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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel
Autoren: Mischa Martini
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blickte nach oben. Ein Objektiv verschwand hinter dem Mauervorsprung.
    »Gibt’s das? Da oben fotografiert einer«, sagte er zu Gabi.
    »Wenn Sie nicht sofort verschwinden, haben Sie ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch am Hals!«, brüllte Gabi nach oben.
    »Ist denn das Gelände noch nicht geräumt worden?«, fragte Walde, während er zusah, wie sich Sattler über eine Reihe moosbewachsener Steinquader zwischen dem Graben und der hohen Mauer entlanghangelte.
    »Hallo? Wir haben Samstagabend!«, rief Gabi entrüstet. »Den ganzen Tag hat die Sonne geschienen, Terrassen und Biergärten waren voll, es gab jede Menge Gartenfeste mit allen Begleiterscheinungen wie Schlägereien, Anzeigen wegen Lärmbelästigung. Und nun gab es ein Gewitter, abgerissene Äste, ein paar überflutete Keller. Und betrunken oder nicht, die Leute wollen heim. Und du weißt doch selbst, wie dünn unsere Personaldecke ist.« Sie senkte ihre Stimme, »und wo sonst wird bei einem tödlichen Sturz mehr Aufwand betrieben? Wären wir hier, wenn da unten ein toter Harz IV-Empfänger liegen würde?«
    »Okay, okay.« Walde hob resignierend die Hände.
    »Mit wem hast du denn gebechert, und wie bist du eigentlich hergekommen?«
    Er überhörte die Fragen und stieg auf einen der länglichen Steinquader, die oben am Rande des Grabens entlangführten. Das nasse Moos unter seinen Füßen war glitschig. Seine linke Hand tastete an der rauen Mauer entlang. Als er den überdachten Teil der Grabung erreichte, schaute er sich um. Gabi folgte ihm.
    Am Ende des etwa zehn Meter langen Grabens gab es eine Leiter, über die Sattler nach unten verschwunden war. Walde folgte ihm. Die primitive Leiter bestand aus schmalen vierkantigen Balken, auf die ungehobelte Latten genagelt waren. Weiter unten waren die Sprossen mit nassem Lehm verschmiert, sodass sich Walde außen festhalten musste. Auf den ersten Metern waren die Seitenwände abgestützt. Als er auf die Folie trat, sackte diese ein. Er musste sich zwischen den in Knie- und Brusthöhe angebrachten Querverstrebungen hindurchzwängen. In der zweiten Hälfte der Grube gab es kein Dach und auch keine Abstützung der Seitenwände. Walde schaute nach oben und hielt sich eine Hand über die Augen, um sie vor dem blendenden Licht der Scheinwerfer zu schützen. Er schätzte die Grube etwas mehr als drei Meter tief. Gleich darüber erhoben sich die hohen Mauern, die den Weg zu dem Durchgang einfassten und die ganze Szenerie noch bedrückender machten. Ein Mann kam ihm entgegen. Walde erkannte den Gerichtsmediziner an der großen halbrunden Ledertasche, die er vor sich hielt, während er versuchte, auf dem weichen Boden vorwärts zu kommen.
    »N’ Abend, Herr Dr. Hoffmann, wie schaut’s aus?«, fragte Walde.
    »Das sehen Sie doch!« Der Mann versuchte, mit der linken Hand, an der er noch einen Handschuh trug, den Dreck von der Unterseite der Tasche zu wischen. »Die Lage des Opfers ist verändert worden. Niemand weiß, wo genau Tiefenbach gelegen hat. Die Kopfverletzung könnte letal gewesen sein. Aber ob das so ist und woran er gestorben ist, das kann ich erst nach der Obduktion sagen.«
    »Und wann..?«
    »Tut mir leid«, unterbrach ihn der Gerichtsmediziner, »ich habe morgen«, er schaute auf seine Uhr, »heute Hochzeitstag, wenn Sie es genau wissen wollen, den dreißigsten. Die Kinder sind gekommen, das Haus ist voller Leute und morgen früh geht die Feier los. Vor Montag ist beim besten Willen nix drin. Und eigentlich hätte ich da noch frei.«
    »Haben Sie eine Vermutung?«
    »Da muss ich leider passen. Ihre Kollegen haben ein paar Knochen gefunden. Da könnte er mit dem Kopf draufgeknallt sein.«
    »Also ein Unfall.«
    »Ich weiß ja nicht, warum er runtergefallen ist. Also wenn keiner nachgeholfen hat, dann kann’s ein Unfall gewesen sein.« Er wischte sich einen Lehmklumpen vom Knie.
    »Er hatte den Hosenstall offen, ich vermute mal, dass es beim Pinkeln passiert ist.«
    »War sein …«, Walde zögerte, als Gabi zu ihnen stieß, »also, war er noch draußen?«
    »Wenn du seinen Schniedel meinst, der war noch draußen«, sagte sie und holte tief Luft. »Also, wenn du mich fragst …«
    »Ich frage nicht.« Walde schüttelte den Kopf.
    »Sei doch nicht so prüde. Ich wollte nur sagen, dass ich ihn wieder eingepackt habe. Wie du weißt, war ich früher bei der Sitte, da hab’ ich ganz andere Sachen erlebt.«
    Ein Techniker mit einer Kamera in der Hand blieb hinter Hoffmann stehen.
    »Okay, wir sehen uns am
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