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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel
Autoren: Mischa Martini
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frühstücken und dann mit Quintus in den Stadtwald gehen und später im Tierpark die Ziegen und Rehe füttern. Im Amphitheater waren sie noch nie zusammen gewesen. Und heute war sicher nicht der geeignete Tag für einen ersten Besuch.
    Gut, dass er Quintus gefüttert hatte. Der Hund lief durch die menschenleere Allee neben Waldes Rad her, ohne die lästigen Abstecher zu Bänken, Papierkörben und sonstigen Duftpunkten zu machen. Hoch über den Bäumen kämpfte die Sonne gegen den Dunst, der in der Nacht aufgestiegen war.
    Sie überquerten die leere Straße am Simeonstiftplatz und setzten ihren Weg unter einem Bogen der Porta fort, den Vorplatz und den Steig für Behinderte hoch über die Simeonstraße in den schmalen Park zwischen Christophstraße und Theodor-Heuss-Allee. Am Balduinbrunnen vorbei gelangten sie zum Bahnhof. Dort schlang Walde Quintus’ Halsband um eine Geländerstange, so wie es Cowboys mit den Halftern ihrer Pferde taten, bevor sie in den Saloon gingen.
    Quintus ließ alles gelassen über sich ergehen. Walde kannte niemanden in der Stadt, der so cool war wie dieser Hund, dessen Artgenossen über Generationen hinweg letztlich der Garant dafür gewesen waren, dass Menschen in Alaska und Grönland hatten überleben können.
    Im Backshop duftete es so gut wie immer. An der Theke standen die Käufer geduldig an, bis sie sich, verführt von dem Angebot und ihren hungrigen Mägen, die Tüten füllen ließen. Waldes Blick fiel auf den Zeitungsstand, wo er die Überschrift der Bild am Sonntag las.
    Vor der Tür wartete eine Frau mit einem Schäferhund, der gebannt auf Quintus starrte, während Walde die Leine löste, bevor er sich auf sein Fahrrad schwang. Quintus trottete neben ihm her, ohne den fremden Hund nur eines Blickes zu würdigen.
    In der Diele war es ruhig. Doris schlief noch und Annika hatte sich keinen Millimeter vom Fernseher wegbewegt. Walde sah auf sein Handy, was er an einem Sonntagmorgen sonst nie tat. Es war eine Nachricht eingegangen. Gabi teilte ihm mit, dass sie heute früh im Amphitheater sei. Mist! Der Sonntagmorgen gehörte Annika und ihm.
    »Ich bin noch mal kurz weg.« Er stellte eine Tasse Kakao und ein Marmeladenbrötchen neben Annika auf den Fußboden. Sie drehte sich nicht einmal um, so sehr fesselte sie der Tigerentenclub. Dass sie kurz vorher von RTL umgeschaltet hatte, war ihm entgangen.
    *
    Als er die vielen Menschen sah, die vor dem Eingang des Amphitheaters standen, überlegte Walde, ob am Morgen hier eine Veranstaltung stattfand. Der kleine Parkplatz auf der rechten Seite war zugeparkt. Er musste zurücksetzen und sein Auto auf der Haltestelle für Reisebusse abstellen. Beim Aussteigen bemerkte er, dass die Köpfe der Leute sich zu ihm drehten. Jeglichen Blickkontakt meidend ging er schnellen Schrittes auf den Eingang zu. Kameras wurden geschwenkt, Mikrofone reckten sich ihm entgegen.
    »Mit was wurde er erschlagen? … Gibt es Zeugen? … oder einen Tatverdächtigen? … können wir Ihnen helfen? … He, Waldemar!« Darauf fiel Walde herein und schaute zu dem Rufer hinüber, der hinter seiner Kamera grinste und den Finger auf dem Auslöser hielt.
    »Ich muss Sie sprechen!« Jemand fasste ihn am Arm.
    Es war der Mann mit den grauen Strähnen, der Intendant, mit dem sich Gabi am Abend zuvor gestritten hatte. Seine rechte Hand lag an Waldes Oberarm. Mit der linken hielt er ein Handy, das zur Hälfte von seinem wirr abstehenden Haar verdeckt war.
    »Nachher.«
    »Ich muss wissen, wann das Amphitheater freigegeben wird!«
    »Nachher.«
    »Kann ich mitkommen?«
    »Nein.«
    ›Vorübergehend geschlossen‹ stand auf dem handgeschriebenen Schild am Gittertor, das ihm ein uniformierter Polizist einen Spaltbreit öffnete, damit er hindurchschlüpfen konnte. Der Mann schien zu befürchten, jemand von den Presseleuten könnte die Gelegenheit nutzen, ins Amphitheater zu gelangen.
    Vor Walde lag der Weg zur Arena. Er nahm wieder den schmalen Pfad, der oberhalb zu den Rängen führte. Wo vor ein paar Stunden noch tiefe Pfützen gestanden hatten, waren nur noch nasse Stellen zu erkennen. Nebenan sauste ein Motorrad mit Vollgas die Serpentinen zum Petrisberg hinauf.
    Die gewaltigen Aufbauten hinter der Bühne standen im Gegenlicht. Vor dem Eingang des Tunnels in der Tribüne blieb Walde stehen und hielt sich mit Blick in Richtung Arena die Hand über die Augen. Er sah eine Treppe, die hoch zu einer Öffnung in der Kulisse führte.
    »Das sind die Palastmauern des Agamemnon.« Ein
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