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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Erfolgschancen aus.
    Aber Rugad war nicht nur hierhergekommen, um die Blaue Insel zu erobern. Er hatte größere Länder erobert, und das nicht zum letzten Mal.
    Er war wegen Jewels Kindern gekommen, und bis jetzt hatte er keines von ihnen in seine Gewalt gebracht. Das Mädchen war in der Tat vielversprechend. Ihr Feuer und ihr wacher Geist erinnerten Rugad an ihre Mutter. Ihre Rücksichtslosigkeit allerdings erinnerte Rugad an sich selbst. Und von ihrem Vater mußte sie eine gehörige Portion Mut geerbt haben.
    Rugad betastete vorsichtig seinen Hals. Der Angriff des Mannes war blitzschnell und äußerst präzise erfolgt. In Rugads ganzem Leben hatte kein anderer Herrscher versucht, ihn anzugreifen. Keiner hatte es gewagt. Rugad hatte den Verdacht, daß der junge Nicholas für Jewel mehr als eine unter gewissen Umständen passende Partie gewesen war, und das zeigte sich auch an ihren Kindern.
    Rugad hatte keinen blassen Schimmer, wo sein Urenkel steckte.
    Und was noch schlimmer war, der Golem, den Rugad für zerstört gehalten hatte, hatte sich mit der Hilfe eines dieser Religiösen wieder zusammengefügt. Der Wächter, der den Vorgang von seinem Horchposten aus verfolgt hatte, war zu spät herausgekommen, um die beiden an der Flucht zu hindern.
    Im physischen Sinne mochte Rugad die Insel besitzen, aber ihr Herz hatte er nicht erobert. Er war erst dann ihr richtiger Herrscher, wenn der König gefangen und öffentlich hingerichtet worden war.
    Als es klopfte, seufzte er verbittert. Er war noch nicht einmal in der Lage, jemanden hereinzubitten oder ihm zu befehlen, draußenzubleiben. Er wünschte, die Leute würden überhaupt nicht klopfen. Es hielt sie sowieso nicht davon ab, dauernd hereinzukommen.
    Genau wie Rugad erwartet hatte, trat Weißhaar ein, ohne eine Aufforderung abzuwarten. Er schnappte sich einen Stuhl, zog ihn vor das Bett und schwang ein Bein über die Sitzfläche. In den letzten Tagen war er Rugads Stimme gewesen, und auch das mißfiel Rugad. Er würde alles dreimal überprüfen müssen, wenn er erst wieder auf den Beinen war.
    »Mein Urenkel?« formten Rugads Lippen. Diese Frage hatte er schon so oft gestellt, daß Weißhaar sie offenbar auf Anhieb verstand.
    Weißhaar schüttelte den Kopf und verzog den Mund. Sein Gesichtsausdruck beunruhigte Rugad. Irgend etwas mußte gründlich schiefgelaufen sein.
    »Dein Urenkel hat einen mächtigen Zauberer bei sich«, verkündete Weißhaar. »Zwei verschiedene Truppen von Fußsoldaten hatten ihn schon so gut wie geschnappt. Die einen haben ihm in einem Feld eine Falle gestellt, die anderen auf einer Straße. Beide Gruppen sind in Flammen aufgegangen. Die Überlebenden haben böse Brandwunden davongetragen.«
    »Mein Urenkel?« wiederholte Rugad stumm.
    Weißhaar lehnte sich zurück. Offensichtlich hatte er trotz Rugads Zustand immer noch Angst, den Schwarzen König zu erzürnen. »Dein Urenkel ist spurlos verschwunden. Wir haben sogar Vogelreiter und Bodentruppen auf ihn angesetzt, aber wir haben nichts gefunden.«
    Rugad wartete auf eine Erklärung.
    »Er hat eine Nacht Vorsprung. Als wir endlich begriffen, was passiert war, war er schon über alle Berge. Wir glauben, daß er nach Norden gegangen ist, aber wir haben auch Leute ausgeschickt, die den Süden und Westen absuchen sollen.«
    Rugad griff nach den kostbaren losen Blättern aus handgeschöpftem Papier. Es paßte ihm nicht, daß Weißhaar sah, wie seine Hände zitterten. Durchsucht die Stadt, kritzelte er.
    Weißhaar nahm den Zettel. »In die Stadt wird er sich nicht wagen. Dazu haben wir zu viele Soldaten hier …«
    Rugad riß ihm das Blatt aus der Hand, zerknüllte es und warf es Weißhaar ins Gesicht. Der blinzelte nur. »Gut, wir suchen ihn. Mein Fehler.«
    Rugad nickte. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust, schloß die Augen und beendete auf diese Weise die Unterhaltung.
    Seine Urenkel waren verschwunden, und die beiden waren verdammt schlau. Sie würden sich nicht so einfach fangen lassen. Er mußte sie überlisten und sich dann eine Strategie ausdenken, wie er sie auf die Seite der Fey ziehen konnte.
    Falls das überhaupt möglich war.
    Er war so alt und so müde.
    Trotz all seiner Siege kam er sich in diesem Augenblick wie ein Verlierer vor.

 
52
     
     
    Der Schwarze König war also noch am Leben.
    Nicholas saß in der Höhle der Schamanin. Unter seiner Decke war die Erde weich und die Luft warm. Die Schamanin hatte am Eingang der Höhle ein Feuer entzündet und wandte ihm den
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