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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Plötze, in den Widerrist getroffen, bäumte sich auf und sprang über Bord.
    »Nicht schießen!«, schrie sich Rittersporn die Lunge aus dem Leib. »Gut Freund!« Diesmal wirkte es.
    Der von der Strömung getragene Prahm lief knirschend auf eine Sandbank auf und kam zum Stillstand. Alle sprangen auf die Insel oder ins Wasser, um den Hufen der ausschlagenden Pferde zu entgehen. Milva war die Letzte, denn ihre Bewegungen wurden auf einmal schrecklich langsam. Sie hat einen Bolzen abgekriegt, dachte der Hexer, als er sah, wie die junge Frau sich ungeschickt über die Bordwand wälzte, wie sie kraftlos auf den Sand sackte. Er sprang zu ihr hin, doch der Vampir war schneller.
    »Irgendwas ist in mir gerissen«, sagte das Mädchen sehr langsam. Und sehr unnatürlich. Und dann presste sie die Hände in den Schritt. Geralt sah, wie sich ein Bein der wollenen Hose rot färbte.
    »Gieß mir das auf die Hände.« Regis reichte ihm eine Flasche aus dem Tornister. »Gieß mir das auf die Hände, schnell.«
    »Was hat sie?«
    »Eine Fehlgeburt. Gib mir ein Messer. Ich muss ihr die Kleidung aufschneiden. Und geh beiseite.«
    »Nein«, sagte Milva. »Ich will, dass er bei mir ist.«
    Über ihre Wange rann eine Träne.
    Die Brücke über ihnen erdröhnte unter Soldatenstiefeln.
    »Geralt!«, schrie Rittersporn. Der Hexer sah, was der Vampir mit Milva machte, und wandte schamhaft den Kopf ab. Auf der Brücke rannten Hals über Kopf die Soldaten in den weißen Überwürfen. Vom rechten Ufer, von Stapelplatz her, war noch immer Lärm zu hören.
    »Sie fliehen aufs linke Ufer«, japste Rittersporn, der herbeigesprungen war und den Hexer am Ärmel zog. »Die Nilfgaarder sind schon auf der rechten Vorbrücke! Da ist die Schlacht noch im Gange, aber die meisten Krieger geben Fersengeld. Hörst du? Wir müssen auch fliehen!«
    »Können wir nicht«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Milva hat eine Fehlgeburt. Sie wird nicht gehen können.«
    Rittersporn fluchte lästerlich. »Dann müssen wir sie tragen«, stellte er fest. »Das ist die einzige Chance...«
    »Nicht die einzige«, sagte Cahir. »Geralt, auf die Brücke.« »Wozu?«
    »Wir halten die Flucht auf. Wenn diese Nordlinge die rechte Vorbrücke lange genug halten, können wir vielleicht über die linke entkommen.«
    »Wie willst du die Flucht aufhalten?«
    »Ich habe schon Truppen geführt. Klettre auf den Pfeiler und auf die Brücke!«
    Auf der Brücke zeigte Cahir sofort, dass er wirklich Erfahrung darin hatte, eine Panik unter den Truppen zu meistern.
    »Wohin, ihr Hundsfötter! Wohin, Hurensöhne!«, brüllte er und akzentuierte jeden Schrei mit einem Faustschlag, der einen der Flüchtenden auf die Brückenbohlen warf. »Stehenbleiben! Stehenbleiben, ihr Scheißkerle!«
    Manche von den Fliehenden - längst nicht alle - blieben stehen, erschrocken von dem Gebrüll und dem blitzenden Schwert, mit dem Cahir malerisch fuchtelte. Andere versuchten, hinter seinem Rücken durchzuschlüpfen. Doch auch Geralt zog das Schwert und beteiligte sich an der Vorstellung.
    »Wohin?«, schrie er und brachte mit kraftvollem Griff einen der Soldaten zum Stehen. »Wohin? Stehenbleiben! Zurück!«
    »Nilfgaard, Herr!«, rief ein Landsknecht. »Die metzeln alle nieder! Lasstuns!«
    »Feiglinge!«, brüllte Rittersporn, der auf die Brücke geklettert war, mit einer Stimme, die Geralt noch nie gehört hatte. »Elende Feiglinge! Hasenherzen! Ihr verpisst euch, wollt eure Haut retten? Um in Schande zu überleben, ihr Kroppzeug?«
    »Die sind in der Übermacht, Herr Ritter! Gegen die kommen wir nicht an!«
    »Der Hundertschaftsführer ist gefallen ...«, stöhnte ein anderer. »Die Truppführer geflohen! Das ist der Tod!«
    »Wir wollen unsere Köpfe retten!«
    »Eure Kameraden«, schrie Cahir und fuchtelte mit dem Schwert, »kämpfen immer noch auf der Vorbrücke und auf dem Stapelplatz! Sie schlagen sich noch! Schande dem, der ihnen nicht zu Hilfe eilt! Mir nach!«
    »Rittersporn«, zischte der Hexer. »Kletter wieder runter. Du musst mit Regis Milva irgendwie ans linke Ufer bringen. Na, was stehst du noch da?«
    »Mir nach, Leute!«, schrie Cahir und fuchtelte mit dem Schwert. »Mir nach, wer an die Götter glaubt! Zum Stapelplatz! Drauf und dran!«
    Ein gutes Dutzend Soldaten ließ die Waffen klirren und griff den Ruf auf, mit Stimmen, die sehr unterschiedliche Grade von Entschlossenheit verrieten. Ein gutes Dutzend von denen, die schon geflohen waren, schämte sich, kehrte um und schloss sich
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