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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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immer auf das Geräusch des Wassers zugehen soll, wenn man zur Brücke will.«
    Titus drehte sich um. Dort stand Linus. Er gehörte zu den älteren unter den Ältesten und lebte schon seit langer Zeit im Tabernakel. Sein blondes Haar war zu einem schlichten Pagenkopf zurechtgestutzt, der sein ausgeprägt rundes Gesicht noch betonte.
    »Wart Ihr schon einmal dort unten?« fragte Titus.
    Linus schüttelte den Kopf. »Ich kenne nur einen einzigen Menschen, der jemals in den Katakomben war, und den können wir nicht fragen, glaube ich.«
    Aus seinem Tonfall erriet Titus, daß er von Matthias sprach.
    »Nimm dir genug Wasser mit, Kleiner«, sagte Reece. »Der Staub dort unten wird dich durstig machen.«
    »Und Essen«, fügte Porciluna hinzu.
    »Und Weihwasser«, vollendete Titus leise.
    Porciluna rollte die Karte auf und reichte sie dem Jungen. »Der Eingang zu den Katakomben liegt im ersten Stock, wo die alte Kirche an den neueren Tabernakel grenzt.«
    »In der Nähe der Kapelle der Dienstboten«, sagte Titus. »Gegenüber des beschädigten Porträts des Zehnten Rocaan.« Er nestelte seinen Schlüsselbund von der Schärpe und löste daraus einen auffallend langen Schlüssel mit herzförmigem Oberteil. »Es ist eine schmale Holztür. Mit diesem Schlüssel kannst du sie öffnen.«
    »Ich gebe ihm lieber meinen«, erhob Reece die Stimme. »Ihr könntet Euren vielleicht noch brauchen, Heiliger Herr.«
    Titus lächelte ihn dankbar an und hakte den Schlüssel wieder an den Bund. Mit zitternder Hand nahm Con Reeces Schlüssel entgegen und klemmte dann die Karte unter den Arm.
    »Was soll ich tun, nachdem ich mit dem König gesprochen habe, Heiliger Herr?«
    »Dann kehre zurück, wenn das noch möglich ist«, sagte Titus.
    Der Junge nickte. Er drehte sich um und steuerte mit gesenktem Kopf auf die Tür zu.
    »Con«, sagte Titus. »Gott wird mit dir sein.«
    Der Junge blickte auf und lächelte, und einen Moment schien es, als sonnte sich die ganze Welt im Glanz seiner Schönheit. Dann schlüpfte er an dem Ältesten Vaughn vorbei aus dem Zimmer. Vaughn blickte dem Jungen hinterher, als könne er nicht begreifen, was er sah.
    Was vermutlich auch den Tatsachen entsprach.
    »Es ist nicht gesagt, daß er es schaffen wird«, sagte Reece. »Seit Generationen ist niemand mehr in diesen Gängen gewesen.«
    Titus zuckte die Achseln. »Wir tun, was wir können. Aber vielleicht ist auch alles vergebens.«
    Zwei weitere Älteste, Timothy und Illim, waren jetzt eingetreten. Diese Ältesten waren schon unter Matthias im Amt gewesen. Sein Rücktritt hatte zu vielen Streitereien und Gezänk unter ihnen geführt. Titus hatte keinem der Ältesten vertraut.
    Und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
    Fedo war der letzte Älteste aus dieser Zeit. Der Älteste Eirman war vor vier Jahren an einem Schlaganfall gestorben.
    Hinter Fedo betraten Catton, Ury und Hume den Raum, die alle von Titus ausgewählt worden waren. Catton war älter als die anderen, ein Geistlicher, der nicht mehr damit gerechnet hatte, zum Ältesten aufzusteigen. Er erinnerte Titus häufig an den Fünfzigsten Rocaan, insbesondere was die kleine Gestalt, das schüttere Haar und die Konzentration auf die spirituelle Seite des Tabernakels anging.
    Ury war jünger als Titus, noch keine dreißig, und sein Aufstieg im Tabernakel war schnell und mühelos erfolgt. Er war schlank und kräftig, hatte den Körper eines jungen Mannes und intelligente Augen. Er war klug und sein Glaube nicht besonders gefestigt, aber er unterstützte Titus. Titus brauchte ihn als Gegengewicht zu Porciluna; wenigstens hatte er das nach dem Tod Eirmans geglaubt.
    Hume war der Verdienstvollste. Er war klein, gekrümmt und ungefähr in Titus’ Alter, was ihn zu einem der jüngeren Männer in diesem Raum machte. Von einem kümmerlichen, gelockten Haarkränzchen abgesehen, das ein Ältester einmal unfreundlich als Fransen bezeichnet hatte, war er bereits kahl. Hume hatte dem Tabernakel mit Eifer und Sachverstand gedient. Er war ein genauer Kenner der Worte und hatte Eirmans Nachfolge in der mündlichen Überlieferung der Legenden angetreten, aber er war auch tief gläubig und erhob sich jeden Morgen noch vor Sonnenaufgang, um in aller Stille mit dem Heiligsten und Gott allein zu sein.
    »Einer von euch muß nach unten gehen und mit den Fey sprechen«, sagte Titus ohne lange Vorrede. »Das ist gefährlich. Es besteht die Möglichkeit, daß sie den Boten töten. Aus diesem Grund kann ich nicht selbst gehen –
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