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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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hatte Matthias auf ihrem Gesicht noch nie gesehen. Es spiegelte tiefste Genugtuung wider.
    »Es gibt viele Legenden«, erklärte sie. »Die meisten liegen nicht schriftlich vor, und manche werden mündlich überliefert.«
    Pausho hatte ihn bestimmt nicht hierhergebracht, um ihm Geschichten zu erzählen. Matthias hätte es fast ausgesprochen, aber da merkte er, worauf sich der Blick der Alten richtete.
    Auf die Teppiche.
    Auf diesen Teppichen waren Legenden aufgezeichnet.
    »Hilfst du mir?« fragte er, den Blick ebenfalls auf die Teppiche geheftet.
    »Sofern es dem allgemeinen Wohl dient«, gab sie zurück.
    »Wie willst du das vorher wissen?«
    Pausho zuckte die Achseln. Wahrscheinlich wußte sie nicht mehr als er selbst. Wie auch. Sie hatte ja noch nicht einmal das Ausmaß der Gefahr begriffen.
    Matthias schon.
    Er würde sich zunächst den Worten widmen. Die vom Tabernakel überlieferten Worte kannte er zwar fast auswendig, aber er rechnete mit gewissen Unterschieden. Vielleicht enthielten diese Worte hier sogar eine Erklärung für die Geheimnisse.
    Matthias machte einen Schritt auf den Altar zu, als er etwas Hartes unter seiner Stiefelsohle spürte. Er senkte den Blick.
    In dem fremdartigen Licht funkelte ein Rubin. Merkwürdig, daß er ihm auf dem schneeweißen Fußboden nicht schon früher aufgefallen war. Er war faustgroß und in das Material des Bodens eingelassen.
    Matthias runzelte die Stirn. Erst durch die Unebenheit unter seinem Fuß war er auf den Edelstein aufmerksam geworden. Jetzt sah er noch andere Juwelen, alle gleich groß und etwa im Abstand von einem halben Meter im Boden versenkt. Rechts von seinem Fuß war ein grünlich schimmernder Smaragd. Dahinter ein Saphir und noch weiter entfernt ein Brillant, der wie ein durchsichtiges Loch im Boden aussah. Die Steine waren in einem großen Kreis um den Altar angeordnet. Links von Matthias befanden sich zwei Steine, die Matthias nicht kannte: ein schwarzer, der wie ein Diamant funkelte, und ein ebenfalls funkelnder, grauer Stein. Darauf folgte ein weiterer Brillant, und endlich wurde Matthias klar, daß die Steine eine regelmäßige Abfolge bildeten: Rubin, Smaragd, Saphir, Brillant, grauer Stein, schwarzer Stein. Bestimmt ging es auf der gegenüberliegenden Seite des Altars mit einem Rubin weiter.
    Matthias trat noch einen Schritt vor und erblickte weitere Edelsteine. Allerdings war das Muster hier leicht abgewandelt. Der erste Stein, kleiner und runder, war ein Smaragd. Rechts von ihm ein Rubin, links von ihm ein Saphir.
    Er bemerkte, daß Pausho ihn gespannt beobachtete. Waren die Steine eine Art Wächter? Drohte Unbefugten von ihnen Gefahr?
    Ihn jedenfalls ließen sie unbehelligt, soweit er das bis jetzt beurteilen konnte.
    Beim nächsten Schritt trat er auf einen Saphir. Je näher beim Altar sich die Steine befanden, desto kleiner wurden sie, aber trotzdem wiederholte sich ihre Reihenfolge.
    Der Altar selbst bildete das Zentrum des ganzen Musters.
    Matthias trat erst auf einen schwarzen Edelstein, dann auf einen grauen, und dann stand er direkt vor dem Altar.
    Er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, daß auch der Altar aus Stein bestand, allerdings weder aus dem schimmernden weißen Stein des Bodens noch aus Edelstein. Es war aber auch nicht das lebendige, rote Gestein der Blutklippen noch das stumpfe Grau der aus dem Fels gehauenen Brocken.
    Dieser Stein war grau und von rosafarbenen Adern durchzogen. Goldene Pünktchen und sogar ein silbriger Schimmer glitzerten in dem Rosa. Der Quader selbst zeigte keine Bearbeitungsspuren. Er schien in der Form eines Altars direkt aus dem Boden emporzuwachsen. Eine natürliche Gesteinsformation, die von den Gläubigen für ihre Zwecke umfunktioniert worden war? Oder war der Altar doch von Menschenhand geschaffen, aber so, daß er ganz natürlich aussah?
    Matthias konnte es nicht erkennen, aber er schreckte davor zurück, den Stein zu berühren.
    »Wer hat diesen Ort entdeckt?« fragte er.
    Die Alte verschränkte die Arme vor der Brust. Sie sah noch bleicher aus als zuvor. »Der Roca hat ihn seinem zweitgeborenen Sohn hinterlassen.«
    Jenem Sohn, der den Tabernakel gegründet, den Rocaanismus ins Leben gerufen, aber auch die erste große Kirchenspaltung ausgelöst hatte.
    »Habt ihr irgend etwas verändert?« erkundigte sich Matthias.
    »Nichts«, verneinte Pausho. »Jedenfalls nicht in all den Jahren, in denen die Weisen nun schon über diesen Ort wachen.«
    »Wozu dienen die Edelsteine?« fragte
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