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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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uns.« Dann drehte er sich um und ging davon.
    Gabe seufzte. Seine Adoptiveltern waren tot. Sebastian war tot. Das Schicksal seines richtigen Vaters und seiner Schwester kannte er nicht. Trotzdem sollte er jetzt eine Entscheidung über seine eigene Zukunft treffen.
    Sein Erbe hatte ihm nie eine Wahl gelassen.
    Auch jetzt nicht.
    Er war dazu geboren, über die Fey zu herrschen.
    Es war an der Zeit zu lernen, wie er das anstellen sollte.

 
50
     
     
    Seit sie die ersten Ausläufer der Augen des Roca erreicht hatten, waren sie ununterbrochen gelaufen. Hier war die Landschaft unwirtlich, voller Geröll und Erdspalten. Trotzdem war der Bewuchs überraschend üppig und grün. Rosafarbene Blüten sprossen in der Mitte grüner Blattpflanzen, die Nicholas noch nie gesehen hatte. Die Luft war kühler als in der Stadt und würde wohl noch weiter abkühlen, je höher sie stiegen.
    Auf den Berggipfeln lag sogar Schnee.
    Nicholas hatte von den Dörfern am Fuße der Augen des Roca gelesen. Dorthin wollte er gehen, sich wieder sammeln und neue Pläne schmieden. Er wußte, daß sie nur eine Hoffnung hatten, und ahnte nicht, wie sie ihr Ziel erreichen sollten.
    Wenn der Schwarze König wirklich tot war, mußte Arianna seinen Platz einnehmen. Aber Nicholas mußte abwarten, bis die Truppen des Schwarzen Königs sich wieder beruhigt hatten. Er wollte nicht, daß Arianna irgendeinem wahnwitzigen Vergeltungsakt zum Opfer fiel.
    Arianna ging an Nicholas’ Seite. Sie trug Männerhosen und einen viel zu langen Mantel. Ihr Gesicht war ausgezehrt. Alle ihre Verwandlungen, ein rasender Galopp von zwei Tagen und die Fußwanderung des vergangenen Tages hatten sie erschöpft. Sie hatte sich noch einmal von einem Pferd in einen Hund Verwandelt und diese Kleider gestohlen.
    Auch ihrem Vater hatte sie welche mitgebracht: ein weites Hemd, das an den Handgelenken schmaler wurde, eine enge Hose und einen Umhang, den er über dem Arm trug. Nicholas brachte es nicht übers Herz, Arianna zu erzählen, daß dies dieselbe Zusammenstellung war, die er damals, als er ihre Mutter kennenlernte, getragen hatte. Außerdem brauchte er die Kleider dringend.
    Seine blutgetränkte Robe hatte Nicholas vernichtet. Er wollte nicht, daß jemand sie fand.
    Wenn sie erst einmal das nächste Dorf erreichten, war ihr Plan einfach. Arianna würde sich wieder Wandeln. Sie sagte, sie könne aussehen wie einer der Stallknechte (Nicholas hatte sie nicht gefragt, warum sie sich das beigebracht hatte), und so würden sie als zwei Männer auftreten, die Unterkunft und Arbeit suchten. Sie würden essen, sich ausruhen und auf Neuigkeiten warten. Und währenddessen würde Nicholas einen Plan entwerfen, wie er entweder seinen Thron zurückerobern oder Arianna auf den ihr zustehenden Platz an der Spitze der Fey verhelfen konnte.
    Beides beunruhigte ihn. Am liebsten wäre er einfach in diesen Hügeln untergetaucht und hätte sich in einen Niemand verwandelt. Die Augen des Roca waren der unzugänglichste Landstrich der Insel. Zwischen den Blutklippen und den Spangen des Todes gab es nur noch den Cardidas und sonst nichts. Der östliche Teil der Insel war spärlich besiedelt und voller Geheimnisse.
    Aber sich zu verstecken war seiner Tochter gegenüber unfair und seinem Volk gegenüber auch.
    Sein Volk brauchte ihn jetzt mehr denn je.
    Unterwegs hatte Arianna nur wenig gesprochen, und wenn doch, dann von Sebastian. Nicholas erinnerte sich noch gut an die Trostlosigkeit frischer Trauer. Auch er trauerte, aber nicht so intensiv wie bei Jewels Tod. Im Gegensatz zu Jewel hatte sich der Junge sein eigenes Ende selbst ausgesucht, und er hatte gut gewählt.
    Und doch würde Nicholas ihn sehr vermissen, Sebastians liebes Lächeln und auch seine stockende Stimme, seine Freundlichkeit und seine ungewöhnliche Weisheit. Und er würde die Stunden vermissen, die sie einfach als Vater und Sohn miteinander verbracht hatten.
    Aber Nicholas hatte ja noch Arianna. Jetzt galt es, an sie zu denken.
    »Papa«, zischte Arianna. Sie packte ihn am Ärmel. »Da ist jemand vor uns. Soll ich mich Verwandeln?«
    Nicholas kniff die Augen zusammen. Tatsächlich. Jemand kam ihnen entgegen. Er war noch zu weit entfernt, als daß man ihn erkennen konnte.
    »Nein«, sagte Nicholas leise und reichte Arianna den Umhang. »Hülle dich gut darin ein.«
    Beim Verwandeln hatte er immer zuviel Angst um sie, besonders, wenn sie so erschöpft war. Solanda hatte ihn einmal gewarnt, daß zu häufiges Verwandeln zu Unfällen führen
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