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Verlieb Dich nie in einen Tierarzt

Verlieb Dich nie in einen Tierarzt

Titel: Verlieb Dich nie in einen Tierarzt
Autoren: Mary Scott
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    Jill stieß einen schrillen Schrei aus, riß das Steuer herum und trat voll auf die Bremse.
    »Gott sei Dank bin ich langsam gefahren, sonst hätte ich ihn überrollt. Großvater, das arme Ding! So ein mieser Schuft hat ihn überfahren, sich dann aus dem Staub gemacht und den Hund auf der Straße liegen lassen.« Der Hund konnte noch nicht lange in der Straßenkurve gelegen haben, sonst hätte ihn ein anderer Wagen erneut überfahren. Jill zögerte eine Sekunde lang und drückte sich die Hand vor die Augen. Es war noch nicht lange her, daß sie ihren alten geliebten Hund Jake so aufgefunden hatten: überfahren, wie dieser Hund hier auf der Straße verendet. Jill hatte sich damals sehr gegrämt, noch tiefer hatte es ihren Großvater getroffen; doch jetzt hatte Robert Henderson nicht eine Sekunde gezögert. Für einen Siebzigjährigen überraschend leichtfüßig, war er aus dem Wagen gesprungen. Jill schämte sich, doch einen Augenblick später stand sie an seiner Seite.
    »Er ist sicher tot, doch wir wollen ihn wenigstens von der Straße fortschaffen. Wie ich diese Autofahrer hasse!« rief das Mädchen erregt aus. Und übersah dabei die Tatsache, daß sie selbst am Steuer eines Wagens saß.
    Wenn ihn nur Großvater nicht gesehen hätte! Sie wußte, wie er bei Jakes Tod gelitten hatte. Sie war in ihrer Vorstadt häufig herumgefahren, aber Robert Henderson und der alte Hund hatten das Haus kaum verlassen.
    Hilflos blickte sie in der Gegend umher: keine Farm in Sicht, kein Auto.
    Der Hund lebte; er war nur bewußtlos. Robert Henderson sagte: »Unmöglich festzustellen, wie schwer er verletzt ist. Wir legen ihn am besten auf den Rücksitz.«
    »Sei vorsichtig, Großvater! Wenn Hunde verletzt sind und plötzlich zu sich kommen, dann beißen sie.«
    Mit zerknirschter Stimme antwortete er: »Du brauchst mir keine Ratschläge zu geben. Auf Tiere verstehe ich mich. Mag sein, daß er gar nicht so übel zugerichtet ist. Es ist keine Wunde zu erkennen, außer diesem Schnitt. In diesem Shepherd’s Crossing wird doch sicher ein Tierarzt sein. Was meinst du?«
    Sie hatten den Hund sachte auf den Rücksitz gelegt, und Jill setzte sich hurtig hinter das Steuer. »Ich glaube schon. Wenn der Ort groß genug ist, um eine Leihbücherei zu haben, dann muß dort auch ein Tierarzt sein. Gib die Hoffnung nicht auf, Großvater, ich werde fahren, was das Zeug hält.«
    »Und ich hoffe, daß du das nicht tust!« sagte Robert Henderson, der diesmal behutsam in den Wagen kletterte. Wenn man sechs Monate zuvor den Fuß gebrochen hat, dann hüpft man nicht.
    »Fahr vorsichtig! Dem letzten Wegweiser nach kann Shepherd’s Crossing nur noch fünf Meilen entfernt sein. Es würde dem Hund nichts helfen, wenn wir einen Unfall haben.«
    Da sie sich nun entschlossen hatten, daraufloszufahren, überholten sie ab und zu ein Auto oder fuhren an einer Farm vorbei. Es war ein blühender Landstrich, in dem die Milchwirtschaft vorrangig war. Schon im frühen Frühling grünte und blühte alles. »Hat deine Freundin, Miss Shaw, nicht zufällig erwähnt, daß ein Tierarzt am Ort ist?«
    »Nein, aber sie meinte, daß es ein gut ausgebautes Dorf sei. Da muß sicher eine Tierpraxis sein. Die Farmer brauchen alle Tierärzte, denn im Frühling werden ihre Kühe immer krank. Schau, da ist der See!«
    Eine oder zwei Meilen zuvor war die Straße gegen die Küste hin abgebogen, jetzt kamen sie am Berggipfel an. Unter ihnen erstreckte sich die Landschaft: ein stiller Binnensee, in einer einige Meilen entfernten Bucht standen verstreut Wochenendhäuser. Direkt darunter lag Shepherd’s Crossing. Der Ort war größer als sie erwartet hatten. Sie erkannten einen Bahnhof, eine Molkerei, eine breite Straße mit einem Dutzend Geschäften, ein neues Postamt, das von einer Bank und einer Anzahl weiterer Häuser flankiert war. Jill und ihr Großvater entdeckten auch zwei Kirchen, ein Gasthaus, mehrere Tankstellen und die üblichen Milchbars. Jill hoffte, daß dort auch die Leihbücherei sein würde.
    Sie fuhren zu der Bücherei und trafen Jills Freundin Linda Shaw an, die sie bereits erwartete. Die Übergabe der Bibliothek sollte erfolgen. Das erfüllte Jill mit Stolz. »Wir sind also soweit«, sagte Jill. »Hoffentlich liegt die Bücherei nicht an der Hauptstraße. Das wäre gefährlich für die Tiere.« Sie warf einen mitleidigen Blick auf das Bündel auf dem Rücksitz.
    »Scheint mir ein ersprießlicher Ort zu sein. Hat deine Freundin erwähnt, wie viele Einwohner es hier
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