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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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routinemäßige Überprüfung der Provinzen handelte.
    Alexander, der König, ritt einen großen schwarzen Hengst. Das Tier besaß eine Menge Kraft, trotzdem fügte es sich dem König wie ein Lamm. Irgendwie hatte Rugar den König nicht als Reitersmann eingeschätzt. Wieder eine Unterschätzung. Dieser Mann war der einzige Mensch in der Geschichte der Fey, der eine ihrer Invasionen zurückgeschlagen hatte. Gewiß verfügte er über geheime Talente und Kräfte, selbst wenn Jewel diese Fähigkeiten bis jetzt noch nicht entdeckt hatte.
    Rugar kniff die Augen zusammen und zielte. Noch war der König zu weit entfernt, aber es konnte sich nur noch um Sekunden handeln.
    Alexander war gut und gern zehn Jahre jünger als Rugar. Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte er sich mit unbeholfener Steifheit bewegt, aber das hatte sich im Lauf der Jahre geändert. Jetzt war er ein schmucker Mann, der nur wenig älter aussah als sein eigener Sohn, Jewels Gatte. Die beiden Männer ähnelten sich fast wie Brüder. Alexander trug das Haar kürzer und hielt sich aufrechter, und sein Benehmen war weniger impulsiv, aber das alles war aus einer solchen Entfernung schlecht zu erkennen.
    Rugar hatte die Schwierigkeiten, den König und den Prinzen auseinanderzuhalten, zwar bedacht, dann aber entschieden, daß das keine Rolle spielte. König oder Prinz, ein Toter in der königlichen Familie würde genügen, um die Moral der Inselbewohner zu untergraben.
    Inzwischen war Alexander fast in Schußweite. Rugar grüßte ihn in Gedanken. Alexander hatte sich als würdiger Gegner erwiesen. Rugar würde seinen Verlust ehrlich betrauern.
    Auch diese Trappe ritt schweigend. Die Staubwolke zog mit den Reitern und hüllte sie ein, verbarg aber nichts. Die Hufe der Pferde klapperten im Gleichtakt und unterlegten der Morgenstimmung einen beruhigenden Rhythmus. Rugar lehnte sich nur so weit vor, um sicherzugehen, daß er sein Ziel gut anvisieren konnte.
    Ein Schuß.
    Eine Chance.
    Alexanders kerzengerade aufgerichteter Oberkörper war jetzt in Schußweite. Rugar faßte den Bogen noch fester. Er stellte sich Alexanders regelmäßig schlagendes Herz vor, verwandelte es vor seinem geistigen Auge in eine Zielscheibe und ließ die Bogensehne los. In seinen Ohren klang ihr Schwirren dröhnend laut, aber der Pfeil flog lautlos zwischen zwei Wachen hindurch. Dann bohrte er sich in Alexanders Brust. In einem kurzen Moment der Überraschung blickte Alexander gen Himmel, bevor er rücklings vom Pferd fiel.
    Rugar rührte sich nicht. Im nächsten Augenblick konnten sie ihn entdecken. Aber er wollte erst sehen, wie sie reagierten, bevor er sich in sein eigenes, privates Schattenland zurückzog.
    Die Pferde kamen zum Stehen. Die Wachen am Ende des Trupps schrien auf. Die Reiter an der Spitze bewegten sich noch ein paar Schritte weiter. Lord Stowe brüllte den Namen seines Königs, Lord Enford sprang als erster von allen aus dem Sattel. Er rannte zurück zum König und berührte ihn vorsichtig, dann bettete er Alexanders Kopf in seinen Schoß.
    Auch Lord Stowe und die restlichen Wachen saßen jetzt ab.
    »Haltet ein«, sagte Lord Enford in der Inselsprache, so leise, daß Rugar ihn kaum verstehen konnte. »Er ist tot.«
    Rugar lächelte. Volltreffer. Solche Erfolge waren in den letzten Jahren dünn gesät gewesen. Er hob die Hand und steckte einen Finger durch den Lichterkreis. Der Kreis vergrößerte sich so, daß Rugars ganzer Körper hindurchpaßte. Als er das wirbelnde graue Nichts betrat, hörte er Stowes Stimme, hoch und verängstigt, aber um Haltung bemüht.
    »Woher kam dieser Pfeil?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Enford.
    »Von diesem Baum da?« fragte eine unbekannte Stimme.
    Dann schloß sich die Tür des Kreises hinter Rugar, und er befahl den Lichtpunkten, so klein zu werden, wie es nur ging. Dieses Schattenland war winzig, gerade groß genug, seinen sitzenden Körper mitsamt den Waffen aufzunehmen. Rugar strich über die viereckigen Wände und lehnte den Kopf dagegen.
    Schattenländer bezogen ihre Atemluft aus der Außenwelt, weil ihre Wände durchlässig waren. Aber außer Luft enthielten sie nichts. Rugar war von Grau umgeben. Das Schattenland glich einer großen, leeren Kiste, aber es besaß einen Deckel, einen Boden und Wände. Man konnte sie berühren, und sie fühlten sich fest an, aber sie hatten keine sichtbare Form.
    Rugar war noch immer fähig, Schattenländer zu erschaffen, die von der richtigen Art, die einen Soldaten überall auf einer offenen
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