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Feuersteins Drittes

Feuersteins Drittes

Titel: Feuersteins Drittes
Autoren: Herbert Feuerstein
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Woche hoffte sie es.

    7.
    Ab Windstärke 4 wird der Außenpool geleert, damit man nicht vom Meerwasser ins Meer geschwappt wird.

    8 .
    Eisbären haben unter ihrem weißen Fell eine schwarze Haut. Aber die sieht man so gut wie nie, weil sich Eisbären nicht rasieren. Und in den seltenen Fällen, in denen man sie tatsächlich sieht, ist man anschließend tot.

    9.
    Die mathematische Formel für den Service beim Abendessen lautet: G + K = E° (wenn K > G/2) . Für Nicht-Mathematiker: Ist die Zahl der Kellner (K) größer als die Hälfte der Gäste (G), wird jeder Gang immer schon abgeräumt, bevor man mit dem Essen (E) fertig ist.

    10 .
    Bei der Kabinenwahl soll man die Schiffsmitte bevorzugen. Vorn und hinten ist der Schaukelhub bei Seegang erheblich größer, und zwar völlig unabhängig vom Kabinenpreis.

    11 .
    Der Luftdruck wird nicht mehr in Millibar gemessen, sondern in Hektopascal, obwohl die Zahlenwerte identisch sind. Warum bloß? Wegen der Muslime, die bereits im Fliegeralphabet »Whisky« für W verboten haben und jetzt auch keine Bar mehr tolerieren wollen?

    12 .
    Es gibt tatsächlich an der Stelle, an der die Sonne untergegangen ist, eine halbe Sekunde später einen grünen Blitz.

LOGBUCH 4. JULI
    Hafen Hamburg. 25°, bewölkt; Barometer 1007
    Sonnenaufgang 4:58, Sonnenuntergang 21:59

    Natürlich, man mimt den Weltmann, den Coolen, den Lässigen, man hat ja alles schon erlebt. Was soll an einer Kreuzfahrt auf einem Luxusdampfer so Besonderes sein?
    »Zum Cellpap«, sagte ich deshalb am Hamburger Flughafen locker und selbstverständlich zum Taxifahrer, und meine Frau setzte die gleiche Huch-ist-das-langweilig-Miene auf wie damals, als sie noch Studentin war und zum ersten Mal die Treppe zum Jumbo-Oberdeck hochkletterte. Ich gähnte und tat, als suchte ich was in der Tasche, weil ich sicher war, dass er jetzt gleich in den Rückspiegel schauen würde, um zu sehen, welcher Playboy aus dem Hochadel seine Weltumsegelung antritt, bestimmt schon die dritte in diesem Jahr. Stattdessen fragte er: »WOHIN?«
    »Cellpap«, wiederholte ich mit leicht irritiertem Nachdruck, denn ein Hamburger Taxifahrer muss schließlich wissen, wo die Traumschiffe dieser Welt auf die Reichen und Schönen warten. »Nie gehört«, meinte er, aber das läge sicher daran, dass er erst seit 45 Jahren in dieser Gegend Taxi fahre.
    »Zum Cellpap-Pier«, beharrte ich und ärgerte mich, weil meine Stimme in solchen Fällen sofort an Festigkeit verliert und weinerlich klingt. »Wir wollen auf ein Schiff.« Ich kramte jetzt tatsächlich in der Tasche und suchte den Umschlag mit den Papieren. Und da stand es: »Boarding: Cell-Pap-Pier.«
    »Ach, zum Schrotthafen wollen Sie«, sagte der Taxifahrer und blickte ausgerechnet in jenem Augenblick in den Rückspiegel, in dem sich unsere Blicke trafen. Er zwinkerte mir kumpelhaft zu und nickte dann anerkennend: »Davon habe ich auch immer geträumt, eine Weltreise auf einem alten Frachter. Dauert bestimmt ein paar Monate und kostet einen Pappenstiel, stimmt’s? Na ja, bald bin ich Rentner und dann mach ich das auch.«
    Was sollte ich sagen? Dass ich auf einem Nobelcruiser für eine siebzehntägige Kreuzfahrt durchs Eismeer als »Lecturer« engagiert war? Dass ich als Gegenleistung für lumpige drei Lesungen (»von mindestens 45 Minuten«, wie es im Vertrag stand) eine Gratis-Luxusreise bekam, in einer Größenordnung, für die Männer ihren Firmenanteil verkaufen und Frauen ihre Männer beerben müssen? Dass es meine allererste Kreuzfahrt war und ich das Meer ebenso fürchte, wie ich es hasse? Dass aber meine Neugier stärker war als meine Vernunft?
    Ich sagte nichts, und meine Frau tat, als wäre sie eingeschlafen, weil es ihr wieder mal peinlich war. Wie schnell man doch vom Playboy zum Schrottsammler wird.

    LOGBUCH 5. JULI
    Nordsee Kurs NNW. 18°, leicht bewölkt; Barometer 1009 (fallend)
    Sonnenaufgang 4:37, Sonnenuntergang 21:43
    (Uhr um Stunde auf englische Zeit z urückgestelltj

    Um 15 Uhr sind wir gestern an Bord gegangen, und um 15 Uhr werde ich täglich mein Logbuch führen, wenn wir nicht gerade auf Landgang sind, also pünktlich alle 24 Stunden, wie es sich für den Forscher ziemt. Eine magische Uhrzeit für mich, in der die geträumten Sehnsüchte und verwegenen Pläne des frühen Morgens längst vergessen sind und meine Lebensängste durch das Mittagsschläfchen und den anschließenden Tee nur noch die Hälfte wiegen: Ein halber Lebenstag ist ja schon wieder geschafft.
    Der
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