnamen Timor oder Timar, sie stammt aus Transsilvanien oder Siebenbürgen und wohnt in der Kochstraße, die Hausnummer weiß ich nicht mehr, aber es ist an der Ecke zur Sichelstraße.«
    »Da hat Doris gewohnt.«
    »Martha wohnt mit ihrem Mann in dem Haus links daneben.«
    »Woher weißt du, wo Doris gewohnt hat?«
    »Müssen wir das jetzt diskutieren?«
    »Danke und schönen Abend noch.«
    »Den werde ich haben, falls niemand mehr anruft.« Gabi legte auf.
     
    Zur Kochstraße war es nicht weit und ein freier Parkplatz würde heute Abend schwer zu finden sein. Während Walde den Wagen abschloss, überlegte er kurz, ob er Doris informieren sollte. Dann machte er sich zu Fuß auf den Weg. Von der Alleenseite sah er unter den Bögen der Porta Nigra den dunklen Vorhang hinter der Bühne, durch den im Gegenlicht der Scheinwerfer die Musiker einer Rockband zu sehen und zu hören waren. Er ging außen um die Fußgängerzone herum, zu der scharenweise Leute unterwegs waren. Er dachte über Doris’ Vorwurf nach, total auf seine Arbeit fokussiert zu sein. Was meinte sie damit, er wolle sonst auch alles? Was war daran so schlecht, sich ein intaktes Familienleben und Lebensqualität zu wünschen? Und dafür tat er auch etwas. Natürlich forderte ihn seine Arbeit. Nachher würde er mit ihr darüber reden.
    Als er von der Christophstraße in die Kochstraße gelangte, erinnerte er sich an den Werkzeugkasten, den er hier vor Jahren, auf dem Weg zu einem seiner ersten Besuche in Doris’ Wohnung, geschleppt hatte. Das Gebäude schien sich seit damals kaum verändert zu haben. Er unterdrückte den Impuls, am Eingang stehen zu bleiben, um die Namen der jetzigen Bewohner zu lesen.
    Beim nächsten Haus lag die Tür in einer dunklen Einfahrt, die zu einem Hof und einem dahinter liegenden Gebäude führte. Es ging ein paar Stufen hoch. Auf dem dritten der vier Klingelschilder glaubte er, den Namen Timar zu erkennen. Walde trat wieder hinaus auf die Straße. Dort, wo er die Wohnung im zweiten Stock vermutete, brannte hinter zwei Fenstern Licht.
    Auf sein Klingeln folgte kein Türsummer, auch das Treppenhaus blieb dunkel. Er ging nochmals auf das Pflaster der Straße, wo damals, als er bei Doris übernachtete, der Kehrwagen schon in aller Frühe seine Runden gedreht hatte. Oben war eine Frau hinter der Gardine zu erkennen. Frau Timar schien zu telefonieren.
    Walde ging zurück und klingelte noch einmal. Mit dem Summer der Tür ging auch das Licht im Treppenhaus an. Es gab keinen Fahrstuhl. Das Treppenhaus mit der leicht gewundenen Holztreppe glich dem von nebenan. Im zweiten Stock stand ein Mann mit zusammengepressten Lippen in der halb offenen Wohnungstür. Alles an seiner Haltung verriet, dass er Walde nicht hereinbitten würde.
    Walde zeigte seinen Ausweis. »Entschuldigen Sie die späte Störung, mein Name ist Waldemar Bock, ich habe noch ein paar Fragen an Ihre Frau.« Er sprach die Worte langsam und artikuliert, weil er nicht wusste, ob der Mann in dem dunkelblauen Freizeitanzug überhaupt Deutsch verstand.
    »Kommen Sie herein.« Der Mann sprach mit einem leicht osteuropäischen Akzent. Er reichte Walde die Hand. »Teodor Timar.«
    Walde wurde ins Wohnzimmer geführt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher