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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Lebens nichts anderes zu tun, als an den schweigsamen Versammlungen teilzunehmen, die über das Gift abgehalten wurden.
    Rugar lehnte sich an eine der neuerbauten Hütten. Er hatte die Hand über das Gesicht gelegt und stand minutenlang bewegungslos da. Er trug keinen Umhang wie sonst, und seine Schultern sahen schwach und zerbrechlich aus. Seine Schuhe waren abgestoßen, seine Hosen zerrissen. Es schien, als habe Jewels Tod ihn seiner letzten, schwindenden Kräfte beraubt.
    Er ließ die Hand sinken und bemerkte, daß Streifer ihn beobachtete. Streifer fühlte, wie er rot wurde, aber er wandte den Blick nicht ab. Rugar neigte den Kopf, als sei ihm plötzlich etwas eingefallen, und ging auf ihn zu. Seine Bewegungen waren mit einem Mal von neuer Energie erfüllt.
    Streifer rührte sich nicht, als Rugar die Hütte der Hüter ansteuerte. Rugar blieb direkt vor ihm stehen und legte eine Hand auf das Treppengeländer. Seine tiefliegenden Augen sahen dunkel und wütend aus.
    »Streifer«, sagte er. »Wir haben lange nicht mehr miteinander geredet.«
    »Nein, haben wir nicht«, erwiderte Streifer. Sie hatten noch niemals miteinander geredet. Rugar kannte seinen Namen nur, weil er einer der Hüter war. Wäre Streifer ein Infanterist, hätte Rugar überhaupt nichts von seiner Existenz gewußt.
    »Ist Rotin immer noch eure Anführerin?« fragte Rugar.
    »Wenn man es so nennen will«, sagte Streifer. Es war ihm unmöglich, ihr Nichtstun auch noch zu beschönigen.
    Rugar schaute ihn an, als überraschte ihn die Antwort. »Ist sie jetzt da drin?«
    »Ihr Körper jedenfalls«, erwiderte Streifer.
    Rugar schob einen Moment das Kinn hin und her, sagte aber nichts. Schließlich wandte er den Blick ab und seufzte. »Nimmt sie immer noch ihre Kräuter?«
    »Sie hat nie damit aufgehört«, antwortete Streifer.
    »Irgendwelche Fortschritte mit dem Gift?«
    »Keine«, sagte Streifer. »Wir arbeiten gar nicht daran.«
    Rugar legte den Kopf in den Nacken. »Ihr …« Er beendete den Satz nicht.
    Streifer zuckte die Achseln. »Ab und zu treffen wir uns und reden darüber. Niemand arbeitet an einem Zauber.«
    Rugar ging eine Stufe höher. »Warum nicht?«
    »Führungsprobleme. Alle fürchten sich vor dem Zeug.«
    »Du auch?«
    Streifer schüttelte den Kopf. »Ich bin der Jüngste. Der Unerfahrene. Derjenige, der nichts versteht.«
    Die letzten drei Worte hatte er mit besonderer Betonung ausgesprochen und dabei den Satz wiederholt, den er so oft von Rotin und Caseo gehört hatte.
    »Meine Tochter ist durch dieses Gift gestorben.«
    »Ich weiß«, sagte Streifer. »Wegen dieses Giftes sitzen wir hier fest. Wir haben deswegen den Krieg verloren. Aber wir sind in Sicherheit. Und Rotin ist gern in Sicherheit.«
    »Und wie steht es mit den anderen?«
    Streifer blickte Rugar prüfend an. Er schien wirklich keine Ahnung zu haben. Nun gut. Streifer hatte nichts mehr zu verlieren. Und gewonnen hatte er sowieso noch nie.
    »Die anderen?« fragte Streifer. »Aus einem Grund, den ich nicht verstehe, hat dein Vater dir Caseo mitgegeben, aber mir ist völlig klar, warum er die anderen für diese Reise ausgewählt hat.«
    »Caseo war mein persönlicher Hüter«, sagte Rugar. »Die anderen hat mein Vater ausgesucht.«
    Streifer schüttelte den Kopf. »Wenn Caseo die anderen ausgewählt hätte, wäre ich jetzt nicht hier. Er hat mich gehaßt. Er hielt mich zwar für begabt, aber er hat mich gehaßt. Emporkömmling, nannte er mich. Unerfahren. Und das war ich. Ich bin es immer noch.«
    Rugar runzelte die Stirn, als versuche er, diese Neuigkeiten irgendwo einzuordnen. »Und die anderen?«
    »Sind nicht besser als Rotin. Das muß dein Vater von langer Hand vorbereitet haben. Er hat die unfähigsten Hüter auf die Reise geschickt. Ich, der jüngste, den es jemals gab; Rotin, die so süchtig nach ihren Kräutern ist, daß ihr alles andere egal ist; Ceel, der es nie weiter gebracht hat als zur Domestikenzauberei … ich könnte so weiterreden, wenn du es wirklich hören willst.«
    Rugar schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du übertreibst.«
    »Wenn ich übertreiben würde, säßen wir nicht hier.«
    Rugar erklomm die restlichen Stufen. Das Holz bog sich unter seinem Gewicht. Er klopfte an die Tür und trat ein.
    Streifer blieb, wo er war. Er drehte sich nicht einmal um. Er wußte genau, was Rugar dort vorfand und daß es seinen Zorn wecken würde. Die Tür fiel ins Schloß. Von innen wurden Stimmen laut.
    Es war kühl. Das Schattenland erinnerte Streifer immer an
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